Skip to main content

2002 | Buch

Irreversibilität und Unternehmensstrategie

Das Konzept der Sunk Costs und seine Entscheidungsrelevanz

verfasst von: Alexandra Groß-Schuler

Verlag: Deutscher Universitätsverlag

insite
SUCHEN

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Einführung

Teil A. Einführung
Zusammenfassung
Der Zielkonflikt zwischen einem strategischen Commitment in Form einer irreversiblen militärischen Aktion und der Aufrechterhaltung einer Handlungsoption, dem sich John F. Kennedy vor etwa 40 Jahren ausgesetzt fand, steht stellvertretend für die Frage nach der Vorteilhaftigkeit der Durchführung oder des Unterlassens irreversibler Aktionen. Irreversibilität des Handelns ist ein unabänderliches Charakteristikum des menschlichen Lebens. Täglich werden wir vor Entscheidungen gestellt, die — einmal getroffen — nicht umkehrbar sind, und sei es nur die Wahl über die Einteilung unserer Zeit. Im ökonomischen Sinne können irreversibel verausgabte Ressourcen bei einem Wegfall der sie verursachenden Entscheidungsgrundlage zu Verlusten führen. Die Ökonomik hat einen Namen für dieses Phänomen: Sie spricht von „sunk costs“, einem irreversiblen Alternativenverzicht auf Grundlage einer in der Vergangenheit liegenden Entscheidung, der Verluste verursachen kann.
Alexandra Groß-Schuler

Das Konzept der sunk costs: die zwei Seiten einer Medaille

Frontmatter
1. Sunk costs als Verzicht auf Alternativen: die Kostenseite
Zusammenfassung
Was sind sunk costs? Setzt man sich mit dieser Frage auseinander, so stößt man auf eine Fülle von unterschiedlichsten Definitionen. Die historisch erste Beschreibung dessen, was später als sunk costs bezeichnet wurde, stammt aus dem Jahr 1871, wird W. Stanley Jevons zugeschrieben und war den damaligen Ökonomen in der Fassung „bygones are forever bygones“ geläufige2:
Alexandra Groß-Schuler
2. Sunk costs, Ressourcen und “capabilities”: Akkumulation eines firmeneigenen Kapitalstocks
Zusammenfassung
Bislang wurde der sunk costs-Begriff ausschließlich unter dem Blickwinkel eines irreversiblen Alternativenverzichts in Anbetracht unsicherer Zukunftsentwicklungen betrachtet. Die Bedeutung von sunk costs reduzierte sich auf die Fixierung einer bestimmten Produktionstechnik in Form von industrie-oder firmenspezifischen Anlagen und Maschinen, einer firmenspezifischen Werbe- oder Innovationsstrategie, einer firmeneigenen Organisationsstruktur, firmenspezifischen Humankapitals etc. und den Aspekt des Verlustrisikos bei Desinvestition. Sunk costs jedoch ausschließlich als Quelle potenziellen Schadens zu begreifen, hieße, auf einem Auge blind zu sein, denn dem irreversiblen Alternativenverzicht und der damit verbundenen Inflexibilität steht auf der anderen Seite auch ein Wert gegenüber: Über potenziell versunkene Investitionen wird ein firmeneigener Kapitalstock aufgebaut, es besteht demnach eine positive Beziehung zwischen sunk costs und der Akkumulation von spezifischem Kapital. Diese „andere Seite der Medaille“ und deren Konsequenzen sollen im Folgenden näher betrachtet werden.
Alexandra Groß-Schuler

