"Geschäftsmodellinnovationen sind so etwas wie die Königsdisziplin des Innovationsmanagements", sagt Dirk Lippold, Gastprofessor an der Humdoldt-Universität, im Gespräch mir Springer Professional. Neue Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, gilt als hohe Kunst und ist alles andere als ein unternehmerisches Kinderspiel. Wer allerdings glaubt, dass Unternehmen im Innovationsmanagement am mangelnden Einfallsreichtum scheitern, irrt.
Die Gründe sind vielmehr Angst (52 Prozent), Macht (37 Prozent) und Glauben (elf Prozent). Das geht aus dem "Deutschen Trendindex" hervor, für den halbjährlich mehr als 200 Innovationschefs aus allen Branchen der deutschen Wirtschaft befragt werden.
Mehr als ein Drittel der Befragten (35 Prozent) geben sogar zu, dass sie selbst schon einmal eine Innovation aus Angst verhindert haben – und das in einer Führungsfunktion, die eine gewisse Risikobereitschaft voraussetzt. Mehr als die Hälfte (54 Prozent) fürchten einen Machtverlust durch die Umsetzung von Innovationsprojekten, 80 Prozent denken, dass Quereinsteiger innovativer sind als die langjährige Experten, weil letztere den Glauben an bestehende Regeln nicht in Frage stellen und in alten Denkmustern bleiben.
Woran Geschäftsmodellinnovationen scheitern
Geschäftsmodellinnovationen scheitern also an "Bewusstseinsbarrieren", so ein Springer-Autorenteam im Buch "Innovationsstragien". Ein Patentrezept für eine "Bewusstseinserweiterung” gebe es nicht, wohl aber Lösungsansätze, die Chancen und Risiken der einzelnen Innovationstypen reflektieren helfen. Die Autoren formulieren folgende Leitfragen:
- Welche Anstrengungen sind intern oder gemeinsam mit Partnern erforderlich, um stufenweise Produktinnovationen zu schaffen?
- Was kann man tun, wenn alle technologischen Anstrengungen nicht ausreichen, um eine wirkliche Differenzierung und einen messbaren Kundennutzen zu erzielen?
- Wie sicher ist es, wenn die Produktinnovation doch gelingt, auch die Kapitalisierung der Anstrengungen zu realisieren (Stichwort: Kopierschutz)?
Innovationsbarrieren überwinden
Wenn auch nach dieser Analyse die Innovationsentwicklung nur schleppend voran geht, sollten Unternehmen die strikte Trennung in Produktinnovationen auf der einen und Geschäftsmodellinnovation (GMI) auf der anderen Seite aufweichen, heißt es auf Seite 149.
Was heißt das konkret? Nach Ansicht der Springer-Experten braucht jede Erfindung eine entsprechende Geschäftslogik, ein tragfähiges Konzept. So werde aus einer zunächst nur technischen Lösung ein Produkt, dass den Kunden erreicht, diesem Nutzen bringt und zum Geschäft wird. "Was hindert uns daran, bei der Ausgestaltung dieser Geschäftslogik auch an anderen Stellen – etwa bei der Wertschöpfungslogik, dem Marktangang, der Erlöslogik –"quer” zu denken und dem Neuen auch jenseits der Produkteigenschaften Raum zu geben? Inventionen, denen das Zeug zu einem technologischen Quantensprung fehlt, können auf diese Weise zu erfolgreichen GMI reifen", schreiben die Autoren. Ein gelungenes Beispiel für solch ein vorgehen ist demnach Nespresso: Am Anfang stand die technische Lösung der Kapsel, um die herum dann eine Geschäftslogik formiert wurde.
Fazit: Wenn Innovationen durch die Angst vorm Scheitern oder dem Machtverlust blockiert werden, können rationale Leitfragen und Querdenken neue Perspektiven eröffnen. Reflektieren und Hinterfragen identifiziert die Hemmnisse. Das ist der erste Schritt, um Denkblockaden oder andere Barrieren zu überwinden.