Skip to main content

2025 | Buch

Industriegeschichte Erdölbergwerke

Theorie, Praxis und weltweite Verbreitung

insite
SUCHEN

Über dieses Buch

Dieses Buch vereint umfassende Erfahrungen der Industriegeschichte zu Erdölbergwerken. Mit dieser außergewöhnlichen Sonderform der Erschließung wurde häufig sowohl die erste Entwicklungsstufe der Erdölgewinnung als auch eine nachhaltige Möglichkeit zur Ausbeutung eines Reservoirs ohne teure Zusatzmaßnahmen realisiert. Trotz einheitlichen Gewinnungsprinzips können Erdölbergwerke völlig unterschiedlich ausgestaltet sein, bedingt durch Anpassung des Grubengebäudes an die jeweilige Lagerstätte. Im Buch sind in eimaliger Weise die relevanten (geologischen, ingenieurtechnischen und wirtschaftlichen) Grundlagen herausgearbeitet und ältere wie auch modernere Erdölbergwerke erfasst und in wichtigsten Aspekten beschrieben.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die bergmännische Gewinnung von Erdöl zeigt eine lange historische Entwicklung. Bereits früheste Fundstücke aus der Antike weisen auf die Ausbeutung der über Tage austretenden Erdölschichten mit Tonschöpfkrügen hin. Erst viel später wurden auch Grubenbaue zur Verfolgung der Lagerstätte in die Tiefe erstellt, aus denen sich langfristig Erdölbergwerke (kurz: EÖBW) entwickelten. Das Gewinnungsprinzip für fließfähiges Erdöl im EÖBW wird als Schwerkraftdrainage (SKD) definiert, welches in der Tiefe einen bergmännischen Grubenbau als Zugang erfordert. Somit ist der mechanische Abbau von festem Erdöl (z.B. Asphalt) nicht Gegenstand der Betrachtung. Auf Basis der hier relevanten Festlegung des Autors mit der Kurzformel „EÖBW = SKD + bergmännischer Grubenbau“ wird die über Jahrhunderte andauernde Genese verdeutlicht, die von der primitiven Erdölsickergrube zum hochmodernen EÖBW reicht. Dabei wurde das EÖBW häufig als Nachlese der bereits von über Tage vorentölten Lagerstätte mit damals nur konventioneller Tiefbohrtechnik (ohne Zusatzmaßnahmen) eingesetzt. Mit dem EÖBW konnten Restöllagerstätten zu über 50 % zusätzlich und somit nachhaltig entölt werden. Insbesondere in Kriegszeiten des 20. Jahrhunderts entwickelte sich das EÖBW zum Großbetrieb. Auch in Zeiten der späteren Ölpreiskrisen der 1970-er Jahren konnte das moderne EÖBW mit verkleinertem Grubengebäude und längeren Grubenbohrungen entwickelt werden, wobei längerfristig hohe Rohölpreise am Weltmakrt als die entscheidende Randbedingung für EÖBW-Wirtschaftlichkeit vorliegen mussten. Danach nahm die Bedeutung des EÖBWs ab, weshalb um 2018 die weltweit letzten Betriebe geschlossen wurden; das EÖBW ist nunmehr Industriegeschichte. In diesem Buch wird zunächst die Theorie (Teil I) für das ältere und das moderne EÖBW gegenüberstellend entwickelt. Im Ergebnis wird eine neuartige Grundlagenermittlung erhalten, um die hochkomplexen Wechselwirkungen von bergmännischer Erdölgewinnung in einer hochgefährlichen Lagerstätte im Hinblick auf eine wirtschaftliche Unternehmung und deren Risiken zu verdeutlichen. Anschließend wird die Praxis der EÖBWe (Teil II) dokumentiert. Hierzu erfolgt eine Beschreibung möglichst aller älteren und modernen EÖBWe (Recherchestand 2022) auf Basis einer Einheitsgliederung. Diese Dokumentation wird abschließend ergänzt durch interessante Inhalte aus Projektstudien zur Verdeutlichung von Entwicklungstendenzen. Im den anschließenden Übersichten (Teil III) werden alle vom Autor recherchierten EÖBWe in einer Weltkarte und einer anschließenden Auflistung in der Struktur von Kontinenten und Staatsgebieten zur Verdeutlichung der weltweiten Verbreitung aufgezeigt. Daran schließt sich das EÖBW-spezifische Literaturverzeichnis und der Anhang mit ergänzenden EÖBW-Informationen an.