Der Umgang mit Irreversibilität: Bindung und Freistellung von Ressourcen

Frontmatter
1. Sunk costs und exklusive Investitionsentscheidung: der Wert unternehmerischer Flexibilität
Zusammenfassung
Im Regelfall hat ein Unternehmer eine gewisse Entscheidungsfreiheit hinsichtlich des geeigneten Zeitpunkts einer Investition, insbesondere, wenn dieser Unternehmer auf dem relevanten Markt bezüglich der Investitionsmöglichkeit eine Monopolstellung innehat.2 Die Frage ist nun, inwiefern potenzielle Irreversibilitäten den optimalen Investitionszeitpunkt ex ante beeinflussen, wenn man eine solche isolierte Entscheidungssituation betrachtet. Am besten kann man sich dies klar machen, indem man Entscheidungsregeln, die traditionellen neoklassischen Modellen entstammen und implizit Reversibilität von Investitionen annehmen, und die Entscheidungsregel des Realoptionsmodells, welches explizit Irreversibilitäten unter Ungewissheit berücksichtigt, gegenüberstellt.
Alexandra Groß-Schuler
2. Sunk costs, Finanzierungsentscheidung und optimale Kapitalstruktur
Zusammenfassung
Das vergangene Kapitel hat gezeigt, dass sunk costs einen substanziell verzögernden Einfluss auf exklusive Investitionsentscheidungen nehmen können. Begründet wurde die auch empirisch zu beobachtende Investitionszurückhaltung vieler Unternehmen damit, dass durch den Investitionsvorgang, also die irreversible Bindung von Kapital, eine Option verloren geht, deren Wert in die Entscheidung mit einbezogen werden muss. Allerdings ist die Durchführbarkeit eines Projekts, das den kritischen Wert V * 2 übersteigt, auch von der Verfügbarkeit von Kapital abhängig. Rechtfertigen die gegenwärtigen Renditeaussichten eine sofortige irreversible Investition, tritt deshalb immer die Frage in den Mittelpunkt, ob und wie diese Investition finanziert werden kann.
Alexandra Groß-Schuler
3. Irreversibilität und Interaktion mit Marktteilnehmern im Oligopol: strategischer Einsatz von sunk costs in der Markteintrittsentscheidung
Zusammenfassung
In einer isolierten Entscheidungssituation, dann also, wenn einem Unternehmen eine Investitionsmöglichkeit exklusiv zur Verfügung steht, führt Irreversibilität grundsätzlich zu einer Verzögerung der Investitionsentscheidung, wie Abschnitt 1 des Teils C zeigte. Kann sich ein Unternehmen durch Investition keinen gesonderten Wettbewerbsvorteil verschaffen, steht ausschließlich der Kosteneffekt der Kapitalbindung und damit die „negative Seite der sunk costs-Medaille“ im Vordergrund der Entscheidung. Im Monopolfall etwa befindet sich ein Anbieter allein auf dem Markt und muss nicht befürchten, dass Konkurrenten ihm mit einer Investition zuvorkommen, deshalb kann der Wert der Warteoption voll ausgeschöpft werden.2 Dasselbe gilt für eine Situation, in der zwar Konkurrenten vorhanden sind, diese aber für den Moment über keine Substitutionsprodukte verfügen, etwa dann, wenn eine Produktinnovation durch ein Patent geschützt ist. Ferner wurde in Abschnitt 1.3.2. dieses Teils gezeigt, dass intensiver Wettbewerb nicht zwingend zu einer Änderung des Investitionsverhaltens führt, auch wenn die Warteoption wertlos ist. Da das Gewinnpotenzial auf Grund der Gefahr schneller Imitation durch aggressive Konkurrenz geringer ist, sinkt im Vergleich zum Monopolfall der Wert der Investition selbst. Sowohl der Investitions- als auch der Optionswert einer irreversiblen Investition sind folglich in starkem Maße von der herrschenden Wettbewerbssituation abhängig.
Alexandra Groß-Schuler
4. Sunk costs und Integrationsentscheidung: “Asset specificity”, Opportunismus und vertikale Firmengrenzen
Zusammenfassung
Wie das vorhergehende Kapitel zeigte, können glaubwürdige Commitments dann strategisch sinnvoll sein, wenn damit das Verhalten von potenziellen Wettbewerbern im Sinne des agierenden Unternehmens beeinflusst werden kann. Der Einsatz potenzieller sunk costs im Sinne eines Commitments ist allerdings nicht auf Konkurrenten beschränkt: Für Transaktionspartner wie Lieferanten und Kunden kann ein Ressourcencommitment als Signal für die Vertrauenswürdigkeit eines Unternehmens dienen. Durch die Verausgabung potenzieller sunk costs signalisiert das betreffende Unternehmen seine Absicht, längerfristig un Markt zu bleiben, da ein pures Abschöpfen der Gewinne durch einen “hit-and-run-entry” bei Vorhandensein von sunk costs nicht möglich ist. Kunden können aus dem Sclbstbindungsverhalten der Unternehmen z.B. Rückschlüsse auf die Qualität der angebotenen Güter ziehen und Lieferanten auf die Verlässlichkeit der Auftraggeber. Auf diese Weise kann das Vertrauen in und damit die Bindung von Kunden und Lieferanten an das Unternehmen gefördert werden.
Alexandra Groß-Schuler
5. Entscheidungsirrelevanz von sunk costs?
Zusammenfassung
Investitionsentscheidungen beinhalten in der Regel potenzielle sunk costs. Wie die vergangenen Abschnitte zeigten, gibt es viele gute Gründe, sunk costs dabei nicht zu ignorieren, sondern aktiv in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Die Abschnitte 1 bis 4 des Teils C befassten sich allerdings bisher ausschließlich mit der Frage, durch welche Überlegungen eine Investitionsentscheidung ex ante determiniert wird. Der vorliegende Abschnitt 5 dient nun dazu, den zu Beginn des Teils C bereits skizzierten Kreis zu schließen, indem die dort angesprochene Problematik der Entscheidungsrelevanz von sunk costs noch einmal aufgegriffen wird.
Alexandra Groß-Schuler

Fazit: sunk costs und Investitionsentscheidung

D). Fazit: sunk costs und Investitionsentscheidung
Zusammenfassung
Sunk costs sind ein dynamisches und doppeldeutiges Konstrukt — entsprechend tückisch gestaltet sich der Versuch, deren Rolle in der unternehmerischen Entscheidungsfindung zu beurteilen. In erster Linie sind dabei natürlich Investitionsentscheidungen angesprochen. Wer aber beim Stichwort “Investitionsentscheidung” ausschließlich an Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen im Sinne der diversen traditionellen Verfahren der Investitionsrechnung denkt, greift zu kurz: Neben der grundsätzlichen Entscheidung über die Vorteilhaftigkeit des produktiven Einsatzes von Kapital umfasst eine Investitionsentscheidung auch Finanzierungsentscheidungen, die Markteintrittsentscheidung, Reinvestitionsentscheidungen, Entscheidungen über Folgeinvestitionen in sequenziellen Projekten, die über einen strategischen Einsatz von Investitionen, über die Organisationsform einer Transaktion und damit auch die vertikale Ausdehnung eines Unternehmens sowie die Desinvestitionsentschcidung.
Alexandra Groß-Schuler
Backmatter
Metadaten
Titel
Irreversibilität und Unternehmensstrategie
verfasst von
Alexandra Groß-Schuler
Copyright-Jahr
2002
Verlag
Deutscher Universitätsverlag
Electronic ISBN
978-3-663-08067-1
Print ISBN
978-3-8244-7561-2
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-663-08067-1