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15.06.2022 | Industrieroboter | Schwerpunkt | Online-Artikel

Roboter sollen den Mensch ins Zentrum rücken

verfasst von: Thomas Siebel

4 Min. Lesedauer

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Die Zukunft der Arbeit entscheidet sich heute. So sieht es der Industrieverband EUnited und fordert Roboterunternehmen zur Unterzeichnung der Good Work Charter auf. Aber wie hält es der Roboter mit der Moral?

Zu selbstständigem Denken und Fühlen sind Roboter nicht fähig, auch wenn Sensoren und der Begriff Künstliche Intelligenz es anders suggerieren. Aber darf man an robotisches Handeln nicht trotzdem moralische Maßstäbe anlegen?

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Diese Frage drängt sich umso mehr auf, da Roboter immer tiefer in unser menschliches Fühlen, Denken und Handeln hineinwirken; in der Produktion schon seit Längerem, zunehmend aber auch in Bereichen wie der Pflege, der Medizin oder der Kriminalistik. Laut dem internationalen Robotikverband IFR (International Federation of Robotics) hat sich die Roboterdichte in Fabriken seit 2015 fast verdoppelt, während sich Markt und Industrie für Serviceroboter in hoher Geschwindigkeit entwickeln. Dies und die Tatsache, dass im Roboter mit künstlicher Intelligenz und Digitalisierung zwei Treiber der industriellen und gesellschaftlichen Transformation zusammenfallen, löst bei vielen Menschen Unbehagen aus.

Digitaler Humanismus gefordert

Wie verändert sich die Arbeit? Was passiert mit meinen Daten? Wer pflegt mich im Alter? "Wie schon bei der Sesshaftwerdung und der originalen industriellen Revolution fordert die Robotik unser Menschenbild und unsere gesellschaftliche Ordnung heraus", ordnet Technikphilosoph Michael Funk in der Einleitung zu seinem Buch Roboter- und KI-Ethik den aktuellen Umbruch in einen historischen Kontext ein. Die Frage, ob sich Roboter irgendwann einmal zu moralfähigen Wesen entwickeln, lässt der Autor zwar offen. Dass der Einsatz von Robotern jedoch unausweichlich ethische Fragen aufwirft, bleibt für ihn aber außer Zweifel. Schon heute werden Ingenieure und Informatiker mit moralischen Fragen konfrontiert, denn ein Roboter erfasst und speichert nun einmal Daten. Kollisionen mit Datenschutz und Datensicherheit sind gewissermaßen vorprogrammiert. 

Um während des digitalen Umbruchs, dessen physische Ausprägung der Roboter ist, die Zügel in der Hand zu halten, riefen internationale Wissenschaftler im Jahr 2019 zum Handeln auf. In ihrem Wiener Manifest mahnen sie einen digitalen Humanismus an. Digitale Technologien bedrohen Arbeitsplätze, schaffen und zerstören Wohlstand und verschieben Machtstrukturen, so die Unterzeichner. Allerdings sei der Mensch dem technischen Fortschritt nicht hilflos ausgeliefert, denn "digitale Technologien entstehen nicht aus dem Nichts", sondern durch bewusste Entscheidungen und Annahmen darüber, wie die Welt sein sollte.

"Wir müssen Technologien nach menschlichen Werten und Bedürfnissen formen, anstatt nur zuzulassen, dass Technologien Menschen formen." Wiener Manifest für digitalen Humanismus

Good Work Charter: Verband fordert Unterzeichnung

Der europäische Industrieverband EUnited (European Engineering Industries Association) hat Forderungen des Manifests in Handlungsmaximen für die Robotik-Community übersetzt. Nach Ansicht des Verbands entscheidet sich heute, wie sich die Zukunft der Arbeit gestaltet. Der rasende technologische Wandel müsse jetzt aktiv gesteuert werden, damit er – mithilfe von Robotik und Automatisierungstechnik ­– den Menschen künftig gute und zufriedenstellende Arbeit biete. 

Verbindlichkeit soll dabei die sogenannte Good Work Charter liefern, zu der sich Hersteller und Anwender von industriellen und sozialen Robotern durch ihre Unterschrift bekennen sollen. Beispielen aus den eigenem Unternehmen sollen das eigene Engagement dabei belegen. Im Einzelnen enthält die Charta die folgenden Maximen:

  1. Menschen arbeiten wie Menschen, nicht wie Maschinen: Roboter sollen dem Menschen dienen, indem sie ihn von stumpfsinnigen, schmutzigen, gefährlichen oder schwierigen Arbeiten entlasten. Dies Arbeiten werden im englischen auch 4D-Jobs genannte (Dull, Dirty, Dangerous, Delicate).
  2. Menschen geben die Kommandos: Roboter haben Menschen zu assistieren, nicht umgekehrt.
  3. Qualifizierung: Arbeiter sollen kontinuierlich weitergebildet werden, insbesondere auch berufsbegleitend.
  4. Junge Menschen für MINT-Fächer begeistern: Robotor sind ideal geeignet, um das Interesse von junger Menschen für MINT-Fächer zu wecken. Mit Blick auf den Fachkräftemangel steht die Robotikindustrie damit in einer besonderen Verantwortung.
  5. Inklusion und Teilhabe: Die Produktion bietet bereits heute gute Beispiele für Inklusion und die Verbesserung von Arbeitsumgebungen. Cobots können älteren Menschen im Beruf assistieren, mithilfe von Exoskeletten können Menschen mit Behinderung Seite an Seite mit nichtbehinderten Menschen arbeiten.
  6. Neue Chancen eröffnen: Roboter werden immer leichter verfügbar. Davon profitieren auch Arbeiter ohne spezielle Robotikexpertise und KMUs können dadurch neue Geschäftsmodelle einführen.
  7. Mensch-Roboter-Kollaboration: Die besonderen Fähigkeiten von Mensch und Roboter sollten ideal aufeinander abgestimmt sein, sodass Mensch als auch Roboter durch die Kollaboration einen Nutzen aus den Stärken des anderen ziehen.
  8. Einfache Anwendbarkeit: Durch die Entwicklung intuitiv zu bedienender Roboter können Arbeiter aller Qualifizierungsniveaus mit Robotern umgehen.
  9. Nachhaltigkeit: Die intelligent automatisierte Produktion verbraucht weniger Ressourcen, während flexible Roboter helfen, Güter in Verbrauchernähe zu produzieren.
  10. Lösungen für den demographischem Wandel: Infolge niedriger Geburtenraten und anstehendem Renteneintritt von Menschen der Babyboomer-Generation wird in den nächsten zehn bis zwanzig Jahren ein massiver Mangel an Arbeitskräften erwartet. Robotik und Automation bieten hier Lösungen.
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