Günter Bauer

Theorie

Frontmatter
Kapitel 2. Problematik: Erdölbergwerk (kurz: EÖBW)
Zusammenfassung
Die Problematik des EÖBWs beginnt bereits mit seiner begrifflichen Festlegung. Denn in der Literatur gibt es keine Definition. Auch ist häufig eine Vermischung mit dem Oberbegriff Erdölbergbau feststellbar. Hierzu sollte beachtet werden, dass die Wortteile Erdöl und Bergwerk zwei artfremde Fachgebiete darstellen. Deshalb ist vorab das Wesen des EÖBWs zu verstehen, in einer Art Zwischenstellung zwischen den Ingenieurdisziplinen Bergbau und Erdölgewinnungstechnik. Auf dieser Basis wird eine Definition vom Autor entwickelt, um das EÖBW allgemeingültig festlegen zu können. Somit können einerseits EÖBW-Arten abgeleitet und andererseits fachfremde Gewinnungstechniken (z.B. mechanischer Abbau von festem Erdöl) abgegrenzt werden. Weil in der jüngsten Vergangenheit letzte EÖBWe geschlossen wurden, wird die besondere sicherheitstechnische und wirtschaftliche Brisanz des Bergwerks mit untertägiger Erölgewinnung als Ausschlußkriterien für das EÖBW verdeutlicht. Allerdings wurden EÖBWe auch erfolgreich eingesetzt, weshalb anschließend die Entwicklung vom primitiven Erdölgraben bis zum hochmodernen Bergwerk in Abhängigkeit der jeweiligen Randbedingugen verdeutlicht wird. Somit kann eine über Jahrhunderte andauernde EÖBW-Genese in definierbaren Entwicklungsschritten aufgezeigt werden, die zur Reifung und zum Erfolg der EÖBW-Technologie beigetragen hat. Auf deren Basis kann der Autor mit Betrachtung der EÖBW-Genese im Zeitraffer das grundlegende Wirtschaftlichkeitsprinzip als „Entwicklungs-EÖBW“ ableiten, begründen und entsprechend vorschlagen.
Günter Bauer
Kapitel 3. Gewinnungsprinzip: Schwerkraftdrainage (SKD)
Zusammenfassung
Das Gewinnungsprinzip mit Drainagewirkung infolge Schwerkrafteinfluss gilt als das Kernstück im EÖBW. Das zugehörige Funktionsprinzip ist aus der Entwässerungstechnik des Fachgebietes Hydrogeologie bekannt, mit Regenversickerung durch untiefe Böden in unterirdische Rohrleitungen und Speicher. Bei gezielter Entwässerung erfolgt die Flüssigkeitsentnahme möglichst im tiefsten Punkt des Speichers, z. B. ein poröser Boden. Solange der Wasserspiegel im Speicher über der Entnahmestelle liegt, bleibt ein Zufluss über den Schweredruck der anstehenden Flüssigkeitssäule erhalten. Dabei ist die treibendende Kraft ein hydrologisches Schweredruckgefälle, das auch als physikalischer Gravitationsgradient bezeichnet werden kann. Die relevanten Strömungsphasen der SKD-Gewinnung werden erläutert, in einem Phasenmodell als SKD-Gewinnungskurve zusammengefasst und im Hinblick auf Besonderheiten für das EÖBW charakterisiert. Die zugehörigen Berechnungsformeln und Abhängigkeiten werden EÖBW-relevant abgeleitet und erläutert. Im Ergebnis wird eine SKD-Klassifizierung vom Autor vorgeschlagen, um die Vielzahl der Einflussgrößen und insbesondere bergmännische Stellgrößen im Hinblick auf eine möglichst produktive Erdölgewinnung im EÖBW einordnen zu können.
Günter Bauer
Kapitel 4. Gewinnungsstoff: Erdöl-Fluide
Zusammenfassung
Die untertägige Erdölgewinnung gilt als vorrangiges Ziel des EÖBWs. Allerdings wird beim Anlegen des Drains in das Reservoir meist kein einheitliches Fluid Erdöl angetroffen, sondern eine komplexe Mixtur. Somit stellt das Gewinnungsfluid Erdöl im EÖBW-Reservoirs tatsächlich ein Gemenge aus Erdöl mit den möglichen Begleidfluiden Erdgas und Salzwasser, begleitet von Schlammeinschwemmungen in den Drain. All diese Komponenten weisen stets Reservoir-spezifische Eigenschaften entsprechend ihrer Entstehungsgeschichte auf. Der Bearbeitungsumfang umfasst die Bereiche Entstehung, Bestandteile und Eigenschaften.
