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2021 | OriginalPaper | Buchkapitel

3. Institutionelle Architekturen auf transnationaler Ebene in Europa und Nordamerika

verfasst von : Simon Haas

Erschienen in: Transnationale Klima- und Energie-Governance

Verlag: Springer Fachmedien Wiesbaden

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Zusammenfassung

 Im ersten Teil der Analyse werden die institutionellen Architekturen auf der Makroebene in der Europäischen Union und Nordamerika gegenübergestellt. Dabei werden erhebliche Unterschiede im Institutionalisierungsgrad als unabhängiger Variable deutlich: Während das Zwangsverhandlungssystem der EU eine homogene Entscheidungsarena mit verlässlichen Regeln und supranationalen Akteuren bereitstellt, findet sich in Nordamerika eine hohe Varianz an politikfeldspezifischen Entscheidungsarenen.

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Fußnoten
1
Einen kompakten Überblick über die Entwicklung des Vertragsrechts bieten neben anderen Nugent (2010, S. 55–80) und Wessels (2008a, S. 90–99). Ausführlicher: Craig u. Búrca (2011, S. 155–215).
 
2
Auf die Implikationen der Zuordnung der Energiepolitik zum Bereich der geteilten Zuständigkeiten wird in Abschnitt 3.1.3. eingegangen.
 
3
Vgl. dazu die Ausführungen im Kapitel zum Rat der EU.
 
4
Seit der Etablierung des sogenannten Trio-Formats 2006 ist auch die Regierung, die jeweils die Ratspräsidentschaft innehat, nicht mehr völlig frei beim Setzen inhaltlicher Schwerpunkte. Stattdessen wird, um eine gewisse Kontinuität zu gewährleisten, von jeweils drei Mitgliedstaaten, die nacheinander die Präsidentschaft stellen, eine Agenda für 18 Monate erarbeitet (Batory u. Puetter 2013).
 
5
Im Kollegium Ursula von der Leyens kommen die drei mit umfangreichen Ressorts ausgestatteten exekutiven Vizepräsidenten nicht aus großen Mitgliedstaaten; allerdings beinhaltet das Personalpaket, das erst zum Vorschlag von der Leyens als Kommissionspräsidentin führte, EU-Spitzenposten für Deutschland (Kommissionspräsidentin), Frankreich (EZB-Präsidentin), Italien (Parlamentspräsident) und Spanien (Außenbeauftragter) (Beisel u. Kolb 03.07.2019).
 
6
Basierend auf der durch den Lissabon-Vertrag etablierten Vorgabe an den Europäischen Rat, bei der Nominierung des Kommissionspräsidenten das Ergebnis der Wahlen zum Europäischen Parlament zu berücksichtigen (Art. 17 Abs. 7 EUV), stellten die größeren Parteien bei der Europawahl 2014 erstmals Spitzenkandidaten auf, wobei entgegen der Vorbehalte einiger nationaler Regierungen (Busse 06.05.2014) tatsächlich der Kandidat der konservativen Europäischen Volkspartei, Jean-Claude Juncker, zum Kommissionspräsidenten gewählt wurde. Auch bei den Wahlen 2019 wurden von den meisten im Europäischen Parlament vertretenen Parteien Spitzenkandidaten benannt, von denen jedoch keiner vom Europäischen Rat als Kommissionspräsident vorgeschlagen wurde (Beisel u. Kolb 03.07.2019).
 
7
In der Kommission der Periode 2019 bis 2024 ist dem Umweltkommissar Virginijus Sinkevičius zusätzlich die Generaldirektion MARE (Maritime Angelegenheiten und Fischerei) unterstellt.
 
8
Als Geldbuße für einen Verstoß gegen das Kartellrecht durch mehrere Hersteller von Lastwagen verhängte die Kommission im Juli 2016 gegen mehrere Unternehmen eine Strafe von insgesamt 2,9 Milliarden Euro (Kirchner 20.07.2016). Im Juni 2017 verhängte die Generaldirektion Wettbewerb eine Geldbuße von 2,4 Milliarden Euro gegen Google – die bislang höchste Wettbewerbsstrafe gegen ein einzelnes Unternehmen (Kirchner 28.06.2017).
 
