Das auf schlüsselfertige Gebäude der Energieversorgung spezialisierte Bauunternehmen Scheidt mit Werken in Rinteln, Arnstadt und Hoyerswerda hat sein bisheriges IT-Netzwerk von Grund auf modernisiert und an die aktuellen Sicherheitsstandards der Branche angepasst.
Die bis dato eingesetzte IT-Netzwerk-Hardware war deutlich in die Jahre gekommen und es gab für sie teilweise keine Garantie mehr. Einige Wlan Access Points und Netzwerk-Switches waren nicht händelbar. Darüber hinaus führte das Fehlen eines zentralen Managements insbesondere an den regional verteilten Produktionsstandorten von Scheidt zu schwierigen Fehlerbehebungen. Dies zwang das Netzwerkadministrationsteam zu einem aufwendigen Management von Virtual Local Area Networks (Vlans), Firewalls und Prozessen sowie zu komplexen Deployments von Sicherheitsfunktionen. Vor diesem Hintergrund entschied sich die Geschäftsführung des Versorgungsstationsspezialisten, ein durchgängig modernes IT-Netzwerk zu schaffen, dessen Komponenten über eine zentrale Steuerung an allen Standorten verwaltet werden können. Im Titelinterview erläutern Chefin Georgine Scheidt und Alejandro von Fersen, Projektleiter IT-Netzwerk-Modernisierung, warum sie sich im Rahmen des IT-Projekts für die Lancom Management Cloud als zentrale Verwaltungskonsole entschieden haben und mit welchen Stolpersteinen umfangreiche Modernisierungsmaßnahmen oftmals verbunden sind.
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Frau Scheidt, Herr von Fersen, was sind die besonderen Herausforderungen in Ihrer Branche?
Georgine Scheidt: Die elektrotechnische Innenausstattung ist in den vergangenen Jahren um ein Vielfaches komplexer geworden. Die Stationen haben einen Wandel von einer „dummen“ zu einer intelligenten Station in etwa einem Jahrzehnt genommen. Somit muss sichergestellt werden, dass sich auch die Mitarbeiter des Unternehmens stetig weiterentwickeln und die Strukturen im Unternehmen an die komplexeren Inhalte angepasst werden. In Deutschland gibt es eine dezentrale Energieversorgung. Das hat zur Folge, dass es keinen Stationsstandard gibt, sondern jeder Versorger seinen eigenen Standard verfolgt. Das bedeutet, dass wir in Deutschland rund 900 verschiedene Standards kennen und berücksichtigen müssen - Standards, die sich aufgrund der immer kürzeren Halbwertszeit technischer Entwicklungen laufend verändern. Gleichzeitig unterliegt unser Produkt einer Vielzahl von Zulassungs- und Zertifizierungsverfahren - und das aus gutem Grund: Eine korrekte Installation ist das A und O, um die Sicherheit der Bediener zu gewährleisten. Aufgrund der immer kürzeren Halbwertszeit technischer Entwicklungen müssen diese Zulassungen deutlich häufiger aktualisiert werden. Dafür muss stets sichergestellt sein, dass wir ausreichend Manpower mit den entsprechenden Kompetenzen im Team haben.
Wie läuft ein Zulassungs- und Zertifi- zierungsverfahren in Ihrer Branche in der Regel ab?
Scheidt: Das Vorgehen ist sehr unterschiedlich und hängt stark vom jeweiligen Energieversorger ab, da jeder eigene technische Anschlussrichtlinien vorgibt. Daraus geht hervor, in welcher Form und in welchem Umfang Nachweise zu Prüfungen und Zertifizierungen eingereicht werden müssen - in der Regel durch akkreditierte Prüfstellen. Einige Versorger bestehen darauf, dass genau der geplante Stationsaufbau alle erforderlichen Prüfungen - wie etwa die Störlichtbogenprüfung - vollständig durchlaufen hat. Andere hingegen akzeptieren auch Analogiebetrachtungen, sofern diese nach den geltenden Normen fundiert erstellt wurden. Darüber hinaus fordern viele Versorger den Nachweis über ein gültiges Qualitäts- und Umwelt-Management-System sowie ein System für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz. Sind alle formellen Voraussetzungen erfüllt, erhält man in der Regel die Freigabe zur Errichtung einer Musterstation. Diese wird im Anschluss durch den Kunden detailliert abgenommen. Im Rahmen dieser Abnahme ist eine vollständige Produktdokumentation vorzulegen - deren Art und Umfang sich wiederum nach den technischen Spezifikationen und den Anschlussrichtlinien des jeweiligen Versorgers richten.