Günter Bauer
Kapitel 5. Gewinnungsort: EÖBW-Lagerstätte
Zusammenfassung
Die Erdöllagerstätte gilt allgemein als ein lokal begrenzter Ort in der Tiefe, der eine so große Ansammelung eines Gewinnungsstoffes als Vorrat aufweist, dass dessen Gewinnung wirtschaftlich lohnt. Hierzu wird eine vereinfachte volumetrische Vorratsermittlung für die geplante EÖBW-Lagerstätte vorgestellt. Danach werden die wichtigen Funktionen der EÖBW-Lagerstätte verdeutlicht, einerseits als Ort der Gewinnung und andererseits als Ort der Herstellung für Grubenbaue. Anschließend werden die Wechselwirkungen zwischen Morphologie der Lagerstätte und erforderlich enger Anpassung des EÖBW-Grubengebäudes erläutert. Dabei wird festgelegt, wie die Ausprägung eines einzelnen Reservoirkörpers und der Erdöllagerstätte das Aussehen eines geplanten EÖBWs bis nach über Tage auf dem Betriebsgelände festlegen können. Im Ergebnis wird eine EÖBW-spezifische Lagerstättenklassifikation entwickelt, um entsprechende Arten, Typen und Kategorien für die Morphologie der EÖBW-Lagerstätte im Hinblick auf Wechselwirkungen mit der EÖBW-Methodik definieren zu können.
Günter Bauer
Kapitel 6. Gewinnungszugang: EÖBW-Grubengebäude
Zusammenfassung
Die SKD-Gewinnung im Reservoirkörper gilt als der wesentliche Funktionskern des EÖBWs. Dessen Zugang erfolgt über das bergmännische Grubengebäude, das von über Tage bis zur Gewinnung reicht, in möglichst großer Nähe und somit enger Anpassung an den bzw. die Reservoirkörper. Üblicherweise besteht das Grubengebäude aus Schächten und Strecken, für die in der Bergbaukunde folgende Einteilung von der Gewinnung in Richtung Tagesoberfläche vorgenommen wird: Grubenbauarten der Bereiche Vorrichtung, Ausrichtung, Tagesaufschluss. Für diese Ausrichtungsbereiche wird das Aussehen des Grubengebäudes in Abhängigkeit der Lagerstätte entwickelt, damit die zentrale Planungszielgröße „Grubenbaumeter“ minimiert werden kann. Denn der Hauptkostentreiber im EÖBW ist das Grubengebäude. Dabei werden Prinzipien, Kriterien und Einflüsse auf Vorplanungsüberlegungen verdeutlicht, wobei die Planungsrichtung von der Erschließung der Gewinnung mit Vorrichtung über die Ausrichtung der Hauptgrubenbaue bis zu den übertägigen Betriebsanlagen gerichtet bleibt. Hierzu werden Ausbau-Klassifizierungen im Hinblick auf mögliches EÖBW-Gebirgsverhalten verdeutlicht, unter besonderer Berücksichtigung wichtiger Leistungs- und Kostenkennwerte.
Günter Bauer
Kapitel 7. Gewinnungsmenge: EÖBW-Förderung
Zusammenfassung
Ist das Grubengebäude hergestellt und die Gewinnung im EÖBW angelaufen, wird das Vorort anfallende Erdöl nach über Tage gefördert, u. U. gemeinsam mit Erdgas, Salzwasser und Schlammeinschwemmungen. Für dieses komplexe Fördergemisch steht am Ende der Förderkette der Aufbereitungsprozess über Tage an, um das verkaufsfähige Produkt Rohöl ab Bergwerk zu erhalten. Nach Ansicht des Autors werden anschließende Raffinerieprozesse nicht dem EÖBW zugeordnet. Nachfolgend werden die Komponenten der EÖBW-Förderung von der Gewinnungseinheit durch das gesamte Grubengebäude (z.B. Strecken, Schach) bis zur Aufbereitung über Tage erläutert und dargestellt, sowohl für das ältere als auch das moderne EÖBW. Ferner wird die Soll-Fördermenge die „Trapezform“ begründet und dargestellt, welche als entscheidende Grundlage für Soll-Ist-Vergleiche des späteren EÖBW-Betriebs und somit von dessen Wirtschaftlichkeit gilt.