9
So verursachte im Jahr 2019 die Entscheidung, die von den Regierungen in Berlin und Paris explizit befürwortete Fusion zwischen den Zugsparten von Siemens und Alstom zu untersagen, erhebliches Aufsehen und befeuerte eine Debatte über eine Reform des Wettbewerbsrechts – ein Hinweis darauf, dass eine harte Auslegung des Wettbewerbsrechts durch die Kommission auch Folgen für deren Kompetenzausstattung haben könnte (Klimm u. Mühlauer 07.02.2019).
 
10
Dies vermag angesichts der Ursprünge der Kommission in der Hohen Behörde der EGKS und der Kommission der Europäischen Atomgemeinschaft zunächst überraschen; allerdings ermöglichten EGKS und Euratom keine kohärente Energiepolitik im Sinne der Fragestellung der Studie. Die EGKS bemühte sich um die Koordination des Niedergangs der Schwerindustrie; EURATOM ist primär mit technischen Aspekten der Atomenergienutzung befasst, während die nationalen Regierungen auf ihre Souveränität in diesem Bereich pochen (Buchan 2010, S. 358).
 
11
Den Umfragedaten der European Parliament Research Group der London School of Economics zufolge spricht sich jeweils eine deutliche Mehrheit der Mitglieder des Europäischen Parlaments für eine Ausweitung der Kompetenzen des EP in den Bereichen Gesetzgebung und Besetzung der Kommission aus. Jeweils etwa 75 Prozent fordern ein Initiativrecht für das Parlament sowie eine vollständige Gleichberechtigung mit dem Rat in der Legislative. Knapp 80 Prozent der befragten Abgeordneten sprechen sich für ein Recht des Parlaments aus, einzelne Kommissare abberufen zu können. Etwa 60 Prozent befürworten zudem, dass das Nominierungsrecht für den Kommissionspräsidenten vom Europäischen Rat auf das Parlament übergeht (Farrell et al. 2011).
 
12
Für einen knappen Überblick über die Veränderung der Wahlverfahren vgl. Sonnicksen 2014, S. 124.
 
13
Das Konzept eines pluralistischen Interessenwettbewerbs schließt nicht aus, dass dieser Wettbewerb bestimmten qualitativen Regeln unterliegt, was beispielsweise die Art und Weise der Einflussnahme auf Entscheidungsträger betrifft (Krick 2014).
 
14
Beispielsweise regelt Art. 42 AEUV (Art. 37 EGV Amsterdam/Nizza; Art. 43 EGV Maastricht) die Anhörung des EWSA bei der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU. Weiter ist der EWSA unter anderem bei Gesetzgebungsprozessen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 46 AEUV), zur Niederlassungsfreiheit (Art. 50 AEUV; Art. 44 EGV Amsterdam/Nizza; Art. 54 EGV Maastricht) sowie zur Verkehrspolitik (Art. 91 AEUV; Art. 71 EGV Amsterdam/Nizza; Art. 75 EGV Maastricht) anzuhören.
 
15
Die Zahl der Agenturen stieg auch deshalb erst ab Beginn der 1990er Jahre merklich an, weil zuvor eine enge Auslegung der 1958 vom EuGH formulierten „Meroni-Doktrin“ eine Delegation von Kompetenzen an unabhängige Agenturen weitgehend verhindert hatte (Hustedt et al. 2014, S. 148).
 
16
Eine Übersicht stärker formalisierter Netzwerke findet sich bei Hustedt et al. (2014, S. 200–201), eine etwas umfassendere Aufstellung bei Levi-Faur (2010, S. 32–35).
 