Wie gestaltet sich der deutsche Markt rund um Anbieter von Trafostations- und Schalthauslösungen? Wie sieht die Wettbewerbssituation aus?
Scheidt: Die Nachfrage war in den vergangenen fünf Jahren außergewöhnlich hoch. Natürlich führt das dazu, dass neue Anbieter versuchen, sich am Markt zu etablieren. Allerdings streben die wenigsten an, sich sowohl in der Betonherstellung als auch im elektrischen Ausbau zu positionieren. Es sind Anbieter entstanden, die entweder die „leere“ Betonhülle anbieten oder den elektrischen Ausbau und die Betonhülle zukaufen. Anbieter wie wir, bei denen der Kunde den Beton und die Elektrotechnik und damit die komplette Kompetenz mit wenig Schnittstellen und kurzen Abstimmungswegen aus einer Hand bekommt, sind in ihrer Anzahl überschaubar. Aus unserer Sicht stellt genau dieses ganzheitliche Vorgehen einen entscheidenden Sicherheitsaspekt dar. Wir kennen unsere Betonhülle in- und auswendig und überwachen diese stets, um sicherzustellen, dass der Beton öldicht ist, sodass im Havariefall kein Öl ins Erdreich gelangt. Wir überprüfen regelmäßig die Statik und Belastbarkeit, sodass das Risiko im Hebevorgang des Gebäudes so weit wie möglich minimiert ist. Wenn wir die elektrische Installation vornehmen, ist sichergestellt, dass sie exakt entsprechend der geprüften Stationen ausgeführt wird. Dadurch ist der Bediener bei der Inbetriebnahme oder Wartung zuverlässig geschützt.
Wie ist Ihr Unternehmen organisiert?
Scheidt: Wie bereits erwähnt, sind wir Komplettanbieter für Versorgungslösungen. Wir produzieren in drei Werken in Arnstadt, Hoyerswerda und Rinteln. Unser Know-how in den Bereichen „Betonbau“ und „Elektrotechnik“ entwickeln wir kontinuierlich weiter. Es ist unser eigener Anspruch, unseren Kunden Stationen oder Schalthäuser zu liefern, die nicht nur qualitativ einwandfrei sind, sondern auch stets den neuesten Anforderungen entsprechen - sei es in Bezug auf die technische Ausstattung im Inneren oder im Hinblick auf Ökologie und Ressourceneffizienz. Desweiteren setzen wir massiv auf den Punkt „Digitalisierung“. Wir haben drei sehr große, interne Digitalisierungsprojekte, die folgende Ziele verfolgen: einen schnellen, störungsfreien Informationsfluss intern sowie extern, Ersatz der administrativen Arbeitsinhalte durch Digitalisierung, um Kapazitäten für fachliche und wertschöpfende Inhalte zu schaffen und somit dem demografischen Wandel vorzubeugen, Qualitätssicherung sowie Effizienzsteigerung.
Wer sind Ihre Kunden und welche High Performance kann ihnen ein intelligenter Elektroausbau bieten?
Scheidt: Zu unseren Kunden zählen Stadtwerke, Energieversorger, Industrieunternehmen, Ingenieurbüros sowie Projektplaner. Dank des intelligenten Systems braucht der Kunde weniger Personal, das in der Fläche die Stationen überprüft, schaltet und wartet. Außerdem geben die ständig ausgelesenen Daten Aufschluss über den Netzzustand und werden zur Planung herangezogen. Die Planung ist dadurch deutlich erleichtert.
Was macht eine vorbildliche Versorgungs- oder Trafostation aus?
Scheidt: Sie brummt ihr Leben lang störungsfrei, erfüllt alle Norm- und vor allem sicherheitsrelevanten Anforderungen und fällt der Zivilbevölkerung, wenn möglich, gar nicht als technisches Gebäude auf.
Um auch Ihr eigenes IT-Netzwerk zum Vorbild zu machen, haben Sie es einer umfassenden Modernisierung unterzogen. Auf welcher Management-Ebene werden bei Scheidt IT-Entscheidungen getroffen?