Günter Bauer
Kapitel 8. Gewinnungsversorgung: EÖBW-Infrastruktur
Zusammenfassung
In der Bergbaukunde umfasst die Infrastruktur alle planvollen Maßnahmen zur Ver- und Entsorgung der Betriebspunkte eines Bergwerks. Hierzu zählen die Vorortbetriebe (z. B. Gewinnung, Vortrieb), die mit den Bergwerksfunktionen Fahrung, Förderung, Transport und Bewetterung aufrechterhalten werden. Diese Hauptvorgänge können mit ihrer spezifischen Infrastruktur in den EÖBW-Phasen Ausrichtung, Vorrichtung, Herrichtung, Gewinnung und Stilllegung unterschieden werden. Nachfolgend werden alle Bereiche der EÖBW-relevanten Infrastruktur dargestellt und erläutert, auch mit Einbeziehung der EÖBW-Versorgungsnetze für Strom, Druckluft, Wasser und ggfs. Zusatzmaßnahmen (z.B. Injektionen mit Gas, Wasser, Dampf). Auf dieser Basis können die erforderlichen Nutzquerschnitte der Grubenbaue unter Berücksichtigung der Einrichtungselemente für die Infrastruktur ermittelt werden. Dabei muss sich letztlich ein ausreichend bemessener freier Restquerschnitt für die Durchführung der erforderlichen Wettermengen ergeben, damit behördliche Vorschriften für Mindestwettermenge und Wettergeschwindigkeit in zulässigen Grenzwerten eingehalten werden. Folglich wird sich mit zunehmender Belegung des Nutzquerschnittes für einen Grubenbaus (Schacht, Strecke) mit Infrastruktureinrichtungen der wirksame Wetterquerschnitt verkleinern. Deshalb soll eine Maximalbelegung für den Nutzquerschnitt im älteren und modernen EÖBW vorgestellt werden, um ausreichend freien Wetterquerschnitt gewährleisten zu können.
Günter Bauer
Kapitel 9. Gewinn: EÖBW-Wirtschaftlichkeit
Zusammenfassung
Das (moderne) EÖBW gilt als langfristiges Großprojekt mit einem enormen Risikopotenzial. Hierzu wird das Wirtschaftlichkeitsprinzip „Entwicklungs-EÖBW“ unter besonderer Berücksichtigung der Söll-Fördermenge in „Trapezform“ festgelegt. Für die erforderliche Wirtschaftlichkeitbetrachtung gilt  einerseits eine zeitlich angepasste Berechnungsmethodik erforderlich, wie z.B. über die dynamische Investitionsrechnung nach der Barwertmethode. Hierzu werden die Wirtschaftlichkeitsschwellen anhand von mathematischen Verteilungs- und Summenkurven für Kosten und Erlöse über die Lebensdauer des EÖBWs aufgezeigt und erläutert. Andererseits führen EÖBW-spezifische Risiken, wie insbesondere Rohölpeisverfall und Baugrundverschlechterung, zu einer Veränderung der vorgestellten Wirtschaftlichtheorie, mit negativen Abweichungen in Richtung unternehmerischer Verlust. Weil das EÖBW bei Risikoverwirklichung als sogenannter „Mengenanpasser“ reagieren muss, um wieder in wirtschaftliche Vorgaben zu gelangen, werden entsprechend kurz-, mittel- und langfristige Reaktionsmuster als mögliche Strategien zur Risikobekämpfung vorgeschlagen. Dabei sind EÖBW-spezifische Besonderheiten aus der Gewinnungstechnik zu beachten, weil das bloße An- und Abschalten von Gewinnungseinheiten innerhalb eines Baufeldes bei einheitlichem Drainagegebiet keinerlei Veränderung bedingt. Deshalb sind die Voraussetzungen für die erforderliche Mengenanpassung von grundlegender Bedeutung, um sinnvolle Managementstrategien zur Steuerung der EÖBW-Wirtschaftlichkeit ableiten zu können. Dabei sollte auch das besondere Staatsinteresse an der Erdölversorgungssicherheit im eigenen Land nicht unbeachtet bleiben, weshalb neben dem freien Unternehmertum auch die Staatslenkung mit einfließt.