17
Auf den EuGH wird in diesem Abschnitt nicht mehr vertieft eingegangen, weil seine Rolle als Akteur in EU-Entscheidungsprozessen bereits in Abschnitt 3.1.1. hinreichend analysiert wurde. An dieser Stelle sei daher lediglich darauf verwiesen, dass der EuGH in Fällen vermuteter Rechtsverstöße als Akteur zu berücksichtigen ist.
 
18
Der relative Anteil des Kodezisionsverfahrens an den Legislativverfahren lag in der vierten Wahlperiode des Parlaments von 1994 bis 1999 noch bei 21 Prozent, in den folgenden beiden Perioden betrug er knapp die Hälfte. Auch bedingt durch einen Rückgang der Konsultationsverfahren in absoluten Zahlen nach dem Lissabon-Vertrag folgte in der siebten Wahlperiode ein sprunghafter Anstieg auf 89 Prozent (Europäisches Parlament 2014k, S. 5); in der achten Wahlperiode sank dieser Wert leicht auf knapp 86 Prozent (Europäisches Parlament 2019, S. 6).
 
19
Erst der AEUV nach Lissabon spricht explizit von „Lesungen“ und strukturiert damit das Verfahren in formaler Hinsicht übersichtlicher. Eine substanzielle Veränderung der Einflussmöglichkeiten von Rat und Parlament erfolgt dadurch aber nicht.
 
20
Die Subsumption des Verfahrens zur Aufstellung des Haushaltsplans unter dem Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren ist formaljuristisch strittig (Bieber 2015), schon weil sein Ergebnis in der Rechtsform von der üblichen EU-Systematik abweicht: Im Gegensatz zum mehrjährigen Finanzrahmen ist der Haushaltsplan keine Verordnung, sondern ein Erlass. Allerdings weicht das Verfahren im Hinblick auf das Machtverhältnis der beteiligten Akteure nicht so erheblich vom Ordentlichen Gesetzgebungsverfahren ab, dass dies eine gesonderte Erfassung im Rahmen dieser Analyse rechtfertigen würde.
 
21
Besonders hart wurde etwa um die Kompetenzen des Parlaments im Komitologie-System gerungen: Nach der Einführung des Kodezisionsverfahrens im Maastricht-Vertrag blockierte das EP alle Rechtsetzungsverfahren, die ein Regelungsverfahren bei der Implementation (vgl. dazu das folgende Unterkapitel) beinhaltet hätten, und fror zeitweise sogar das Budget für die Komitologie ein, um vom Rat eine umfassendere Beteiligung an Komitologie-Verfahren zu erzwingen – mit begrenztem Erfolg (Bergström 2005, 221-223, 241-242; Bergström et al. 2007, S. 355–356).
 
22
Kommission und Parlament drängten auf eine stärkere Formalisierung und verbindliche Kriterien für die einzelnen Verfahren. Der Rat behielt sich hingegen in seiner Entscheidung den genauen Zuschnitt der Implementationszuständigkeiten im Einzelfall explizit vor (Bergström 2005, S. 197).
 
23
Das Regelungsverfahren ähnelt damit der Gemeinschaftsmethode, allerdings ohne Einbezug des Parlaments (Bergström 2005, S. 200).
 
24
Das System der Komitologie stellte im Verlauf der Geschichte der Europäischen Gemeinschaften zweifelsohne einen der am härtesten umkämpften Aspekte dar. Detaillierte Darstellungen der interinstitutionellen Auseinandersetzungen in den 1990er Jahren finden sich unter anderem bei Bergström (2005, S. 209–248) sowie Héritier et al. (2013, S. 33–38).
 
25
Zeitgleich bestehen Teile des alten Komitologie-Systems fort, auch wenn sich Parlament, Rat und Kommission zu einer entsprechenden Anpassung der Basisrechtsakte verpflichtet haben.
 
26
Ausführliche Darstellungen der Aushandlungsprozesse finden sich u.a. bei: Brandsma u. Blom-Hansen (2012) sowie Christiansen u. Dobbels (2013).
 
