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17.05.2012 | IT-Management | Interview | Online-Artikel

Die Kunst, junge Talente zu begeistern

verfasst von: Peter Pagel

4:30 Min. Lesedauer

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Teil 2 unseres Interviews mit Dr. Uwe Dumslaff, Vice President und Chief Technology Officer bei Capgemini in Deutschland.

Angesichts des drohenden Fachkräftemangels muss die IT-Branche ihre Attraktivität stärker herausstellen. Für IT-Unternehmen ist dies Chance und Herausforderung zugleich.

WuM sprach mit Dr. Uwe Dumslaff, Vice President und Chief Technology Officer bei Capgemini, darüber, wie falsche Vorstellungen über die künftigen Anforderungen in der IT-Branche den Fachkräftemangel unnötig verschärfen.

WuM: Es finden immer noch verhältnismäßig wenige Frauen den Weg in die IT-Branche. Wird da nicht ein enormes Potenzial verschenkt?

Uwe Dumslaff: Das Thema steht auf unserer Agenda und auch auf meinem persönlichen Zettel weit oben. Es steht ja nirgendwo geschrieben, dass die IT männlich zu sein hat. Ganz im Gegenteil: Je heterogener ein Projektteam ist, desto spannendere Ideen entstehen.

Hat die zunehmende Globalisierung von IT-Dienstleistungen einen Einfluss auf das klassische, männlich dominierte Rollenbild?

Wenn wir heute über ein weltweit verteiltes Projektteam sprechen, dann sind da ganz selbstverständlich die unterschiedlichsten Nationalitäten vertreten und mit einer völligen Selbstverständlichkeit auch beide Geschlechter. Es geht hier wie dort darum, die Spuren, in denen wir uns bislang bewegt haben, zu verlassen. Wie können wir aus der fundierten Informatik- oder Wirtschaftsinformatikausbildung heraus unsere Bandbreite erweitern, um dadurch besser zu werden und gleichzeitig eben auch eine höhere Attraktivität für Frauen zu schaffen?

Vielleicht ist das Bild, das viele Frauen von IT-Jobs haben, inzwischen überholt? Sie wären möglicherweise überrascht, ja sogar begeistert, wenn man stärker aufzeigt, welche Chancen sich ihnen bieten…

... und das vor allem zum richtigen Zeitpunkt. Die Entscheidung über den beruflichen Werdegang fällt häufig schon in der Mittelstufe, wo leider nur eine mittelmäßige Informatikausbildung stattfindet. Hier muss sich noch einiges ändern. Deshalb suchen wir bei Capgemini auch immer öfter das Gespräch mit Schulen, um [bereits] junge Menschen, vor allem auch Mädchen, für die IT zu begeistern.

Fehlt es den Schulen an Praxisbezug?

Ein Mangel, den ich im Blick auf die Informatik hier sehe, ist, dass junge Menschen in der Schule nichts von der Bandbreite kennenlernen, die hinter einem Job in der IT steht. Vielleicht lernt man an der Schule das Programmieren. Aber man diskutiert keine innovativen Geschäftsideen mit einem Auftraggeber, man spricht nicht über die besten Lösungen zur Unterstützung dieser Ideen, und man arbeitet nur selten daran, dass durch praktisch angewandte Informatik etwas ganz Neues entsteht, das enormen Nutzen für ein Unternehmen und Menschen bringt. Für das alles muss man zwar eine fundierte Ausbildung haben, aber die eigentliche Arbeit sind Dialog, Kreativität und Gestalten.

Künftig werden also mehr Fachleute gebraucht, die zwischen der IT-Abteilung und den Verantwortlichen für die Geschäftsentwicklung eine Art Dolmetscherfunktion wahrnehmen…

Die IT-Entscheidungen werden heutzutage fast ausschließlich mit dem Blick auf die Geschäftsentwicklung getroffen. Umso wichtiger ist es für uns als Dienstleister, wirklich die Sprache und das Geschäft unserer Kunden zu verstehen. Wir müssen das Problemverständnis mitbringen und Lösungen finden, die wiederum in der Sprache unserer Kunden auf der Geschäftsseite verständlich sind. Damit sind wir bei Spezialisten. Branchenspezialisten.

Spezialisierung zum einen in Richtung Branche, zum anderen in Richtung bestimmter technischer Anforderungen.

Richtig.

Das wäre ja etwas, was der typische Schüler sich wahrscheinlich nicht unter einem IT-Job vorstellt.

Vermutlich nicht. Aber das gilt ja auch nicht für alle Jobs in der IT. Es gibt viele technische Informatiker, die nie direkt mit Kunden zusammenarbeiten. Da geht es immer noch fast ausschließlich um die Technologie. Doch diese Form des Spezialistentums ist eben nur eine Facette – wenn sie auch sicher das öffentliche Bild bislang stark prägt. Um die IT stärker anderen Gruppen – insbesondere jungen Frauen – zugänglich zu machen, müssen wir alle Facetten darstellen.

Wo sehen Sie Ansatzpunkte, das tradierte Bild zu durchbrechen?

Wenn man schaut, wohin sich das ganze Thema Web 2.0 entwickelt, stellen wir fest, dass wir uns hier noch ganz am Anfang einer enorm spannenden, agilen Entwicklung befinden. Hier verlassen wir alle tradierten Muster der Software-Entwicklung. „Ist das Wirtschaftsinformatik?“, werden Sie fragen. Ich sage Ihnen: Was denn sonst? Wer soll es denn sonst machen, wenn nicht Software-Ingenieure? Man muss sich loslösen von den alten Informatikbildern und -mustern, wenn man hier mitmischen will.

Sie glauben, die sozialen Medien können eine neue Zielgruppe für das Thema IT begeistern?

Für junge Menschen wird das Thema Informatik [mit den sozialen Medien] auf einmal greifbar. Welcher Jugendliche ist nicht in einem sozialen Netzwerk? SchülerVZ, StudiVZ, Facebook und Google+ – das kennen sie. Man erklärt ihnen, dass es ja immer jemanden gibt, der so etwas erst möglich macht, der Netzwerke aufbaut und gestaltet. Und dann fragt man sie ganz einfach, ob sie nicht Lust haben, sich damit auseinanderzusetzen. Vielleicht hat die Informatik jetzt, da sie ein integraler Bestandteil des alltäglichen Lebens geworden ist, auch die Chance, mehr Neugier darauf zu wecken, was denn eigentlich dahintersteckt. Alle Anreize zur Beschäftigung mit IT, die in den vergangenen 20 Jahren künstlich gesetzt wurden, sind ja leider fehlgeschlagen.

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