Günter Bauer

Praxis

Frontmatter
Kapitel 10. EÖBWe – Kontinent: Europa
Zusammenfassung
Die Entwicklung des europäischen EÖBWs hat eine lange Geschichte, die gegen Ende des Mittelalters begann. Damals stellte der Erdölausbiss an der Tagesoberfläche das Initial dar, wo sich Erdöl in Tümpeln ansammeln konnte. Erste Erdölgräben wurden noch mit Schöpfkelle oder Eimer entleert, wobei das Erdöl stetig über viele Jahre nachfloss. Später zeigte sich nach 1850 eine rasante Entwicklung der EÖBWe, insbesondere in den heutigen Staatsgrenzen der Länder Frankreich, Deutschland, Polen, Ukraine, Rumänien und Russland. Insgesamt werden für Europa 96 EÖBWe benannt und beschrieben; folglich weist dieser Kontinent die stärkste Verbreitung auf. Dabei zeigt sich, dass sich das EÖBW insbesondere in Zeiten der industriellen Revolution (ca. 1850 bis 1900) und in anschließenden Notzeiten des 20. Jahrhunderts (z.B. Kriegsjahre, Ölpreiskrisen) vom einfachen Handschacht bis zum professionellen Grubenbetrieb entwickeln konnte, wobei auch zwei bekannte Großbetriebe entstanden; die EÖBWe Pechelbronn/ Frankreich und Wietze/ Deutschland. Aber auch das EÖBW Boryslaw/ Ukraine hatte beachtliche Ausmaße mit über 10.000 Handschächten. Das letzte moderne EÖBW Yarega/ Russland wurde vermutlich um 2018 geschlossen.
Günter Bauer
Kapitel 11. EÖBWe – Kontinent: Asien
Zusammenfassung
Die Geschichte der Erdölgewinnung in Asien begann in China bereits rund tausend Jahre vor Christi Geburt. Zu dieser Zeit war die Brunnentechnologie für Salzwasser und Erdölsickerung im Gelände bereits bekannt. Allerdings wurde ohne den Entwicklungsschritt Handschacht direkt mit primitiver Tiefbohrtechnik begonnen. Auch in Vorderasien wurde die Erdölgewinnung frühzeitig in ersten Berichten um 450 v. Chr. erwähnt, z. B. im heutigen Irak (Abb. 11.1). Im damaligen Mesopotamien wurden erste Handschächte mit wenigen Dekametern Tiefe bereits 100 n. Chr. bekannt. Dagegen wurden im Kaukasus ebenfalls im frühen Mittelalter oberflächennahe Erdöllager mit Ölgruben und -brunnen ausgebeutet. Faszinierend waren nach Ansicht des Autors die Überlieferungen zur Erdölgewinnung mit Sickerschächten in Indochina, die bereits seit der Antike betrieben wurden. Im Ergebnis konnten 36 EÖBW-Praxisbeispiele für Asien gefunden werden, wobei die meisten Praxisfälle in Indochina lagen. Vermutlich werden dort auch heute noch in Myanmar viele Handschachtgruppen im traditionellen Familienbesitz betrieben. Dagegen konnte nur ein größeres Bergwerk recherchiert werden; das bekannte EÖBW Higashiyama in Japan. Ein anderes größeres Bergwerk war in Aserbaidschan nahe Balakhany zu verorten, das bis in größere Tiefe fertiggestellt wurde, aber vermutlich nicht in Förderung ging. Ansonsten waren eher primitivere EÖBW-Prinzipien feststellbar, wie z.B. Flachgruben, einzelne Handschächte und Schachtgruppen.
Günter Bauer
Kapitel 12. EÖBWe – Kontinent: Australien
Zusammenfassung
Die Geschichte der Erdölgewinnung auf dem Kontinent Australien begann Mitte des 19. Jahrhunderts unter britischer Kolonialherrschaft. Im Süden des Landes und im Norden von Neuseeland wurde die bergmännische Methode mit dem aus Europa bekannten Handschacht erprobt. Der Erfolg war aber weniger gegeben, weshalb nur zwei Praxisbeispiele vorgefunden wurden (Abb. 12.1), die beiden EÖBWe Lakes Entrance/Südost-Australien und Moturoa/Neuseeland.
