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25.09.2019 | Innovationsmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Hohes Frustpotenzial bei Start-up-Kooperationen

verfasst von: Annette Speck

3:30 Min. Lesedauer

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29 von 30 Dax-Unternehmen kooperieren mit Start-ups. Das Ziel: Mehr Innovationskraft. Die Konzerne profitieren davon zwar mehr als die Start-ups, doch oft sind beide Seiten unzufrieden. Wie sich das ändern lässt.

Es klingt wie eine klare Win-Win-Situation: Etablierte Unternehmen kooperieren mit Jungunternehmen, die ihnen mit frischen Ideen und Technikkompetenz den Sprung ins Digitalzeitalter erleichtern. Dafür profitieren die jungen Gründer von den Marktzugängen, dem Know-how und der Reputation ihrer renommierten Kooperationspartner. Am Ende klingeln beiderseits die Kassen.

Die Realität sieht allerdings etwas anders aus, wie die Studie "After The Honeymoon Ends" der Boston Consulting Group (BCG) feststellt. Laut der Untersuchung, für die 187 Unternehmen und 86 Start-ups befragt sowie Datenanalysen von insgesamt 570 Firmen der DACH-Region einbezogen wurden, sind gerade mal 55 Prozent der Konzerne und sogar nur 45 Prozent der Start-ups mit ihren Kooperationen zufrieden. Besonders verbreitet sind solche Partnerschaften mit Start-ups in der Finanzindustrie, der Automobil- sowie der Chemie- und Pharmabranche.

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Enttäuschung nach ersten Erfolgen

Ein erhebliches Problem scheinen die hohen Erwartungen zu sein, mit denen die meisten Partnerschaften starten. Oftmals folge auf die "Honeymoon"-Phase mit ersten Erfolgen die Ernüchterung, so die Studie. So kritisieren vier von zehn "Senior"-Partnerunternehmen, es wären zu wenige Pilotprojekte auf den Weg gebracht und keine neuen Geschäftsmodelle entwickelt worden. Auch über 40 Prozent der Start-ups äußern sich enttäuscht: Weder habe sich der Umsatz merklich verbessert noch seien neue Marktzugänge oder Vertriebskanäle erschlossen worden. Hohes Frustpotenzial entsteht zudem durch intransparente und langwierige Entscheidungen oder wenn das Gefühl einer ungleichen Partnerschaft aufkommt.

Dessen ungeachtet sind 86 Prozent der Konzerne und 55 Prozent der Start-ups überzeugt, dass Partnerschaften zwischen etablierten und Jungfirmen in den nächsten drei Jahren weiter zunehmen werden. "In einer schnelllebigen Welt ist es gerade für Konzerne unerlässlich, auf Partnerschaften mit Start-ups zu setzen. Kleinere und mittlere Unternehmen müssen hier noch aktiver werden, damit sie auch weiterhin Hidden Champions und für digitale Talente attraktiv bleiben können“, bestätigt Michael Brigl, Partner und Corporate-Venture-Experte bei BCG.

Fünf Formen der Innovationskooperation 

Wie hoch der Innovationsdruck ist, zeigt die Auswertung der entsprechenden Unternehmensaktivitäten. Der BCG-Studie zufolge werden von den großen Firmen fünf verschiedene Innovationsvehikel bei der Zusammenarbeit mit Start-ups genutzt:

Innovationsvehikel der Dax-Konzerne

  • Innovations- und Digitallabore (wird von 19 Prozent genutzt)
  • Accelerator-Programme (17 Prozent)
  • Corporate-Venture-Capital (17 Prozent)
  • Kooperationseinheiten (13 Prozent)
  • Inkubator-Programme (6 Prozent)

Quelle: Studie "After The Honeymoon Ends", BCG

Dabei sind Innovation/Digital Labs die häufigste Form der Partnerschaft. Ferner belegt die Studie, dass die Dax-Konzerne im Schnitt drei verschiedene Innovationsvehikel nutzen. Ein Fünftel der Firmen arbeitet sogar mit allen fünf Formen. Ganz anders die Familienunternehmen – 54 Prozent setzen auf lediglich einen Innovationstypus. Hierzu passt eine Erkenntnis von Wolfgang Becker et al. In dem Beitrag "Aufbau von Kooperationen mit Start-ups – eine mittelstandsgerechte Alternative zu Geschäftsmodellinnovationen?" stellen die Springer-Autoren auf Seite 272 nämlich fest, dass Mittelständler in Kooperationsvorhaben mit Start-ups häufig keine wesentliche (Überlebens-)Notwendigkeit sehen. Eher erachten sie diese als "nice-to-have“- beziheungsweise "Add-on“ zum etablierten Geschäftsmodell.

Strategie und gemeinsame Ziele festlegen

Die BCG-Studie kommt zu dem Schluss, dass das Potenzial der Kooperationen bei weitem nicht ausgeschöpft wird. Damit beide Partner mehr von einer Zusammenarbeit profitieren, empfehlen die Unternehmensberater eine klare, gemeinsame Begründung für die Zusammenarbeit. Ferner sollten die Konzerne wie Investoren denken, Investmentstrategien entwickeln, Ressourcenzugang sicherstellen und mit dem Start-up Pilotprojekte definieren. Die Start-ups wiederum müssen erklären, welchen Beitrag sie in die Kooperation einbringen und inwiefern sie dem Partner helfen, seine Ziele zu erreichen.

Dass es hier vielfach an klaren Aussagen mangelt, bestätigt Stefan Jung in seiner Forschungsarbeit "Cooperating with Start-ups as a Strategy: Towards Corporate Entrepreneuship and Innovation". Demnach konnte fast ein Viertel seiner 38 Interviewpartner, die in großen Konzernen wie IBM Deutschland, Swisscom oder Deutsche Telekom für Kooperationen mit Start-ups verantwortlich sind, ihre diesbezüglichen strategischen Ziele oder Motive nicht eindeutig benennen. (Seite 292)

Insofern können die Partnerschaftsprojekte von etablierten Unternehmen und Start-ups durch ein gezielteres, besser abgestimmtes Herangehen zweifellos noch erheblich gewinnen.

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