Design Thinking ist ein Kreativprozess zur Ideenfindung. Wie Unternehmen damit auch Freiräume für Mitarbeiter und eine neue Arbeitskultur schaffen, erklärt Daniel Schallmo im Gespräch.
Design Thinking ist wieder einmal so ein Buzzword, von dem jeder spricht, aber niemand so genau weiß, was es ist – böse formuliert. Was verstehen Sie unter Design Thinking?
Vereinfacht gesagt verfolgt Design Thinking die Zielsetzung, für bestehende Probleme neue Lösungen zu entwickeln. Dabei sollen sich diese Lösungen konsequent an den Bedürfnissen der Nutzer orientieren. Es geht also nicht darum, neue Probleme zu suchen, sondern sich erst einmal auf bestehende Probleme zu konzentrieren und dafür neue Lösungen zu finden. Design Thinking ist dabei mehr als eine neue Methode oder ein Vorgehen. Design Thinking ist eine Geisteshaltung, die es ermöglicht grundlegende Veränderungen voranzutreiben.
Innovationen wollen alle Unternehmen. Aber zumeist sollen sie on top und nebenbei entstehen – schlimmstenfalls als betriebliches Vorschlagswesen im Ideen-Postfach. Wie kann Design Thinking dabei helfen, den Geist zu öffnen und Freiräume für Innovationen zu schaffen?
Design Thinking ist von vier grundlegenden Prinzipen geprägt, die es ermöglichen, die Freiräume zu schaffen.
Zunächst einmal wird immer vom Menschen und seinen Bedürfnissen beziehungsweise Problemen ausgegangen. Erst dann wird nach der technischen Machbarkeit und nach der Wirtschaftlichkeit gefragt.
Das zweite Prinzip erfordert den Einsatz eines multidisziplinären Teams, also Mitarbeitern aus unterschiedlichen Domänen. Wichtig ist dabei das Mindset des Teams, das durch folgende Punkte geprägt ist: Optimismus, Empathie, integratives Denken, Kooperationsfähigkeit und Experimentierfreude.
Das dritte Prinzip beinhaltet einen strukturierten und iterativen Prozess. Iterativ heißt, dass ständig Anpassungen zugelassen werden und nicht von Beginn an nach der perfekten Lösung gesucht, sondern die geeignete Lösung während des Prozesses gefunden wird. Innerhalb des Design-Thinking-Prozesses kommen folgende Regeln zum Einsatz: visualisieren, nur einer spricht, Ideen fördern, Kritik zurückstellen, experimentieren, Aktivität verfolgen, Quantität ist wichtig, fokussieren, auf Ideen aufbauen und elektronische Geräte abstellen.
Das vierte Prinzip zielt auf die Arbeit in einem kreativen Umfeld unter Zuhilfenahme von Materialien, die den kreativen Arbeitsprozess fördern. Dazu gehören beispielsweise Papier, Pappe, Malstifte oder Legosteine.
Kundenorientierte Produktenwicklungen erfordern häufig die Zusammenarbeit von Marketing, Technik und Konsumenten. Wie kann das funktionieren?
Gerade hier bietet Design Thinking eine gemeinsame Sprache, die eine Zusammenarbeit von Menschen aus unterschiedlichen Bereichen ermöglicht. Mittels der Visualisierung von Nutzern, Ideen und Prototyen können langwierige Diskussions- und Erklärungsrunden abgekürzt werden, indem beispielsweise Ideen bildlich und haptisch dargestellt werden. Nutzer beziehungsweise Konsumenten werden ebenso konsequent in die Entwicklung von Lösungen und deren Test integriert. Dazu werden sie beobachtet und befragt.
Was ist der konkrete Nutzen für Unternehmen, die Design Thinking verwenden und welche Einsatzgebiete gibt es für Design Thinking?
Der Nutzen von Design Thinking ist vielfältig. In Unternehmen kann die Arbeitskultur verbessert und Innovationsprozesse effizienter gestaltet werden. Die eigesetzten Instrumente ermöglichen es zudem, gezielt Kunden zu integrieren und über die erzeugte Kundenorientierung einen höheren Absatz und letztlich eine höhere Profitabilität zu erzielen.
Neben dem originären Einsatz von Design Thinking für den Aufbau eines Kundenverständnisses und der Entwicklung von Produkten und Dienstleistungen, kann Design Thinking selbstverständlich auch in anderen Bereichen eingesetzt werden. Dazu gehören zum Beispiel die interne Weiterbildung, Coaching, Wissenstransfer und die Entwicklung ganzer Marketingkampagnen.
Unsere Leser lieben Fallbeispiele. Ist es möglich, die Anwendung von Design Thinking anhand eines Beispielprojekts kurz zu skizzieren?
Beispiele für Design Thinking Projekte sind: Entwicklung von nachhaltigen Fitnessstudios, innovative Kurzmietkonzepte, USB-Stick für Diabetes Management, Computer-Maus, Entwicklung einer attraktiven Lebensversicherung. Eines der ältesten Beispiele ist der britischer Ingenieur Isambard Brunel, der in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Aufgabe hatte, Zugstrecken der Great Western Railway zu planen und umzusetzen. Statt einfach nach der besten technischen oder günstigsten Lösung zu suchen, hatte er die Passagiere im Fokus. Er wollte ihnen das Gefühl geben, über die Landschaft zu schweben. So konstruierte er Brücken, Viadukte und Tunnel, die sowohl einen effizienten Transport, als auch eine ideale Erfahrung für Passagiere ermöglichten.