Alejandro von Fersen: Taktische und strategische Entscheidungen werden auf Ebene der Geschäftsleitung getroffen. Die IT ist direkt der Geschäftsleitung zugeordnet, was einen regelmäßigen und unmittelbaren Austausch ermöglicht. Insbesondere bei einem Projekt dieser Größenordnung erwies sich diese enge Zusammenarbeit als besonders vorteilhaft.
Was waren die konkreten Beweggründe für die IT-Netzwerkmodernisierung?
von Fersen: Für die Modernisierung unseres Netzwerks gab es mehrere ausschlaggebende Gründe: Durch das Unternehmenswachstum der vergangenen Jahre hat sich die Netzwerkinfrastruktur kontinuierlich vergrößert, wodurch eine stabile und homogene Struktur nicht mehr gewährleistet war. Gleichzeitig war die bestehende Infrastruktur zunehmend veraltet und konnte den gestiegenen Anforderungen an Leistung und Verfügbarkeit nicht mehr gerecht werden. Auch der administrative Aufwand wuchs entsprechend und war kaum noch effizient zu bewältigen. Ein weiterer wesentlicher Faktor war das erhöhte Sicherheitsrisiko, das durch die Nutzung veralteter Technologien entstand.
Welche Ziele haben Sie sich im Rahmen der Modernisierung beispielsweise in Form eines Lastenhefts gesetzt? Welche Aspekte standen dabei besonders im Fokus?
von Fersen: Im Rahmen der Modernisierung verfolgten wir mehrere zentrale Ziele: An erster Stelle stand die Erhöhung der Sicherheit - insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Komplexität von IT-Landschaften sowie die potenziellen Bedrohungen kontinuierlich zunehmen. Zudem sollten die Leistung und Zuverlässigkeit der Infrastruktur verbessert werden. Moderne Netzwerke müssen heute flexibel und skalierbar sein, um wirklich schnell auf Veränderungen reagieren zu können. Auch wirtschaftliche Aspekte spielten eine wichtige Rolle: Durch den Einsatz neuer Hardware ließen sich die Betriebskosten reduzieren und die Effizienz steigern. Ein weiterer Fokus lag auf der Automatisierung und Vereinfachung von Wartungsprozessen. Dadurch gewinnt die IT-Abteilung Freiräume, um sich proaktiv der Weiterentwicklung der Systeme zu widmen, statt nur den laufenden Betrieb sicherzustellen.
Wie sind Sie bei der Anbieterauswahl vorgegangen?
von Fersen: Zu Beginn des Auswahlprozesses haben wir die Anforderungen und Ziele unserer Netzwerkmodernisierung klar definiert. Auf dieser Grundlage erfolgte eine gezielte Anbieterauswahl, bei der wir Angebote von relevanten Herstellern eingeholt haben. In der Angebotsphase standen zwei Hersteller zur Auswahl - zum einen der bisher eingesetzte Anbieter und zum anderen Lancom Systems.
Warum haben Sie sich schlussendlich für Lancom entschieden?
von Fersen: Die Entscheidung basierte auf den im Lastenheft definierten Kriterien sowie auf einer wirtschaftlichen Bewertung der Angebote. Ausschlaggebend für die Wahl der Lancom-Lösung war nicht nur die Lancom Management Cloud (LMC) mit ihren umfangreichen Funktionen, sondern auch das insgesamt überzeugendere Preis-Leistungs-Verhältnis. Darüber hinaus hat uns das breit aufgestellte Produktportfolio des Anbieters zusätzlich überzeugt.
Inwieweit wurden Ihre Mitarbeiter auf die Netzwerkmodernisierung vorbereitet?
von Fersen: Während der Planungsphase haben wir einige wenige Mitarbeiter eingebunden, um vor allem beim Thema „Netzwerksegmentierung“ die Funktionalität sicherzustellen.
Mit welchem Aufwand - zeitlich, personell und finanziell - ist solch eine Netzwerkmodernisierung verbunden?
von Fersen: Der zeitliche und personelle Aufwand für ein solches Projekt ist keineswegs gering - das lässt sich nicht beschönigen. Eine sorgfältige und durchdachte Konzeption bildet jedoch die Grundlage für eine effizientere Umsetzung: je fundierter das Konzept, desto reibungsloser der weitere Projektverlauf. In unserem Fall haben wir eng mit unserem Dienstleister Netzlink zusammengearbeitet und gezielt Teile der Konfiguration ausgelagert. Der finanzielle Aufwand ist stark abhängig vom Umfang der bestehenden Netzwerkinfrastruktur sowie vom Anteil der extern bezogenen Dienstleistungen.
