Die Nachfrage nach Krediten zur Finanzierung von Investitionen im Mittelstand sinkt seit Jahren kontinuierlich, zeigen Zahlen von KfW Research. Was sich positiv auf die Bonität und die Eigenkapitalquote auswirkt, birgt aber Nachteile für die Umsetzung komplexer Transformationsprojekte.
Dass Mittelständler ihre Investitionen nicht mehr so häufig über einen Bankkredit finanzieren hat positive Auswirkungen auf die Bilanzstruktur der Unternehmen.
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Zwischen 2004 und 2023 hat sich der Anteil mittelständischer Unternehmen, die Bankkredite zur Finanzierung ihrer Investitionen nutzen, fast halbiert. Er ist von 40 Prozent auf 23 Prozent gefallen. Für die Volkswirte von KfW Research stellt dieser Trend einen tiefgreifenden Wandel in der traditionellen Finanzierungspraxis des deutschen Mittelstands dar, der über alle Unternehmensgrößen hinweg zu beobachten ist.
Steigende Kreditstandards sind nicht hauptursächlich
Verschärfte Kreditvergabebedingungen der Finanzinstitute sind allerdings nicht der Hauptgrund für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), auf ein Bankdarlehen für notwendige Investitionen zu verzichten. Laut der im Februar veröffentlichten Auswertung des KfW-Mittelstandspanels treten immer weniger Firmenkunden in Kreditverhandlungen mit ihren Banken, weil sie sich bewusst gegen eine Fremdfinanzierung entscheiden. Sie wollen so die eigene Bonität verbessern und ihre Unabhängigkeit wahren. Zudem spiele eine gestärkte Innenfinanzierung und die damit verbundene vermehrte Nutzung eigener Mittel eine wichtige Rolle für diese Entwicklung, heißt es in der Analyse.
Auch das sich verändernde regulatorische Umfeld, das höhere Anforderungen zum Beispiel an die Offenlegung oder Sicherheiten stellt, sowie eine zunehmende Alterung der Unternehmerschaft begünstigen die Zurückhaltung bei der Kreditnachfrage. Aktuell wirken sich außerdem gestiegene Finanzierungskosten und wirtschaftliche Unsicherheiten negativ auf den Wunsch nach neuen Bankkrediten aus.
Eigenfinanzierung ist häufig Trumpf
Insgesamt hat sich das Finanzierungsklima der für das KfW-Mittelstandspanels befragten rund 15.000 Unternehmen aus allen Branchen mit einem Jahresumsatz von jeweils maximal 500 Millionen Euro in den vergangenen zwanzig Jahren grundlegend gewandelt. Mittlerweile hat laut der Wirtschaftsexperten die Eigenkapitalfinanzierung ein deutlich höheres Gewicht. Während der Anteil der Fremdfinanzierung spürbar sinkt, steigen gleichzeitig die Eigenkapitalquoten der Betriebe kontinuierlich.
Für die finanzielle Stabilität beziehungsweise Resilienz der Unternehmen sind dies grundsätzlich positive Entwicklungen. Denn ein niedriger Schuldenstand […] ermöglicht nicht nur Verluste in wirtschaftlich schwierigen Zeiten länger abzufedern. Sie stärkt auch die Bonität der Unternehmen und hilft - sofern Bedarf besteht - den Fremdkapitalzugang offen zu halten", schreiben die KfW-Research-Ökonomen.
Viele Kleinunternehmen verzichten auf Fremdkapital
Details der Analyse zeigen, dass sich der Rückgang der Kreditnutzung durch alle Größenklassen zieht: Besonders ausgeprägt ist er allerdings bei Kleinstunternehmen. Hier sank der Anteil der Betriebe, die Kreditverhandlungen führen, von nahezu 50 Prozent in den 2000er-Jahren auf nur noch rund 21 Prozent im Jahr 2023. Bei größeren Unternehmen ist die Nachfrage etwas stabiler, auch wenn es hier ebenfalls Schwankungen gibt.
Positive Auswirkungen hat der Trend auf die Bilanzstruktur der Unternehmen. Insgesamt sank der Anteil der Verbindlichkeiten gegenüber Banken und Sparkassen gemessen an den gesamten Außenständen von rund 35 Prozent beziehungsweise bei kleineren Unternehmen sogar von etwa 47 Prozent deutlich auf bis zu 18 beziehungsweise 31 Prozent. Gleichzeitig stieg die durchschnittliche Eigenkapitalquote von 18,4 Prozent im Jahr 2002 bis fast 32 Prozent im Jahr 2019.
Für große Transformationsprojekte bleiben Kredite wichtig
Dennoch bleiben Bankkredite der sinkenden Nachfrage zum Trotz wichtig für die Investitionsfinanzierung, resümieren die KfW-Fachleute. Im Jahr 2023 stammten rund zweiunddreißig Prozent des investierten Mittel - insgesamt 79 Milliarden Euro - von Banken und Sparkassen. Entscheiden sich Unternehmen für diesen Weg, macht das Darlehen häufig einen relativ hohen Anteil der Investitionssumme aus. Bei komplexen und großvolumigen Transformationsprojekten könne ein Verzicht auf Kredite sogar hemmend wirken, stellen die Experten fest. "Eine Zurückhaltung bei der Nutzung von Krediten könnte sich daher bremsend auf Transformationsanstrengungen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auswirken."
Für die künftige Bankenfinanzierung von Unternehmensinvestitionen halten es die Studienautoren für entscheidend, die Kreditbedingungen weiter anzupassen und die Zusammenarbeit zwischen Banken und Mittelstand zu intensivieren, um den steigenden Investitionsbedarf in Transformationsprozessen nachhaltig zu decken.