verfasst von: Sophie Michel, Paul End und Janek Nahm, Diffferent GmbH
Krisenzeiten stellen Unternehmen vor etliche Herausforderungen. Für Firmen, die jetzt gezielt experimentieren und innovieren, entstehen allerdings neue Wachstumsmöglichkeiten. Wie Entscheider die Krise als Chane zur Transformation nutzen können.
Decathlon machte es vor: Im Dezember 2020, mitten in der Corona-Pandemie, startete der Sportartikelhersteller und -händler das Projekt "We play Circular". Er testete zunächst nur in Belgien, ob es sich für das Unternehmen rentiert, Produkte zur Miete statt zum Kauf anzubieten. Das Experiment war ein Erfolg und wurde als neues Geschäftsmodell ein Teil des Kerngeschäfts.
Trends als Motor für das Innovationmanagement
Das Beispiel zeigt, dass vielversprechende Ideen auch und besonders in Krisen ausprobiert werden dürfen. Gerade in Zeiten, in denen das Kerngeschäft schwächelt, braucht es für Innovationsverantwortliche neue Freiheitsgrade, um schnell ins Handeln zu kommen. Diese Freiheitsgrade sollten aber nicht nur dafür verwendet werden eine Antwort auf die aktuellen Herausforderungen im Kerngeschäft zu finden.
Stattdessen gilt es, das offene Fenster auch dafür zu nutzen, frühzeitig auf absehbare zukünftige Entwicklungen zu reagieren und so nachhaltig erfolgreiches Wirtschaften zu ermöglichen. Das größte Potenzial auf nachhaltige, neue Wachstumsquellen und damit perspektivisch auch auf überdurchschnittlich hohe Renditen hat die Geschäftsmodellinnovation. Sie zielt darauf ab, die Grundprinzipien der Wertschöpfung von Unternehmen zu verändern.
An Ideen für Geschäftsmodellinnovationen mangelt es oft nicht. Auch Budgets für neue Dienstleistungen und Produkte sind vielerorts vorhanden und dank Design Thinking, Lean Start-up und agilen Methoden sind Fähigkeiten für Neuheiten da. Dennoch bremsen oftmals vertraute Prozesse, Strukturen und eine festgefahrene Kultur im Unternehmen das, Geschäftsmodellinnovation für Wachstum weiterverfolgt und umgesetzt werden. Drei Ansätze wirken dem entgegen.
Freiräume für Business-Experimente schaffen
Damit Ideen nicht schon in der Findungsphase scheitern, braucht es neue Denk- und Handlungsweisen im Management, die das Können hinsichtlich der Fähigkeiten der Innovatoren und das Dürfen in Hinblick auf die Unternehmenskultur bestmöglich fördern – auf oberster Führungsebene ebenso wie im operativen Innovationsmanagement.
Anstatt klassischer strategischer Planung oder auf schnelle Markteinführung fokussierte Produkt- und Serviceentwicklung braucht es sogenannte Business-Experimente. Dabei geht es darum, Ideen schnell zu testen, so dass Innovatoren rasch in einen Modus kommen, indem sie Ent- und Verwerfen Scheitern und Lernen, Iterieren und Pivoting betreiben.
Business-Experimente bringen besonders valide Ergebnisse hervor, wenn sie in einem realen Marktumfeld durchgeführt werden, wie geschehen bei Decathlon mit Belgien als Testmarkt.
Ökonomische, soziale und ökologische Investitionen
Geschäftsmodellinnovationen erfordern ein experimentelles Vorgehen, um neue, nachhaltige Wachstumspotenziale zu erschließen. Unternehmen sollten daher ihre Investitionslogiken ebenso wie ihre Erfolgsmessung anpassen. Und bestenfalls, in Bezug auf das Innovationsbudget, wie Venture Capitalists denken und handeln. Auch sollten sich die verschiedenen Dimensionen von neuem Wachstum, wie etwa ökonomische, soziale und ökologische Aspekte, in allen Logiken der Finanzierung widerspiegeln.
Innovation braucht Kulturwandel und Kooperation
Soll eine Geschäftsmodellinnovation weiterverfolgt und umgesetzt werden, gilt es nicht zuletzt an der Innovationsfähigkeit einer Organisation als Ganzes zu arbeiten. Experimentieren können, Scheitern dürfen, Risiken eingehen, Unsicherheiten aushalten – all das sind wichtige kulturelle Voraussetzungen, die Neuschöpfungen für Wachstum positiv beeinflussen. Somit ist ein starker Wertekompass essenziell für die Innovationsarbeit – sowohl im eigenen Team als auch bei Kooperationen und Partnerschaften.
Ein Beispiel einer solchen Kollaboration ist das Forum Rezyklat, ein vom Drogeriemarkt Dm initiiertes Coopetitions-Bündnis. Es besteht aus Händlern, Herstellern sowie aus Vertretern der dualen Systeme sowie der Politik. Viele der über 60 Mitglieder stehen in direktem Wettbewerb, sehen aber den Mehrwert, wenn die Verpackungsmüllproblematik durch innovative Lösungen gemeinsam und kollaborativ verbessert wird. Das führt dazu, dass die einzelnen Partner ihre eignen Nachhaltigkeitsziele schneller und kosteneffizienter erreichen und echte Erfolge an ihre Kunden kommunizieren können.
Entscheider tun gut daran, Krisen als Chance zur Transformation zu begreifen. Stets mit dem Ziel, wirtschaftlich, sozial und ökologisch nachhaltigere Geschäftsmodelle zu schaffen. Denn die Zeichen stehen auf radikale Veränderung für neues Wachstum.