Welche Stolpersteine bringt solch ein IT-Projekt mit sich?
von Fersen: Gerade bei der Netzwerksegmentierung gibt es viele potenzielle Stolpersteine. Unsere Empfehlung ist daher, das neue Netzwerk zunächst parallel aufzubauen. So können alle Anwendungen und Dienste systematisch getestet werden, bevor produktive Verbindungen zugelassen werden. Ein restriktives Vorgehen zahlt sich hier aus - es hilft, unnötige Freigaben zu vermeiden, und erhöht die Gesamtsicherheit.
Welche Lösungskomponenten kommen nun konkret zum Einsatz?
von Fersen: Wir haben uns bewusst für eine ganzheitliche Lösung entschieden und setzen durchgängig auf Komponenten von Lancom Systems. Zum Einsatz kommen dabei Firewalls, Backbone-Switches, Access-Switches sowie Outdoor- und Indoor-Wlan-Access-Points. Als zentrale Management-Konsole nutzen wir die Management Cloud des Anbieters, über die sämtliche Komponenten und Netzwerke einheitlich administriert und überwacht werden können.
Für Scheidt dürfte als Kritis-nahes Unternehmen das Thema „Sicherheit“ von besonders hoher Bedeutung sein. Wie wird die Sicherheit des modernisierten IT-Netzwerks gewährleistet?
von Fersen: Das Thema „Sicherheit“ sollte für jedes Unternehmen von hoher Bedeutung sein. Leider werden notwendige Schutzmaßnahmen häufig als unbequem empfunden - doch hier darf Bequemlichkeit nicht mit Leichtsinn verwechselt werden. In den vergangenen Jahren haben wir unsere Sicherheitsmaßnahmen kontinuierlich weiterentwickelt. Ein bedeutender Schritt in diese Richtung war die Modernisierung unseres Netzwerks - insbesondere mit Blick auf die erweiterten Möglichkeiten, die moderne Hardware heute bietet.
Erfolgen die Pflege und Wartung des Netzwerks durch interne Kollegen oder über den IT-Dienstleister?
von Fersen: Durch die enge Zusammenarbeit mit Lancom und unserem Dienstleister Netzlink befinden wir uns in der komfortablen Situation, bestimmte Aufgaben an den Dienstleister zu übergeben und gleichzeitig auch selbst Wartungs- und Administrationsaufgaben übernehmen zu können. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Management Cloud, die wie gesagt eine transparente und effiziente Verwaltung aller Komponenten ermöglicht.
Welche weiteren IT-Projekte, die Sie kurz-, mittel- oder langfristig angehen möchten, stehen derzeit auf Ihrer Agenda?
von Fersen: Aktuell arbeiten wir an zwei großen Projekten: zum einen an der Einführung von SAP S/4Hana, zum anderen an der Implementierung eines Product-Data-and-Lifecycle-Management-Systems (PDLM). Letzteres umfasst sämtliche Prozesse und Informationen, die für die Verwaltung des gesamten Lebenszyklus von Produktdaten erforderlich sind - von der ersten Konzeption über Design, Test und Fertigung bis hin zum Service. Ein zentrales Ziel dieses Projekts ist es, papierbasierte Produktionsunterlagen durch digitale Lösungen zu ersetzen und somit Effizienz, Nachvollziehbarkeit und Aktualität in der Produktion nachhaltig zu verbessern.
Das klingt nach einem umfassenden Wandel. Wie nehmen die Mitarbeiter diese Veränderungen auf?
Scheidt: Wie im echten Leben ist auch bei uns die Haltung zu Veränderungen sehr unterschiedlich. Wir haben eine hohe Anzahl an Mitarbeitern, die große Lust auf Veränderung und vor allem Digitalisierung hat. Die meisten von uns haben einen technischen Hintergrund und somit fällt ihnen Veränderung im Bereich „IT“ eventuell leichter als Personen aus dem kaufmännischen Sektor. Gleichzeitig gibt es Kollegen, die dem Wandel mit Respekt oder Unsicherheit begegnen. Hier liegt unsere Verantwortung darin, sie mitzunehmen, zu begleiten und Sicherheit zu geben - damit sie den Weg gemeinsam mit uns gehen können. Das Wichtigste dabei: transparente Kommunikation. Wir müssen immer wieder klarmachen, warum wir diesen Weg gehen und welche Vorteile und Chancen die Veränderungen für jeden Einzelnen und das Unternehmen insgesamt bringen.