Günter Bauer
Kapitel 13. EÖBWe – Kontinent: Amerika
Zusammenfassung
Die Geschichte der EÖBWe in Amerika begann bereits vor der Besiedlung durch die Europäer. In Nordamerika wurden viele Fundstellen entdeckt, die eine Erdölgewinnung in Gräben durch die indigene Bevölkerung um 1415 n. Chr. belegten. In diesen Gebieten begann nach 1850 die industrielle Erdölgewinnung, allerdings nicht mit dem Handschacht, wie in Europa. Im Ergebnis konnten 31 Praxisbeispiele in Amerika gefunden werden. Die meisten waren in Nord-Amerika zu verorten, insbesondere in neun Bundesstaaten der USA (22 Stück). Dagegegen wurden in Mittel- und Süd-Amerika nur jeweils drei Einsatzbeispiele recherchiert. Grundsätzlich waren die feststellbaren EÖBW-Prinzipien eher auf Kleinbetriebe ausgerichtet, deren Entwicklung anfänglich durch Handschächte und später maßgeblich durch US-amerikanische Minimal-EÖBWe nach dem Schacht-Bohrkammerprinzip bestimmt wurde. Somit waren frühzeitig Grubenbohrungen im Fokus der EÖBW-Methodik, um das teure Grubengebäude minimieren zu helfen. Im Verlaufe der weiteren Entwicklung der Bohrtechnik wurden zunehmend lange Grubenbohrungen insbesondere in horizontaler Lage eingesetzt, weshalb auch mittlere EÖBW-Betriebsgrößen entstanden. Zugehörige Bergwerke wiesen ein rudimentäres Grubengebäude auf. Nach diesem EÖBW-Prinzip wurden auch untiefe Schweröl-Lagerstätten bergmännisch erschlossen, um diese mit langen Horizontalbohrung unter Einpressung von Heißdampf entölen zu können, wie z.B. im bekannten EÖBW AOSTRA/ Kanada. Besondere geologischen Randbedingungen waren im US-Bundesstaat Kalifornien in den Sulphur Mountains vorhanden. Dort konnten zahlreiche „Oil Tunnels“ als Erdölstollen in die Berghänge mit teilweise über 500 m Länge bergmännisch hergestellt werden. Weiterhin wurde in Argentinien ein anschaulicher Betriebsplan für ein Mega-EÖBW in Küstennähe recherchiert, welches vom Autor als größte EÖBW-Planung aller Zeiten bewertet wird; allerdings ohne Umsetzung in die Praxis. Überraschend wurde das letzte EÖBW in Amerika erst um 2017 geschlossen; das EÖBW Fredonia im US-Bundesstaat Kansas. Somit wurden bis in die jüngste Vergangenheit immer wieder Minimal-EÖBWe eingesetzt, um kleinere Restöl-Lagerstätten in geringer Tiefe zu entölen.
Günter Bauer
Kapitel 14. EÖBW-Studien
Zusammenfassung
Im 20. Jahrhundert wurden zahlreiche Studien für EÖBWe erstellt. Hiermit sollte der Nachteil konventioneller Tiefbohrtechnik (ohne Zusatzmaßnahmen) mit max. 25 % Entölungsgrad ausgeglichen werden, aber auch um eine Erhöhung der nationalen Erdölreserven erreichen zu können. Insbesondere in Notzeiten des 20. Jahrhundert, das durch Weltkriege und Ölpreiskrisen gekennzeichnet war, zeigte das EÖBW eine attraktive Nachlesetechnik für Politik, Wissenschaft und Wirtschaft. Für EÖBW-Studien vor 1960 wurde eine Verlagerung der Gewinnungsstrecken außerhalb des Erdölreservoirs deutlich, um den sicherheitstechnischen Nachteil der gefährlichen Sickerstrecken im Reservoir zu umgehen. Dagegen wurde in Studien nach 1960 verstärkt mit längeren Grubenbohrungen aus einer Reservoirunterfahrung geplant, um das teure Grubengebäude als EÖBW-Hauptkostentreiber zu minimieren. Aus sicherheitstechnischer Sicht wurde vorrangig die Doppelaufschlusstechnik mit Doppel-Schacht und Doppel-Strecken vorgesehen, um große Wettermengen und kurze Fluchtwege unter Tage im Hinblick auf eine behördliche Genehmigungschance zu gewährleisten. Als neuartige EÖBW-Vision zeigten jüngste Studien die Erschließung großer Offshore-Lagerstätte mit kilometerlangen Untermeerestunneln von 25 bis über 50 km Länge auf, an deren Ende große Bohrkammern für Landbohrtürme vorgesehen wurden. Hierzu wurden zwei Arten vom Autor unterschieden; das Offshore-EÖBW mit Tagesaufschluss auf dem Meer und das Onshore-EÖBW mit Tagesaufschluss auf dem küstennahen Festland. Obwohl alle beschriebenen EÖBW-Studien Projektbezug für konkrete Erdöllagerstätten aufwiesen, bleibt im Ergebnis festzuhalten, dass bis heute (Stand 2022) keines der beschriebenen EÖBW-Konzepte realisiert wurde. Hierzu werden vom Autor entsprechend kritische Anmerkungen als mögliche Ursachen aufgezeigt. Auch moderne Patentschriften verdeutlichten neue EÖBW-Konzepte und -Visionen, die aber nach Ansicht des Autors bergmännisch und insbesondere sicherheitstechnisch kritisch erscheinen. Somit wurden bis in die jüngste Vergangenheit neuartige EÖBW-Konzepte von der Industrie und auch Praxis vorgeschlagen, allerdings ohne entscheidenden Impuls für eine anschließende Realisierung.  
