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25.02.2025 | Innovative Verwaltung | Gastbeitrag | Online-Artikel

Bundestagswahl 2025: Das wollen die Parteien für die Verwaltungsdigitalisierung

verfasst von: Andreas Michel

6 Min. Lesedauer

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Deutschland hat einen neuen Bundestag gewählt. So wollen CDU/CSU, Grüne und SPD, die in verschiedenen Konstellationen die kommende Bundesregierung bilden können, und die AfD als wohl größte Oppositionspartei die Digitalisierung der Verwaltung vorantreiben.

Deutschland hat einen neuen Bundestag gewählt. Als wahrscheinlich gelten die Neuauflage der großen Koalition oder eine Schwarz-Grüne Regierung. Doch wie wollen die Parteien die Modernisierung der Verwaltung vorantreiben?

Denn die Verwaltungsdigitalisierung wird in der kommenden Legislaturperiode für die neue Bundesregierung eine entscheidende Bewährungsprobe. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnte vor einigen Wochen vor einem "schleichenden Blackout" der öffentlichen Verwaltung, da der Personalmangel vor allem in Kommunen "die Daseinsvorsorge an den Rand des Zusammenbruchs" bringen würde. Auch die schwächelnde deutsche Wirtschaft wünscht sich eine geringere Bürokratielast und bessere digitale Schnittstellen. Und 73 Prozent der Wählerinnen und Wähler wollen laut einer Umfrage des Bitkom die meisten Verwaltungsangelegenheiten online erledigen können. Grund genug, sich die Wahlprogramme der womöglich an der Regierungsbildung beteiligten Parteien und der wohl größten Oppositionspartei auf Schwerpunkte für die Modernisierung der öffentlichen Verwaltung anzuschauen.

CDU/CSU will Effizienz durch straffe Strukturen und innovative Technologien

Die CDU/CSU legt in ihrem Wahlprogramm den Schwerpunkt auf Effizienzsteigerung und technologische Innovationen. Auch mittels Künstlicher Intelligenz (KI) sollen Verwaltungsprozesse automatisiert werden, um so Dienstleistungen rund um die Uhr zu ermöglichen. Zudem plant die Partei die Einführung einer DeutschlandID als zentrale digitale Identität, zusammen mit einer digitalen Bürgerakte. Auch ein Bundesdigitalministerium, das alle Zuständigkeiten für Digitalisierung bündeln soll, ist von CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz explizit gewünscht.

Überdies will die CDU das sogenannte Once-Only-Prinzip verfolgen. Es soll Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen entlasten, indem Daten nur einmal an die Verwaltung übermittelt werden müssen. Maßnahmen wie die Genehmigungsfiktion und der Abbau von Klagemöglichkeiten zielen auf eine beschleunigte Planung und Umsetzung von Projekten, insbesondere im Bereich der digitalen Infrastruktur. 

Der Vorschlag eines Digitalministeriums wird schon länger diskutiert. Es würde endlich dazu führen, das Thema auf die höchste Ebene zu heben und Zuständigkeiten klar zu verteilen. Allerdings wäre die Schaffung des Ministeriums nur dann eine sinnvolle Lösung, wenn es sowohl die nötige Budgethoheit als auch Entscheidungsgewalt hat. Ein Digitalministerium mit geringen finanziellen Mitteln oder einer Zuständigkeitsaufteilung mit dem Finanzministerium, wie es in Bayern der Fall ist, sollte keine Lösung auf Bundesebene sein. Um die Digitalisierung voranzutreiben und die notwendigen Prozesse anzustoßen, müsste ein solches Ministerium mit genug finanziellen Mitteln und Befugnissen ausgestattet sein. Es besteht die Gefahr, dass die nötigen Befugnisse eines Digitalministeriums in Koalitionsverhandlungen verloren gehen.

SPD will bürgerzentrierte Digitalisierung und automatisierte Prozesse

Die SPD verfolgt laut ihrem Wahlprogramm einen bürgernahen Ansatz, der den Abbau von Bürokratie in den Mittelpunkt stellt. Mit der Einführung der DeutschlandID und einem durchgängigen digitalen Datenaustausch will die SPD Verwaltungsverfahren vereinfachen und sicherstellen, dass Leistungen wie das Kindergeld automatisch gewährt werden.

Weitere Ziele der Sozialdemokraten sind die Modernisierung von Registern und die Förderung plattformbasierter Lösungen. Die Partei betont zudem die Notwendigkeit eines Ministeriums, in dem alle Zuständigkeiten der Verwaltungsmodernisierung gebündelt werden. Außerdem soll der öffentliche Dienst attraktiver gestaltet werden, zum Beispiel durch Homeoffice und lebenslanges Lernen für Verwaltungsmitarbeitende.

