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19.10.2016 | IT-Management | Interview | Online-Artikel

"Ein guter Chief Digital Officer schafft sich selbst ab"

verfasst von: Anja Kühner

3 Min. Lesedauer

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Interviewt wurde:
Kai Bender

ist Partner der Managementberatung Oliver Wyman und promovierter Informatiker

Wer sind die digitalen Feinde etablierter Unternehmen und wie können Chefs die Digitalisierung bewältigen? Eine Schlüsselrolle kommt dem Digitalvorstand zu, so Kai Bender im Interview.

Springer Professional: Woran liegt es, dass etablierte Unternehmen ein Problem mit der Umsetzung der Digitalisierung haben?

Kai Bender: Es gibt eine Vielzahl von einzelnen Herausforderungen, die zusammen genommen ein wirkliches Problem für die Unternehmen darstellen können. Zum einen fehlt es ihnen an Geschwindigkeit. Etablierte Unternehmen sind an Release-Zyklen gebunden, das heißt sie können nur zwei- bis viermal im Jahr neue Funktionalitäten einführen. Digitale Unternehmen fahren die Updates über Nacht wie beispielsweise bei Smartphones der Fall. Aber essenzieller ist, dass bei ihnen die Daten der Kunden nicht im Mittelpunkt stehen, sondern das Produkt. 

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Wie ist das zu verstehen? Der Kunde bestellt, bezahlt – und steht doch nicht im Mittelpunkt des Unternehmens?

Genau. Wenn man sich die Datenstrukturen eines Energieversorgers anschaut, dann steht der Zähler im Mittelpunkt. Bei Banken ist es das Konto, bei Telekommunikationsunternehmen die SIM-Karte. Hinzu kommt ein ausgeprägtes Bereichs- und Silodenken in Unternehmen: Der Einkaufsleiter denkt an seine Lieferanten, der Produktionschef an die Verbesserung des Herstellungsprozesses – aber keiner von ihnen hat den Kunden im Fokus. Das schlägt sich auch in den IT-Strukturen nieder und führt dazu, dass Unternehmen die aus unterschiedlichen Quellen stammenden Daten nicht zusammen bekommen. Sie gehen noch immer viel zu sehr von ihren eigenen Strukturen und Bedürfnissen aus und versuchen auch heute noch, den Kunden zu erziehen ...

... und digitale Unternehmen machen das besser?

Ja, durchaus. Ein digitales Unternehmen weiß viel mehr über seine Kunden und Nutzer und nutzt dieses Wissen. Kein Autohersteller weiß, wer wirklich mit seinem Auto fährt. Sie wissen eventuell, dass Herr X der Käufer war, aber nicht, dass der Wagen von seiner Frau und dem Sohn abwechselnd benutzt wird. Dabei wäre ein personalisiertes Login wie beim Smartphone technisch kein Problem – und damit stünden den Herstellern viel mehr Daten und Informationen zur Verfügung. Ähnliches gilt fürs Smart Home. Auch bei E-Mobilität ist noch nicht ausgemacht, wer künftig die Flotten der E-Autos managed: Werden es die Autohersteller sein, Leasing- oder Mietwagenfirmen oder die Energieversorger? Derjenige, der sich kundenzentrierter aufstellt, wird den digitalen Wettbewerb für sich entscheiden.

Sind es vor allem digitale Start-ups wie AirBnB, Netflix und Uber, die die etablierten Unternehmen gefährden?

Sicher auch. Die wahre Gefahr lauert aber nicht in Form von Start-ups, sondern droht durch bereits etablierte Wettbewerber, die bei der Digitalisierung schneller oder konsequenter vorgehen. Sie haben den Kundenzugang, die Marke und das Vertrauen der Kunden.

Was kann ein Unternehmenslenker tun, um diese digitalen Herausforderungen erfolgreich zu stemmen?

Es gibt zwei grundsätzlich unterschiedliche Ansätze: Der eine ist, die einzelnen Baustellen wie eine To-do-Liste abzuarbeiten. Da ist aber unsicher, ob dem Unternehmen die nötige Zeit dazu bleibt. Der zweite ist, parallel zum eigenen Betrieb einen digitalen aufzubauen. Das wird oft als interne Kannibalisierung angesehen, aber so bleibt zumindest ein Teil des Umsatzes langfristig im Unternehmen.

Was sind die Rollen von CIO und CDO beim Schaffen digitaler Unternehmen?

Der Chief Digital Officer (CDO) ist ein Stratege, den der Chief Information Officer (CIO) sozusagen technisch unterstützt. Derzeit verliert der CIO an Macht. Letzten Endes allerdings sollte sich ein guter CDO über die Zeit selbst abschaffen. Wenn die digitale Neuausrichtung des Unternehmens erfolgreich ist, dann ist der CDO nicht mehr erforderlich, weil sich die Organisation dank agiler Methoden selbst erneuert. Dann reicht ein klassischer CIO wieder aus.

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