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27.07.2022 | Innovationsmanagement | Interview | Online-Artikel

"Jeder Mitarbeiter treibt Innovation voran"

verfasst von: Andrea Amerland

4 Min. Lesedauer

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Micromanagement und Top-Down-Ansätze sind Gift für das Innovationsmanagement in Unternehmen ist Daniel Szabo, CEO von Körber Digital, überzeugt. Aber auch die Politik sieht er in der Pflicht, damit aus Erfindungen auch Innovationen werden. 
 

Springer Professional: Deutschland ist in diversen Ranglisten der innovativsten Länder der Welt zurückgefallen. Woran liegt das Ihrer Einschätzung nach?

Daniel Szabo: Ein Grund ist die mangelnde Exzellenz in der Forschung: Trotz jahrelanger massiver Förderung der Wissenschaft, vor allem mit der Exzellenzstrategie, erreichte Deutschland etwa bei den am häufigsten zitierten Publikationen weltweit nur den 15. Platz. Das liegt vor allem daran, dass die Förderung zu breit gestreut wurde. Außerdem scheint vielen deutschen Politikern nicht bewusst zu sein, dass es einen Unterschied zwischen Erfindungen und Innovationen gibt. Während es für Erfindungen neue Ideen und Technologien braucht, müssen solche Ideen und Technologien zu marktfähigen Produkten oder Dienstleistungen weiterentwickelt werden, damit man von Innovationen sprechen kann.

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Nicht grundlos entwickelt sich die Start-up-Landschaft auf den ersten Blick anderswo vielversprechender. Gemessen an der Zahl der Einwohner erreichte Deutschland bei den Neugründungen europaweit zuletzt nur Platz zehn. Bliebe die Start-up-Quote im Rest Europas konstant, könnte man dieses Jahr höchstens zwei Plätze gut machen. Aber die reinen Zahlen sind am Ende unwichtig.

Welche Rolle spielen hierzulande beim Thema Innovationsfähigkeit Unternehmensstrukturen?

Eine große – nicht nur in Deutschland. Innovation braucht den Dreiklang aus Talenten, Firmenkultur und passenden Anreizsystemen. Unternehmensstrukturen, welche beispielsweise auf Micromanagement und Top-Down-Ansätzen basieren, sind für Innovationsfähigkeit alles andere als zuträglich. Es bedarf eines Umfelds, in dem Mitarbeiter ihren eigenen Unternehmergeist zum Vorschein bringen können. Viele Unternehmen machen aus meiner Sicht den Fehler, Innovation als eine Frage von Technologie zu betrachten oder als Aufgabe einer Abteilung. Schaut man sich jedoch Beispiele von Unternehmen an, deren DNA Innovation ist, zeigt sich schnell: Hier treibt jeder Mitarbeiter Innovation voran und generiert dadurch echten Mehrwert.

Was sollten Führungskräfte ändern, um beim Innovationsmanagement voranzukommen und warum?

Da gibt es mehrere Aspekte zu nennen, welche ineinandergreifen müssen:

  • Ein Mindset schaffen und ermöglichen, welches sich auf Entrepreneurship und Innovation fokussiert – über alle Ebenen hinweg,
  • Unternehmensstrukturen schaffen, welche die Innovationskraft ermöglichen,
  • die Rolle eines Chief Entrepreneur Officers installieren, welcher sich mit entsprechenden Kernkompetenzen proaktiv und fokussiert dem Thema Innovation annimmt,
  • die so geschaffene Kultur mit Tools und Methodiken unterstützen, um tatsächliche Innovationsprozesse zu ermöglichen

Wie sieht es mit den Methoden aus? 

Mit Methoden verhält es sich wie mit Tools: Sie bringen nichts, wenn sie nicht auf das passende Verständnis und Mindset treffen. Viele Unternehmen beginnen damit, Methoden einzuführen, ohne den Boden vorher bereitet zu haben mit den Mitarbeitern. Das bringt dann genauso viel – oder wenig – wie ein innovationsstarkes Team ohne entsprechende Tools und Methoden auszustatten. Tendenziell würde ich sagen, dass viele Unternehmen agile Methoden zunehmend auf dem Radar haben. Das variiert natürlich stark von Branche zu Branche und Unternehmen zu Unternehmen. Aber dass ein genereller Mehrwert bei der Anwendung vorhanden ist, ist hinreichend bekannt. Das mit der Umsetzung ist dann wie bei allem: Die einen sind schneller, die anderen langsamer.

Und wie steht es um das Innovationsmanagement im Maschinenbau? Braucht es auch dort eine Neuausrichtung?

Neuausrichtung ist für mich ein zu großer Begriff. Ich würde es eher als Umdenken bezeichnen – wobei natürlich auch hier enorme Unterschiede innerhalb der Branche zu erkennen sind. Maschinenbauer in Deutschland sind, vereinfacht gesprochen, die Ermöglicher der weltweiten Produktion, da diese über die letzten hundert Jahre immer hoch innovativ waren und Kunden geholfen haben, immer mehr und komplexere Produkte immer schneller zu produzieren. Der Wettbewerbsvorteil war das Ergebnis der deutschen Ingenieurskunst.

In der Zukunft geht es aber nicht mehr nur um Ingenieurskunst, sondern viel mehr um Angebote, die Probleme der Kunden lösen. Und diese Probleme haben zunehmend nichts mehr mit der Fertigung von komplexen Produkten oder einer höheren Produktmenge zu tun – sondern mit Aspekten wie Nachhaltigkeit, Effizienz und Preisoptimierung.

Diese Probleme können nur durch eine Erweiterung der Anlagen durch digitale, KI-gestützte Lösungen adressiert werden. Viele Maschinenbauer haben das Thema digitale Innovation längst auf dem Schirm. Es hapert nur noch oft an der konsequenten Umsetzung. Das liegt auch daran, dass digitales Entrepreneurship kein Thema ist, welches von heute auf morgen umgesetzt ist. Da der Maschinenbau zu den tendenziell konservativeren Branchen zählt, sind einige Unternehmen im Vergleich zu Unternehmen anderer Branchen noch nicht so weit. Aber es gibt auch Beispiele für gutes und erfolgreiches digitales Entrepreneurship im Maschinenbau.

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