2008 | OriginalPaper | Buchkapitel
Kann Erinnerung Legitimität stiften?
verfasst von : Professor of State Theory Ulrich K. Preuß
Erschienen in: „Schmerzliche Erfahrungen der Vergangenheit“ und der Prozess der Konstitutionalisierung Europas
Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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Es gibt viele Methoden, neue politische Gemeinwesen ins Leben zu rufen: durch Krieg und Eroberung, durch Sezession, durch Revolution und, ja, zuweilen auch durch Vertrag. In Europa besteht dringlicher Anlass, über Verträge als Quelle politischer Schöpfungen nachzudenken, denn die EU ist das Geschöpf von Verträgen. Der augenblicklich — im Frühjahr 2007 — in einem vorerst unterbrochenen Ratifikationsverfahren befindliche Verfassungsvertrag sollte, wie die Inanspruchnahme des Verfassungsbegriffs bereits ankündigt, symbolisch zum politischen Gründungsvertrag der EU schlechthin werden. Was die sachliche Substanz, politische Bedeutung und juristische Bindungswirkung betrifft, so hätte man freilich bereits den am 1. November 1993 in Kraft getretenen Vertrag von Maastricht als den politischen EU-Gründungsvertrag verstehen können; doch erst mit der inzwischen abgeschlossenen Osterweiterung der EU stellte sich mit bislang ungekannter Dringlichkeit die Frage, worauf denn nun der Zusammenhalt und die Handlungsfähigkeit dieser nun noch heterogener gewordenen Union beruhen sollte: auf der Gemeinsamkeit der kollektiv erinnerten Geschichte oder auf einem gemeinsamen Projekt für die Zukunft, einer Verfassung?