14.03.2014 | Journalismus | Im Fokus | Onlineartikel
Was der Fall Hoeneß über Skandale aussagt
Wann handelt es sich um einen echten, wann um einen von Medien inszenierten Skandal?
Robert Kneschke | fotoliaJournalisten erklären Ereignisse schnell zum Skandal. Aber nicht immer handelt es sich dabei um echte Verfehlungen wie bei Uli Hoeneß. Was PR-Abteilungen über Skandalmanagement wissen sollten.
Politiker nutzen das aktuelle Urteil gegen den Steuerbetrüger Ulli Hoeneß, um sich mit dem Thema Steuergerechtigkeit zu profilieren. Eine Debatte um verschärfte Regeln bei Selbstanzeigen von Steuerbetrügern ist entbrannt, die offenbar die Nation in zwei Lager spaltet. Und auch das Medienecho reißt nicht ab und wird in den nächsten Tagen und Wochen nicht abflachen, da die Konsequenzen für den FC Bayern derzeit noch nicht abzusehen sind. So oder so ist der Glaube in die Moral der Wirtschaftsbosse wieder einmal erschüttert worden. Das gibt der Medienberichterstattung genügend Nahrung.
Die Typologie von Skandalen
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Doch wann ist ein Skandal ein Skandal und welche Rolle spielen die Medien dabei? Wann geht es um kritische Berichterstattung und wann um medienwirksame Zuspitzung? Der Anteil der Medien an Skandalen ist hoch. Die wenigsten Sender oder Zeitungen wagen es, nicht über einen vermeintlichen Skandal zu berichten. Meist wird dadurch ein Thema erst wirklich zum Aufreger. Die Skandalforschung unterscheidet zwischen drei Medialisierungsgraden von Skandalen, so Steffen Burkhardt in dem Buchkapitel "Skandal, medialisierter Skandal, Medienskandal: Eine Typologie öffentlicher Empörung" (Seite 133 ff.).
- Skandal: Skandal ohne Medienberichterstattung, etwa die Affäre des Pfarrers mit der Haushälterin
- medialisierter Skandal: Skandal mit sachlicher Medienberichterstattung, etwa Ma-Yaohai-Skandal in China.
- Medienskandal: Von den Medien produzierter Skandal wie die Regensburg-Rede von Papst Benedikt.
"Skandalisierung lässt sich seit jeher als Kommunikationsprozess beschreiben, der durch einen postulierten Verstoß gegen den Leitcode des sozialen Referenzsystems öffentliche Empörung auslöst", so Burkhardt weiter (Seite 132). Mit anderen Worten sind gesellschaftliche Werte und Normen die Richtschnur, an der sich Skandale entzünden. Ein Regelverstoß oder Tabubruch eignet sich also hervorragend, um zum Eklat zu werden.
Die Causa Hoeneß zeigt Prinzipien des Skandal- und Krisenmangements
Hans Mathias Kepplinger unterscheidet bei den Anlässen von Skandalen materielle und immaterielle Schäden. Während in Deutschland vor allem Geld und geldwerte Vorteile zum Skandal werden - wie auch im Fall Hoeneß - ist es in England und den USA vor allem das Thema Sex. Als ein Lehrstück für gescheitertes Skandal- und Krisenmanagement gilt der Fall zu Guttenberg. Viel wurde versucht, um den Politiker im Amt zu halten. Doch die Macht der Leitmedien und die Macht des Schwarms im Web 2.0 waren zu groß, so Bernhard Pörksen und Hanne Detel in dem Buchkapitel "Skandal 2.0: Die neue Logik der Enthüllung, Schwierigkeiten der Reputationskontrolle im digitalen Zeitalter". Die Autoren empfehlen für das Skandal- und Krisenmanagement (Seite 60):
- rasche Reaktionen, um handlungsfähig zu werden
- maximale Transparenz, Aufklärung und um Verzeihung bitten
- Image- und Inszenierungstreue sichern
Viele mediale Aufreger verlaufen folgenlos. Nicht immer endet es mit Rücktritten wie bei zu Guttenberg. Manche Skandale sind einfach ein reinigendes Gewitter, andere zeigen einen fälligen gesellschaftlichen Umbruch an, so Burkhardt. Mitunter ist ein Medienskandal aber nicht anderes als viel um Lärm um nichts.