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07.01.2025 | Innovationsmanagement | Interview | Online-Artikel

"Kunden sind Schlüsselelement im Innovationsprozess"

verfasst von: Andrea Amerland

5:30 Min. Lesedauer

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Im Multitechnologiekonzern sind Vielfalt und Kundenzentrierung im Innovationsprozess oberstes Gebot, so 3M-Expertin Camila Cruz Durlacher. Im Interview spricht sie auch über die Rolle von Wissenschaft, Zielmärkten und Virtual Reality.

springerprofessional.de: Die Sortimentsstrategie spielt eine große Rolle für Umsatz und Profitabilität. Welchen Einfluss hat das breite Sortiment eines Multitechkonzerns auf das Innovationsmanagement? 

Camila Cruz Durlacher: Als Unternehmen legt 3M fest, in welchen Bereichen wir aktiv sein wollen und welche Portfolios für die Märkte, in denen wir tätig sein wollen, relevant sind. Die Abteilungen sind dann dafür verantwortlich, ihre Portfolios zu priorisieren und ihre Innovationspipeline zu verwalten. Dafür weisen sie Ressourcen und Investitionen zu.

Wir haben einen sehr starken Innovationsprozess und arbeiten konstant an der Einführung neuer Technologien und Produkte. Der Prozess basiert auf einem Stage-Gate-Konzept und bezieht alle Funktionen mit ein, die dazu beitragen, unsere Projekte voranzutreiben. Dazu gehören etwa F&E, Produktion, Marketing, Qualität und Produktverantwortung. Es gibt daher keinen Bereich, der ausschließlich für Innovation zuständig ist. Wir haben zum Beispiel keinen Chief Innovation Officer oder ein Innovationsmanagementbüro. Im Gegenteil, alle Mitarbeitenden, Funktionen und einzelnen Bereiche spielen eine Rolle. Sie können zudem 15 Prozent ihrer Arbeitszeit nutzen, um sich eigenen innovativen Projekten zu widmen und so unser Portfolio aktiv voranzutreiben. 

Wir möchten unseren Mitarbeitenden aber auch bei ihrer täglichen Arbeit die Möglichkeit geben, innovative Technologien sicher zu erkunden und zu nutzen: Ein KI-Chat-Assistent der neuen Generation unterstützt unsere Mitarbeitenden in unterschiedlichen Bereichen. Er fasst Aufgaben zusammen, prüft Dokumente und hilft beim Brainstorming in Sekundenschnelle.

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Wie identifizieren Sie interessante Trends und Märkte für Produktinnovationen?

Alle Abteilungen und Labore spielen dabei eine wichtige Rolle. Unsere Labore arbeiten an der Forschung und Entwicklung neuer Technologien. Sie identifizieren zum Beispiel potenzielle Trends , die sich auf die Innovationen und Märkte auswirken könnten. Sie erstellen zudem regelmäßig ein Dokument mit dem Titel "Technologien der Zukunft", in dem zusammengetragen wird, welche Technologien für Kunden relevant sein könnten. 

Die verschiedenen Geschäftsbereiche spielen auch eine wichtige Rolle bei der Bewertung von Trends. Sie kennen die jeweiligen Märkte und Kunden und können die Auswirkung neuer Entwicklungen auf Produktanforderungen abschätzen. Dies kann durch Marktbeobachtung, Interaktionen mit Kunden, Teilnahme an Konferenzen oder Austausch mit Universitäten und anderen Akteuren geschehen. Kern der Innovationen ist es immer, den Nutzen für unsere Abnehmer zu optimieren.

Welche Rolle spielen Produktideen von Kunden beziehungsweise wie stark werden Konsumenten in den Innovationsprozess eingebunden?

Die Kunden sind ein absolutes Schlüsselelement im Innovationsprozess, denn letztendlich sollen Lösungen eine Herausforderung von Verbrauchern adressieren. Durch Kundenbeobachtung und Interaktion werden ihre Bedürfnisse ermittelt, auch wenn sie nicht unbedingt konkret formuliert sind, die dann in neue Produkt- oder Technologieanforderungen einfließen. Regelmäßige Gespräche zu den Herausforderungen unserer Käufer, um ihre Wünsche bestmöglich zu verstehen, helfen. Eines der wichtigsten Themen ist derzeit der Bereich der Nachhaltigkeit. 