Warum haben Sie sich für die Einführung des Enterprise-Resource-Planning-Systems (ERP) SAP S/4Hana entschieden?
von Fersen: Wir haben uns verschiedene ERP-Systeme präsentieren lassen und den Leistungsumfang der Systeme mit unseren Anforderungen abgeglichen. Für uns sind dabei die Themen „Sicherheit“, „Verknüpfbarkeit mit anderen im Einsatz befindlichen Systemen“ und „Zukunftsorientiertheit“ besonders wichtig. SAP ist ein weltweit agierendes und erfolgreiches Unternehmen und die angebotenen Lösungen haben sich in unzähligen Unternehmen bewährt. Gleichzeitig ist das Risiko einer Geschäftsaufgabe oder eines Verkaufs bei einem Anbieter dieser Größe deutlich geringer als bei kleineren Anbietern. Mit S/4Hana in der Public Cloud haben wir eine Lösung gefunden, die den Großteil unserer Anforderungen bereits ohne tiefgreifende Individualentwicklungen abdeckt. Ein weiterer positiver Effekt: Die Einführung der Cloud-Lösung zwingt uns dazu, unsere internen Prozesse kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu optimieren - ein Aspekt, der in einer Wachstumsphase besonders wertvoll ist. Denn: Wachstum bringt häufig eine heterogene Prozesslandschaft mit sich - und genau das kann sich langfristig negativ auf die Produktivität auswirken. Hier setzen wir an, um nachhaltig, effizient und zukunftssicher aufgestellt zu sein.
Wie nehmen Sie das komplexe ERP-Projekt in Angriff und mit welchem zeitlichen und personellen Aufwand rechnen Sie?
von Fersen: Wir haben für die Einführung anderthalb Jahre geplant. Das Projekt ist im Sommer 2024 gestartet, mit dem Ziel, am 1. Januar 2026 im Headquarter in Rinteln in den Echtbetrieb zu gehen. Erst wenn der Echtstart und die anschließende Stabilisierungsphase am Hauptstandort erfolgreich abgeschlossen sind, werden wir schrittweise die weiteren Standorte an das System anbinden - zunächst den zweiten, anschließend den dritten Standort. Seit dem vergangenen Jahr ist aus jeder Fachabteilung mindestens eine Person pro Woche für einen Tag für das Projekt freigestellt. Die Auswahl dieser Mitarbeiter erfolgte gemeinsam mit den Teams, da es uns wichtig war, dass die Beteiligten echtes Interesse und Motivation für das Thema mitbringen. Jeder Key-User arbeitet eng mit einem SAP-Berater zusammen, um das System fachbereichsspezifisch aufzubauen, die konfigurierten Prozesse zu testen und abteilungsübergreifend deren Auswirkungen auf interne Kunden abzustimmen. Die Key-User übernehmen eine zentrale Rolle im weiteren Verlauf des Projekts: Sie schulen ihre Kollegen, begleiten den Rollout an den weiteren Standorten und unterstützen aktiv bei der Anwenderbetreuung nach dem Echtstart.
Viele Unternehmen nutzen mittlerweile Künstliche Intelligenz (KI). Inwieweit ist das auch ein relevantes Thema in Ihrer Branche?
Scheidt: Der Einsatz offen zugänglicher KI-Systeme wie ChatGPT wird bei uns derzeit noch kritisch betrachtet. Solche Tools dürfen ausschließlich für einfache, unkritische Aufgaben wie das Verfassen von E-Mails oder von kurzen Artikeln genutzt werden. Insbesondere das Platzieren technischer oder sensibler Inhalte auf extern gehosteten Plattformen wird in unserer Branche als problematisch eingestuft. Als Teil der Energieinfrastruktur tragen wir Verantwortung für ein sicherheitsrelevantes Segment - gewissermaßen ein Stück weit das Herz unseres Landes - und müssen entsprechend umsichtig mit digitalen Werkzeugen und Datenflüssen umgehen.
Ebenso ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Aspekt in modernen Unternehmen. Wie tragen Sie als Arbeitgeber, aber auch Ihre Mitarbeiter selbst zu einem nachhaltigen Fußabdruck bei?