27
Sekundärrechtlich geregelt durch VO 182/2011. Der Wechsel vom Instrument des Ratsbeschlusses zu einer von Rat und Parlament gemeinsam erlassenen Verordnung drückt aus, dass sich das Dokument nicht nur an einen beschränkten Adressatenkreis richtet, sondern EU-weit rechtsverbindlich gilt (Héritier et al. 2013, S. 53–54).
 
28
Die Zuordnung zum Typus der Zwangsverhandlung bezieht sich dabei auf den einzelnen Entscheidungsprozess. Grundsätzlich besteht für die einzelnen Mitgliedstaaten – wie das Beispiel des Vereinigten Königreichs illustriert – sehr wohl die Option eines Ausscheidens aus dem gesamten Verhandlungssystem. Für die jeweils analysierte Entscheidungsfindung in einem gegebenen Regelungsbereich spielt diese Möglichkeit aufgrund der hohen Hürden für ein Ausscheiden aus der Union und der unabhängig davon bestehenden rechtlichen Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten keine Rolle.
 
29
Majone beobachtet, dass sich in Folge der in den USA und Kanada begonnenen Deregulierungsbestrebungen die Quellen der Staatsmacht von der Steuer- und Ausgabenpolitik auf die Regelsetzung verlagern. Der regulatory state ist damit auch ohne umfangreiche budgetäre Kompetenzen handlungsfähig (Majone 1997, S. 146–150). Der Haushalt der EU zeigt diese eingeschränkte Handlungsfähigkeit im Bereich der (Re-)Distribution deutlich: Im Jahr 2015 betrug das Gesamtbudget mit etwa 162 Milliarden Euro nur gut ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts der EU (Europäische Kommission 2016d; Eurostat 2016). Gleichwohl ist dieser Fokus auf die EU einseitig, weil die Mitgliedstaaten nach wie vor distributiv und redistributiv tätig sind, wobei die EU-Ebene in das Ausgabenverhalten ihrer Mitgliedstaaten kaum regulierend eingreifen kann.
 
30
Das NAFTA-Nachfolgeabkommen USMCA wurde am 30. November 2018 von den Regierungschefs der drei nordamerikanischen Staaten unterzeichnet. In den USA wurde die Ratifizierung Ende Januar 2020 abgeschlossen, in Kanada und Mexiko war der Ratifizierungsprozess zu diesem Zeitpunkt noch im Gange (Burfisher et al. 2019, S. 4; Swanson u. Tankersley 29.01.2020).
 
31
Im Fall des Kapitel 10 umfasst die Liste 75 Kandidaten, von denen jeder Mitgliedstaat 25 auswählt (Annex 10-B.1 USMCA). Im Fall des Kapitels 31 wird im Konsens eine Liste mit 30 Kandidaten erstellt und aktualisiert (Art. 31.8 USMCA).
 
32
Ohnehin schien die Commission on Labor Cooperation zuletzt weitgehend inaktiv: Die Website des Nebenabkommens, auf die von den Onlineauftritten nationaler Behörden nach wie vor häufig verwiesen wird, ist nicht mehr existent. Auch verliefen in jüngster Zeit mehrere Beschwerdeverfahren gegen vermutete Verstöße gegen das Abkommen im Sande: Beispielsweise führte eine Beschwerde Mexikos über menschenverachtenden Umgang mit mittelamerikanischen und mexikanischen Bauarbeitern durch US-Firmen nicht einmal zu einem Zusammentreten des Rates der CLC und blieb vom US-Arbeitsministerium schlicht unbeantwortet (Brennan Center 2009).
 
33
Mit Blick auf die thematische Reichweite bildet die einzige nennenswerte Ausnahme die Security and Prosperity Partnership, der dezidiert eine große Bandbreite an Kooperationsbereichen zugrunde gelegt wurde. Auch diese Initiative erwies sich gleichwohl als kurzlebig.
 
Metadaten
Titel
Institutionelle Architekturen auf transnationaler Ebene in Europa und Nordamerika
verfasst von
Simon Haas
Copyright-Jahr
2021
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-35570-8_3