Die Kunden sind in der Regel auch an der Prüfung und Erprobung von Ideen beteiligt und geben Rückmeldung dazu, sodass Lösungen optimal auf sie abgestimmt werden können. In der Regel bringen wir sie auch in unsere technischen Kundenzentren, um sie an neuen Produkten zu schulen oder diese in einer fertigungsähnlichen Umgebung zu testen.

Für Tech-Unternehmen sind Erkenntnisse aus der Wissenschaft sehr wichtig. Wie stellen sie den Dialog zwischen Unternehmen und externen Forschern sicher?

Durch weltweite Partnerschaften mit Universitäten und Forschungszentren. In Deutschland kooperieren wir beispielsweise mit der RWTH Aachen mit dem Fokus auf Klebstoffe und Dichtmaterialien im Wasserstoffumfeld. Mit dem Karlsruhe Institute of Technology hingegen testen wir Mittelspannungsgarnituren.

Unsere Forschenden nehmen außerdem an einschlägigen Konferenzen teil, damit sie über die neuesten Technologien und Trends auf dem Laufenden sind. Zudem bieten wir einen Zugang zu Tausenden von Fachzeitschriften und Fachartikeln, die es unseren Forschenden ermöglichen, sich auf einfache Weise über den neuesten Stand der Technik zu informieren. 

Vom Post-it bis zum Autozubehör: Sie agieren sowohl B2B als auch B2C in vielen unterschiedlichen Lebensbereiche. Wie erfolgt bei diesem breiten Spektrum die Produktentwicklung für die unterschiedlichen Zielgruppen und Märkte?

Dafür ist es wichtig die Märkte und Zielgruppen genau zu kennen. In den B2C-Geschäften ist das Ziel, Markt- und Verbrauchertrends zu verstehen. Diese Beobachtungen münden dann in Produkt- oder Technologieanforderungen, die es ermöglichen, neue Produkte zu entwickeln. Im B2B-Geschäft hingegen sind viele Kundenbeziehungen sehr individuell. Wir sind also an der Seite unserer Kunden an der Entwicklung ihres neuen Produkts oder der neuen Generation ihrer bestehenden Produkte beteiligt. Dadurch gibt es einen guten Einblick in die Anforderungen und manchmal sogar in die Spezifikationen der Produkte, die erwartet werden.

Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig eine vertrauensvolle Beziehung zu den Kunden ist. Darüber hinaus führen wir mit ihnen einen ständigen Austausch über neue Entwicklungen und Markttrends. Wir möchten von ihnen als Anbieter gesehen werden, der ihnen bei ihren individuellen Herausforderungen die optimale Lösung bietet. Deshalb ist es auch wichtig, dass sie die Fähigkeiten verstehen, die 3M auf globaler Ebene zu bieten hat.

Sie nutzen seit etwa zwei Jahren Virtual Reality, um neue Waren zu kreieren. Wie genau sieht der Einsatz aus?

Wir nutzen Virtual Reality, um innovative Produktdesigns zu visualisieren und Prototypen schneller testen zu können. Dies ermöglicht, kosteneffizienter zu agieren und die Entwicklungsprozesse zu beschleunigen. VR kommt an unterschiedlichen Stellen zum Einsatz.

Zudem ermöglicht VR Designern und Ingenieuren, Prototypen in einer virtuellen Umgebung zu erstellen und zu visualisieren, so dass sie Anpassungen und Verbesserungen vornehmen können, bevor physische Modelle hergestellt werden.

VR kann auch reale Bedingungen simulieren, um Produkte in einer kontrollierten virtuellen Umgebung zu testen. Das verringert den Bedarf an physischen Tests und beschleunigt den Entwicklungsprozess. Daneben erleichtert VR immersive Schulungserfahrungen für Mitarbeitende und ermöglicht die Zusammenarbeit von Teams aus der Ferne, was die Kommunikation und Effizienz in der Produktentwicklung verbessert. Aber auch, um Kunden Produkte in einer virtuellen Umgebung zu demonstrieren und so Funktionen und Vorteile interaktiv und anzusprechen zu präsentieren, hat sich Virtual Reality bewährt.

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