Viele der Themen aus dem Wahlprogramm sind nicht wirklich neu und ähneln dem vorherigen. Bei vielen Forderungen bleibt die SPD zudem unkonkret. Trotz des Vorschlages, die Verwaltungsdigitalisierung zu bündeln, ist sie zurückhaltend bezüglich eines Digitalministeriums und lässt damit viel Interpretationsspielraum für eine konkrete Umsetzung. So bleibt beispielsweise die Rolle der Kommunen - die Hauptschnittstelle zu Bürgerinnen und Bürgern - bei Modernisierungsvorhaben der Verwaltung weitgehend ungeklärt. Für einen bürgernahen Ansatz könnte die Entwicklung eines Förderprogramms, um kommunale Verwaltungen bei der Umsetzung zentraler Digitalisierungsmaßnahmen zu unterstützen, konkret helfen. 

Bündnis 90/Die Grünen wollen nachhaltige Digitalisierung und föderale Kooperation

Die Grünen betonen in ihrem Wahlprogramm einen holistischen Ansatz, der auf eine nachhaltige und föderal koordinierte Digitalisierung zielt. Ein zentraler Vorschlag ist eine Deutschland-App, die sämtliche staatlichen Verwaltungsangebote sicher und barrierefrei verfügbar machen soll. Dahinter, so der Wunsch der Grünen, steht eine modulare IT-Architektur, die eine nahtlose Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen ermöglichen soll.

Auch die Grünen setzen auf die Registermodernisierung und wollen Datentools einführen, bei denen Bürgerinnen und Bürger ihre Daten nur einmal einpflegen müssen. Darüber hinaus wollen sie antragslose Verfahren und eine Innovationskultur in der Verwaltung etablieren, die Experimentierfreude und risikobasierte Entscheidungen durch höhere Ermessensspielräume fördern soll. Zudem steht für die Partei eine stärkere Nutzung von Open-Source-Lösungen und eine nachhaltige Digitalisierungspolitik im Fokus.

Die vermehrte Nutzung von Open-Source-Software klingt auf dem Papier nach einer guten Idee. Zwar reduziert dies die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern, dafür entsteht eine Abhängigkeit von internen oder externen Expertinnen und Experten, die die Software supporten und weiterentwickeln müssen. Besonders vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels im IT-Bereich werden Behörden Schwierigkeiten haben, genug qualifizierte Entwicklerinnen und Entwickler für die Betreuung und Anpassung von Open-Source-Software zu finden. Stattdessen scheint ein Hybridmodell, das Open Source mit kommerziellen Lösungen kombiniert, sinnvoll. Open-Source-Software bietet eine solide Basis für Flexibilität und Kosteneinsparungen, während kommerzielle Anbieter spezialisierte Lösungen bereitstellen. Zugleich fördert die Zusammenarbeit mit Start-ups und Unternehmen aus der Region die Innovationskraft und schafft einen Mehrwert, da bereits viele praxistaugliche und erprobte Lösungen für Verwaltungsprozesse entwickelt wurden.

AfD ohne ausgereiftes digitalpolitisches Konzept

Auch wenn sich alle demokratischen Parteien deutlich gegen die Zusammenarbeit mit der AfD ausgesprochen haben, wird die AfD als größte Oppositionspartei durch die Beantragung von Untersuchungsausschüssen und einen eventuellen Vorsitz im Haushaltsausschuss dennoch Einfluss nehmen können. Ein ausgereiftes digitalpolitisches Konzept sucht man bei ihr jedoch vergeblich. Stattdessen beschränken sich ihre Forderungen größtenteils auf Kritik an aktuellen Regulierungen des Bundes und der EU.

Die Positionen der AfD gegen Einwanderung würden im Hinblick auf den Fachkräftemangel eine Schwächung der wirtschaftlichen Stärke und Innovationskraft im öffentlichen Sektor bedeuten. Aus der bisherigen Arbeit der AfD in Ausschüssen und Plenardebatten können wir mit der Fortsetzung bewusster Provokationen für Social-Media-Content und einer allgemeinen Blockadehaltung rechnen, mit dem Ziel, die übrigen Parteien vermeintlich "bloßzustellen".

Modernisierung der Verwaltung ist unausweichlich

Klar ist, dass bis 2030 in der öffentlichen Verwaltung 1,3 Millionen Beschäftigte fehlen werden. Und auch, dass die Modernisierung der Verwaltung unausweichlich ist, um diesen Personalmangel abzufedern und einen "schleichenden Blackout" zu verhindern. Denn eine funktionierende öffentliche Verwaltung ist die Voraussetzung für Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Politik, des Staates und der Demokratie. 

Fünf Jahre sind es jetzt noch bis zu dem geschilderten Szenario. Zeit genug also für die neue Bundesregierung, um einiges zu bewirken, die Modernisierung in der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben und einen echten Unterschied zu machen. Hierfür lohnt sich eine Zusammenarbeit mit Akteuren aus dem GovTech-Sektor, um Deutschland zum europäischen Vorbild für eine moderne, digitale Verwaltung zu machen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob es der neuen Bundesregierung gelingt, die nötigen Maßnahmen umzusetzen, um den digitalen Wandel überzeugend zu gestaltet.

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