Günter Bauer
Kapitel 15. Zusammenfassung, Ergebnis und Schluss
Zusammenfassung
Mit Fertigstellung des Buches (Stand 2022) kann auf Basis aktueller Recherchen festgehalten werden, dass derzeit kein industriell betriebenes Erdölbergwerk (kurz: EÖBW) mehr existiert. Allerdings wurden die letzten beiden modernen EÖBWe erst in jüngster Vergangenheit um 2018 geschlossen. Das EÖBW gehört nunmehr der Industriegeschichte an. Hierzu werden im Teil I - Theorie die EÖBW-relevanten Grundlagen neu entwickelt, auf Basis der Grundproblematik „enormes EÖBW-Sicherheitsrisiko“ als hochgefährliche Schlagwettergrube und „enormes EÖBW-Wirtschaftlichkeitsrisiko“ infolge Rohölpreisschwankungen und unsicherer Baugrund. Dabei wird verdeutlicht, wie die unterschiedliche Ausprägung einer EÖBW-Lagerstätte das Aussehen des EÖBWs festlegen kann. Entsprechend werden alle Komponenten des EÖBWs analysiert, von der Gewinnung, über das Grubengebäude bis nach über Tage. Hierzu werden zugehörige Zuschnittsprinzipien für eine EÖBW-Vorplanung aufgezeigt, beginnend in der Gewinnung mit dem Einheitsblock über die Bauabteilung bis zu den Baufeldern. Auf Basis der systematisch zugeschnittenen Reservoirkörper einer EÖBW-Lagerstätte werden Achsenzuschnittsprinzipien dargestellt und erläutert, die eine schrittweise Anbindung der Baufelder an Baufeldachsen und EÖBW-Basis am Hauptstandort des Bergwerks ermöglichen. Als weitere Teilergebnisse wird die typische Gewinnungskurve für SKD im EÖBW entwickelt. Auch wird eine SKD-Klassifikation im Hinblick auf die möglichst maximale Erdölgewinnungsmenge unter Tage vorgestellt. Ferner wird eine spezifische EÖBW-Lagerstättenklassifikaiton verdeutlicht. Ferner werden Ausbauklassen in Abhängigkeit des möglichen Gebirgsverhaltens für Gewinnungs- und Hauptstrecken vorgeschlagen, inklusive der jeweils möglichen Vortriebsgeschwindigkeit und Herstellkosten, Ergänzend werden die Infrastrukturbereiche (Fahrung, Förderung, Transport, Bewetterung, etc.) und adäquate Wirtschaftlichkeitsprinzipien (Förderkapazität, Unternehmensgewinn) aufgezeigt. Im Ergebnis sollen die Grundlagen das Verständnis für die Funktionsweise und das Aussehen des älteren und modernen EÖBWs in Abhängigkeit der jeweiligen Lagerstätte ermöglichen. Im Teil II - Praxis werden in Summe 165 EÖBW-Praxisbeispiele benannt und beschrieben, um die weltweite Verbreitung auf fast allen Kontinenten in über 20 Staaten nachzuweisen. Die illustrierte Dokumentation der EÖBWe erfolgt auf Basis einer Einheitsgliederung mit den Aspekten Namensgebung, Chronologie, Lage, Lagerstätte, Grubengebäude, Gewinnung, Sicherheit, Förderung und Wirtschaftlichkeit, Auf dieser Basis wird im jeweiligen Einzelfall deutlich, wie die Lagerstätte und auch sonstige Randbedingungen die spezifische Entwicklung der bergmännischen Erdölgewinnung und deren Ergebnis festlegten. Folglich war das EÖBW als Unikat zu verstehen, in beachtlicher Vielfalt hinsichtlich Aussehen und Funktionsweise. Dabei war nicht selten eine langfristige EÖBW-Genese feststellbar, vom einfachen Erdölsickergraben über den Handschacht bis hin zum professionellen Bergwerk.
