Der Beitrag expliziert Interkulturelle Kompetenz gemäß der beruflichen Weiterbildungsforschung als Handlungsvermögen, auf das Personen zur Bewältigung beruflicher Anforderungen zurückgreifen können. Die Unterscheidung von handlungsfeldübergreifenden und handlungsfeldspezifischen Anforderungen verdeutlicht, dass Interkulturelle Kompetenz sich nicht auf bestimmte personale Eigenschaften und Fähigkeiten und auch nicht auf handlungsfeldübergreifende psycho-soziale Kompetenzen reduzieren lässt, sondern je nach beruflichem Handlungsbereich eine spezifische interkulturelle Fachlichkeit erfordert, die ganz wesentlich den Erfolg und die Nachhaltigkeit interkulturell kompetenten Handelns zum Beispiel als Ärztin in einem Flüchtlingslager, als Polizist in einem Migrantenviertel oder als Managerin im Auslandseinsatz bestimmen. Die Autoren entwickeln hierzu ein Rahmenkonzept zur Erfassung interkultureller Kompetenzen, das fünf Kompetenzbereiche mit interkultureller Relevanz unterscheidet. Aus diesen Kompetenzbereichen sind je nach Berufsfeld und spezifischen Anforderungssituationen unterschiedlich gewichtete Elemente und Kombinationen von Eigenschaften und Fähigkeiten gefordert. Das Modell bildet die Grundlage für ein subjekttheoretisch bzw. soziokonstruktivistisch begründetes Konzept interkultureller Kompetenzentwicklung. Dieses wird anhand von Kriterien und Gestaltungshinweisen für die Bereiche der interkulturellen Weiterbildung bzw. Organisationsentwicklung weiter konkretisiert.
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Spencer-Oatey und Franklin (2009) bauen ihr Buch konsequent nach diesem Dreischritt auf: Konzeptualisierung, Assessment und Entwicklung interkultureller Kompetenz.
Welsch (2020: 16) hat hierzu eine interessante Übersetzung seines Konzeptes von Transkulturalität geliefert: „Wozu rät das ‚Transkulturalitätskonzept‘? Was ihm zufolge problematisch ist (und wogegen ich mich ausgesprochen habe), sind geschlossene Kugeln, insbesondere die Nationalkugeln. Aber nichts spricht gegen durchlässige Verankerungen, gegen gleichsam geöffnete Kugeln, die etwa regionalen Eigenheiten oder sprachlichen Gemeinsamkeiten entsprechen, die einerseits tatsächlich so etwas wie Geborgenheit, Sicherheit, Heimat geben können – die dies aber andererseits weder auf Kosten anderer Heimaten noch durch gewaltsame Festzurrung auf die eigene Identität tun. Sondern die auch andere Verankerungen zulassen und es den Menschen erlauben, sich in verschiedenen Atmosphären heimisch zu fühlen. Warum soll jemand nicht ein die heimischen Berge liebender Oberbayer, und zugleich ein Anhänger der italienischen Küche, ein Freund meditativer Praktiken und ein Baseball-Liebhaber sein? Noch einmal anders ausgedrückt: Es ist gut, ein Standbein zu haben, und für viele bildet die lokale, regionale oder nationale Identität dieses Standbein. Aber das Standbein soll nicht zum Klumpfuß werden. Es soll vielmehr auch zusätzliche und weiter ausgreifende Bewegungen des Spielbeins erlauben, es soll Offenheit für Anderes ermöglichen und nicht ausschließen.“
Straub kritisiert auch, in Deardoffs Modell werde interkulturelle Kompetenz letzten Endes lediglich „auf der Basis der Mehrheitsmeinung ausgewählter Leute“ (Straub, 2018: 18), also der von Deardorff befragten 23 US-amerikanischen Wissenschaftler bestimmt. Deardorff weist selbst auf diese grundsätzliche Schwäche der Delphi-Technik hin, ohne daraus aber Konsequenzen für die Interpretation ihrer Ergebnisse zu ziehen (vgl. Deardorff 2004: 111).
In der Deardorff-Liste tauchen z. B. die Komponenten ‚flexibility‘ und ‚cognitive flexibility‘, ‚cultural self-awareness‘ und ‚mindfulness‘ auf, ohne dass auf das Problem der Trennschärfe näher eingegangen wird (Deardorff 2006: 14).
Siehe dazu die skeptisch-nüchterne Besprechung solcher Verfahren bei Deller und Albrecht (2007: 750–751). Die Autoren sehen die Eignung dieser Verfahren für die Personalauswahl kritisch, halten sie aber als Instrument zur Anregung von Selbstreflexion und im Kontext von Coachings für durchaus nützlich.
Hier lassen sich drei- bzw. vierdimensionale Modelle unterscheiden, die die hier genannten einzelnen Dimensionen jeweils unterschiedlich zuordnen (Hellwig 2008: 74).
Wir konzentrieren uns hier auf den Bereich der Weiterbildung (ausführlich hierzu Groß, 2019b). Ähnliche Überlegungen ließen sich auch für verwandte Formen wie Beratung oder Coaching anstellen.
Zur Forschungslage vgl. Reinmann-Rothmeier und Mandl (2001), Mandl et al. (2004) und Wittwer (2006: 196–197), für den interkulturellen Bereich vgl. Leenen (2007).
Neben allgemein lernförderlichen Rahmenbedingungen einer Organisation, deren positiver Einfluss auf das Lernverhalten und Einstellungen belegt ist (Friebe 2005: 39), ist hier auch die Positionierung des interkulturellen Themas in der Organisation gemeint.