Management-Professor Daniel Schallmo spricht im Interview mit Springer Professional über die digitale Transformation von Geschäftsmodellen. Der Experte warnt Unternehmen, nicht zu lange damit zu warten.
Springer Professional: Unternehmen, die ein gutes Geschäftsmodell ihr Eigen nennen, müssten damit auch profitabel arbeiten. Gleichwohl belegen Studien regelmäßig, dass Mittelständler ihre Preise nicht hoch genug ansetzen. Wie erklären Sie sich das?
Daniel Schallmo: Dazu habe ich eine klare Haltung: Ich würde als Unternehmer niemals über den Preis, sondern immer über den Nutzen verkaufen. Warum soll ich mit einem Billigheimer denn Geschäfte machen wollen? Ein Auftraggeber meiner Beratung, ein Unternehmen mit Systemen für Fassaden, Fenster und Türen, hatte rund 650 Abnehmer vor allem in metallverarbeitenden Betrieben. Aber die sorgten für keine rosigen Zahlen in der Kasse.
Welche Gründe ermittelten Sie?
Wir haben untersucht, wie viel Käufe in Volumen auf der x-Achse und wie viel Marge in Prozent je Kunde auf der y-Achse gegenüberstehen. Es ergaben sich klare Erkenntnisse. Etwa, dass Extra-Lieferungen auch Extra-Konditionen bedürfen, wenn allein der Transport 300 Euro mehr kostet oder diese Kunden allein drei Mal pro Woche besucht werden. Erklärtes Ziel war, wie wir die Kundenstrukturen ins Positive bringen. Das gelingt zum einen über Kostenreduzierungen. Aber am Ende stand, dass wir mit weniger Volumen eine höhere Marge erzielt haben – bei weniger Kosten. Die dadurch frei gewordene Zeit bei Mitarbeitern haben diese auch noch für die Neukunden-Akquise genutzt.
Welcher Erfolgsfaktor ist unabdingbar, damit die Transformation unter anderem des Geschäftsmodells gelingt?
Die passende Kultur mit dem richtigen Mindset. Denn dann habe ich als Unternehmer auch die richtigen Mitarbeiter für den offenen Umgang mit Transformation.
Warum müssen sich auch Unternehmer des Mittelstandes den Herausforderungen der Transformation stellen?
Weil wir in turbulenten Zeiten leben mit viel Dynamik. Jeder Unternehmer muss sich zwingend den Themen der digitalen Transformation stellen. Wenn er vorausschauend planen und agieren möchte, darf er damit nicht zu lange warten.
Was müssen Top-Entscheider in Unternehmen dabei beherzigen?
Unternehmer müssen dringend den Austausch zwischen ihren Abteilungen fördern. Es geht im Kern um Kommunikation miteinander. Aber eben nicht um E-Mail-Mengen, durch die einiges verloren gegangen ist. Sie müssen wieder direkt miteinander sprechen und arbeiten. Mein Eindruck ist: Die Mitarbeiter treiben heute die Transformation ihres Unternehmens voran, weil sie den Druck der Anforderungen von außen spüren. Besser kann die Zeit für Unternehmer nicht sein, um diese Kräfte zu entfesseln. Wie andere prognostiziere auch ich: Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Für mich ein Beleg: Wer hätte denn vor zehn Jahren gedacht, dass wir privat über Internet-Portale auch Autos und Wohnungen mieten werden? Heute ist das Big Business mit neuen Geschäftsmodellen.
War das über viele Jahre in Unternehmen behauptete Credo "Unser Kunde ist König" nur ein Lippenbekenntnis, das jetzt erst gelebt wird?
"Der Kunde ist König" finde ich einen schwierigen Ansatz, denn darin wird mir das Unternehmen zu klein. Ich sehe das eher als Partnerschaft. Früher mussten Unternehmen allein die Bedürfnisse verstehen, heute können sie eher Lösungen gemeinsam entwickeln. Daran können beide Seiten ihren Spaß haben. Für Kunden da zu sein, finde ich nach wie vor wichtig in dem Sinne, dass Unternehmen ihre Wertschätzung für ihn zum Ausdruck bringen.
Wie genau?
Ein schlichtes, aber schönes Beispiel dafür: Mir berichtete mal ein Banker, der bis zu seinem Ruhestand als Manager ein Finanzinstitut führte, dass er als Pensionär beim Einkauf auf dem Wochenmarkt angesprochen wurde. Und zwar mit der Frage, warum sein Nachfolger zum Geburtstag von Kunden per Hand keine Glückwunschkarte mehr schreibe, die sein Vorgänger stets verschickt hat. Was ich damit sagen will: Geldinstitute, die diesen persönlichen Kontakt nicht mehr nutzen und ihre Kunden durch Gebühren gezielt vom Schalter zum Online-Banking treiben, dürfen sich nicht wundern, wenn die Verbindung ganz abbricht. Kontakte zu Kunden sind zu pflegen!
Mehr Antworten von Daniel Schallmo zur digitalen Transformation von Geschäftsmodellen lesen Sie in Ausgabe 05/18 von "return – Magazin für Transformation und Turnaround".