Scheidt: Nachhaltigkeit ist ein fester Bestandteil unserer Unternehmensstrategie. Wir führen jährlich Umwelt- und Energie-Audits durch, um kontinuierlich Einsparpotenziale und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Auf Basis der Ergebnisse konnten wir in den vergangenen Jahren unter anderem sämtliche elektronischen Endgeräte sowie die Beleuchtungstechnik durch energieeffizientere Lösungen ersetzen. Auch unser Materialeinsatz wird fortlaufend erfasst und hinsichtlich möglicher Verschwendungen analysiert. Ein besonderer Fokus liegt auf der Optimierung unserer Betonrezepturen: Ziel ist es, den Anteil von Zement und anderen CO2-intensiven Bestandteilen im Rahmen des Entwicklungsprozesses so weit wie möglich zu reduzieren. Darüber hinaus fördern wir nachhaltige Mobilität: Mitarbeiter erhalten einen Zuschuss zu Tickets für öffentliche Verkehrsmittel. Durch regelmäßige interne Audits sensibilisieren wir unsere Belegschaft zusätzlich für Umwelt- und Ressourcenthemen - insbesondere im Hinblick auf ihren eigenen Beitrag zur kontinuierlichen Verbesserung.
Wie darf man sich die Arbeiten an einer Betonrezeptur vorstellen? Haben Sie hierfür in Rinteln ein eigenes Labor?
Scheidt: Wir verfügen zwar über kein eigenes Labor, arbeiten jedoch seit vielen Jahren mit einem zuverlässigen Partnerlabor zusammen, das für uns wichtige Materialuntersuchungen durchführt. Im Fokus stehen dabei vor allem die Zuschlagstoffe wie Sand, Kies, Zement sowie Füll- und Fließmittel, die auf ihre Beschaffenheit und Eignung geprüft werden. Denn: Kies ist nicht gleich Kies und Sand ist nicht gleich Sand. Für qualitativ hochwertigen Beton braucht es exakt abgestimmte Komponenten, beispielsweise mit passenden pH-Werten, optimaler Kornverteilung und weiteren spezifischen Eigenschaften. Welche Zuschlagstoffe geeignet sind, hängt auch stark vom jeweiligen Einsatzzweck des Betons ab. Beton ist eben nicht gleich Beton. In manchen Anwendungen ist eine längere Trocknungszeit unproblematisch oder sogar erwünscht - beispielsweise, wenn eine besonders hohe Endfestigkeit erforderlich ist. In anderen Fällen, wie bei uns, kommt es darauf an, dass der Beton schnell eine hohe Frühfestigkeit erreicht, damit möglichst rasch ausgeschalt werden kann. Gleichzeitig darf die Oberfläche nicht zu Schwindrissen neigen, wie sie bei sehr schneller Aushärtung häufig auftreten. Unsere Betontechnologen entwickeln auf Basis der Laborergebnisse eine maßgeschneiderte Rezeptur, die zunächst in kleinen Prüfkörpern wie Würfeln oder Platten getestet wird. Fallen diese ersten Versuche positiv aus, folgen weitere Prüfungen - beispielsweise zur Eindringtiefe von Trafoölen und anderen anwendungsspezifischen Anforderungen.
Zum Abschluss noch ein Rat Ihrerseits: Was sollten Unternehmen in IT-Modernisierungsprojekten unbedingt vermeiden?
von Fersen: Bei IT-Projekten ist es entscheidend, sich ausreichend Zeit für die realistische Planung des Zeitrahmens zu nehmen. Ein Projekt sollte nicht überstürzt angegangen werden - aber genauso wenig darf der Rahmen unnötig großzügig bemessen werden. Wird das Projekt zu offen geplant, fehlt es häufig an Dynamik und Verbindlichkeit: Die PS kommen nicht auf die Straße, das Projekt zieht sich in die Länge, verursacht unnötige Kosten und sorgt für Frustration bei allen Beteiligten. Ebenso wichtig ist die Besetzung mit den richtigen internen Projektleitern. Es braucht Persönlichkeiten, die für das Projekt brennen, Verantwortung übernehmen und gleichzeitig die Fähigkeit haben, andere mitzunehmen, zu motivieren und einzubinden. Sie sind der Schlüssel, um aus einer Planung ein erfolgreich umgesetztes Vorhaben zu machen.