Günter Bauer

Übersichten

Frontmatter
Kapitel 16. Übersicht: EÖBWe
Zusammenfassung
Die weltweite Verbreitung der EÖBWe wird zunächst in einer Weltkarte dokumentiert. Dabei wird eine Unterteilung in Kontinente bzw. kleinere Erdteile (Nord-, Mittel-, Süd-Amerika) vorgenommen, mit jeweiliger Aufzählung der in zugehörigen Staaten vorgefundenen Beispiele. Im Ergebnis werden insgesamt 165 Praxisbeispiele in vier Kontinenten und über 20 Staaten benannt. Die meisten EÖBWe (96 Stück) sind für Europa feststellbar, mit Verteilung auf die Staaten Frankreich (4), Deutschland (8), Schweiz (3), Polen (27), Rumänien (29), Ukraine (16), Russland (2), Spanien (3) und Großbritanien (4). Obwohl Asien den größten Kontinent darstellt, konnten dort nur 36 EÖBWe benannt werden, die in Japan (2), Irak, Iran, Syrien (3), Aserbaidschan (3), Georgien (3), Armenien (4) und Indochina (24) zugeordnet sind. Dagegen werden in Australien nur zwei EÖBW-Beispiele aufgeführt. Im Norden des Kontinentes Amerika sind in Kanada drei moderne EÖBW-Praxisfalle benannt, hingegen in den USA 22 EÖBWe mit Verteilung auf neun Bundesstaaten. Wenige kleinere EÖBWe sind für Mittelamerika (3) und Südamerika (3) aufgeführt. Die Zuordnung der EÖBWe erfolgt auf Basis heutiger Staatsgrenzen. Als Kriterium für die Aufnahme in dieses Buch gilt die Bezeichnung als Ölbergwerk mit Namensgebung zu einer nahen Ortschaft. Bei stringenter Anwendung der vom Autor vorgeschlagenen Definition mit der Kurzformel „EÖBW = Schwerkraftdrainage (SKD) + bergmännischer Grubenbau“ fallen nur wenige Ölbergwerke gemäß allgemeinem Sprachgebrauch aus der Aufstellung. Nach Bereinigung kann abschließend festgehalten werden, dass weltweit mindestens 150 (echte) EÖBWe benannt sind. Diese Anzahl ist auf Basis von Besitzer- bzw. Unternehmensnamen vermutlich um zwei Zehnerpotenzen höher einzuschätzen. Dies aber könnte eine verfälschte Sichtweise auf die EÖBW-Verbreitung bedingen, weshalb das Kriterium "EÖBWe auf Basis naher Ortschaften" nochmals betont sei. Auch wenn die weltweite EÖBW-Verbreitung nun dokumentiert ist, bleibt festzustellen, dass heutzutage keine Praxisfälle mit industrieller Förderung existieren; das EÖBW ist Industriegeschichte. Einzige Ausnahme könnten die vermutlich noch heute im Familienbesitz betriebenen Handschächte in Myanmar sein. In einer abschließenden Tabelle werden alle in der Weltkarte aufgeführten EÖBW-Bezeichnungen gelistet, in der Struktur der Kontinente und Staatsgebiete mit zugehörigen EÖBWen und deren Betriebszeiten. Diese Auflistung verdeutlicht alle beschriebenen EÖBWe. Durch Anklicken der jeweiligen Sprungadresse wird der interessierte Leser auf jeweilige Beschreibung des Praxisfalles geführt.
Günter Bauer
Backmatter
Metadaten
Titel
Industriegeschichte Erdölbergwerke
verfasst von
Günter Bauer
Copyright-Jahr
2025
Electronic ISBN
978-3-658-44546-1
Print ISBN
978-3-658-44545-4
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-44546-1