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03.07.2018 | Kapitalertragsteuer | Schwerpunkt | Online-Artikel

Strafrechtliche Ermittlungen gegen Banken und Wertpapierhändler

verfasst von: Dr. Markus Adick

4 Min. Lesedauer

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​​​​​​​Banken, Wertpapierhändler und deren Mitarbeiter stehen nach wie vor im Fokus von Staatsanwaltschaften und Steuerfahndungsbehörden. Vor allem Wertpapiergeschäfte um den Dividendenstichtag (Seasonal Arbitrage-Geschäfte) sind derzeit Gegenstand zahlreicher Strafverfahren. Ein Gastbeitrag.

Inhaltlich ging es bislang vor allem um sogenannte "Cum/Ex-Transaktionen". Durch diese sind dem Fiskus mehrere Milliarden Euro an Steuern entgangen. Zwar ist bis heute nicht geklärt, ob die Transaktionen rechtswidrig waren oder ob eine Gesetzeslücke ausgenutzt wurde. Dennoch sind die Staatsanwaltschaften mit ihren Ermittlungen weit fortgeschritten. Erste Anklagen wegen Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe wurden hierzu bereits erhoben.

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Grundlagen

Kapitalerträge waren und sind in Deutschland grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 wurde zum 01.01.2009 die sogenannte Abgeltungsteuer eingeführt und gleichzeitig der Umfang der bis dahin steuerpflichtigen Kapitalerträge stark ausgeweitet.


Cum/Cum-Transaktionen im Fokus der Behörden

Die Strafverfolgungsbehörden haben jedoch weitergehend Fälle von Arbitrage-Geschäften ins Visier genommen. Insbesondere werden auch sogenannte "Cum/Cum-Transaktionen" kritisch bewertet. Hierbei handelte es sich um Aktientransaktionen, bei denen die Übertragung "mit Dividendenberechtigung" (Cum) vereinbart wird. Die anschließende Lieferung der Aktien erfolgt ebenfalls "mit Dividendenberechtigung" (Cum). Dem Erwerber wird das zivilrechtliche Eigentum noch vor oder spätestens am Tag der Hauptversammlung der ausschüttenden Gesellschaft verschafft.

Steuerlich führte dies zu einem Effekt, wenn der Verkäufer inländischer Aktien ein Steuerausländer war. Denn anders als ein Steuerinländer hatte er keine Möglichkeit, die einbehaltene Kapitalertragssteuer in voller Höhe anzurechnen. In der Regel verblieb bei ihm eine Definitivbelastung von 15 Prozent.  Diese wurde vermieden, indem die Aktien vor dem Stichtag auf einen Steuerinländer, zum Beispiel eine, übertragen wurden. Nach dem Stichtag erfolgte die Rückübertragung. Im Ergebnis wurde also gegen Entgelt eine steuerliche Anrechnungsmöglichkeit für den Steuerausländer geschaffen, die er sonst nicht gehabt hätte.

Gestaltungsmissbrauch häufig

Transaktionen dieser Art gehörten lange Zeit zum Angebot vieler Banken. Eine Rechtswidrigkeit oder gar Strafbarkeit solcher Geschäfte wurde über viele Jahre im Bankensektor ganz überwiegend nicht in Betracht gezogen. Auch renommierte steuerliche Berater hielten die Geschäfte grundsätzlich für zulässig. Im November 2016 legte das Bundesministerium der Finanzen (BMF) jedoch in einem Rundschreiben dar, welche Fälle nach Auffassung der Finanzverwaltung steuerlich als sogenannter Gestaltungsmissbrauch anzusehen sind.

Zusammengefasst liegt ein Missbrauch immer dann vor, wenn ein wirtschaftlich vernünftiger Grund für die Transaktion fehlt und der Fall insgesamt eine steuerinduzierte Gestaltung, eine Steuerarbitrage, aufweist. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn aus einer Transaktion im Wesentlichen nur ein Steuervorteil für die Parteien entsteht und das Entgelt, das die Bank beziehungsweise der Erwerber der Aktien erhält, auch hieran bemessen ist. Das BMF hat verschiedene Gestaltungen untersucht und kommt zu dem Ergebnis, dass häufig ein Gestaltungsmissbrauch vorliegt.

Strafrechtliche Risiken sind hoch

Selbst wenn bestimmte Transaktionen steuerlich als Gestaltungsmissbrauch angesehen werden, begründet allein dies nicht den Vorwurf, dass sich die Beteiligten strafbar gemacht haben. Das Risiko, dass Staatsanwaltschaften und Finanzbehörden unterstellen, zumindest bestimmte "Cum/Cum-Transaktionen" könnten als Steuerhinterziehung anzusehen sein, ist dennoch hoch. Eine Staatsanwaltschaft ist bereits dann zur Einleitung von Ermittlungen verpflichtet, wenn konkrete Anhaltspunkte es unter Berücksichtigung kriminalistischer Erfahrung möglich erscheinen lassen, dass ein bestimmtes Verhalten strafbar war.

Insbesondere wenn ein Verhalten steuerlich als Missbrauch angesehen wird, ist dieses Risiko besonders hoch. Und die kriminalistische Erfahrung der Staatsanwaltschaften und Gerichte ist nicht zuletzt durch die gerade erst bearbeiteten "Cum/Ex"-Verfahren geprägt, in denen manche Gestaltungen durchaus auf vorsätzliche Steuerhinterziehung hindeuten konnten.

Weiter Kreis betroffener Personen

Neben Vorständen sind zunächst vor allem leitende Mitarbeiter einem strafrechtlichen Risiko ausgesetzt. Letztlich ist der Kreis möglicherweise betroffener Personen jedoch weit, weil auch die Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar ist. Diese kommt in Betracht, wenn jemand durch sein Verhalten die Steuerstraftat eines anderen objektiv erleichtert oder fördert. Auch wenn es sich zumeist um äußerlich neutrale, berufstypische Verhaltensweisen wie zum Beispiel das Führen eines Depots oder Abwicklung des Wertpapierhandels handelt, erkennt die Rechtsprechung keinen grundsätzlich straflosen Bereich an. Sie fragt vielmehr im Einzelfall, ob der Betreffende wusste oder es zumindest erkennen konnte, dass er durch sein Handeln eine Steuerstraftat erleichtert oder fördert.

Die Bereitschaft, strafrechtliche Vorwürfe zu erheben, wird auch dadurch gesteigert, dass die Sachverhalte mit den Instrumenten des Strafrechts leichter zu ermitteln sind als wenn das Finanzamt ein reines Steuerverfahren führt. Insbesondere können Durchsuchungen, Beschlagnahmen etwa von E-Mails oder interner Unterlagen sowie internationale Rechtshilfe wertvolle Erkenntnisse hervorbringen, die im Steuerverfahren verwertet werden. 

Steuerstrafrechtliche Beratung nutzen

Um strafrechtliche Risiken zu reduzieren, kann es sich anbieten, die in der Vergangenheit getätigten Geschäfte auch unter strafrechtlichen Gesichtspunkten kritisch zu prüfen und gegebenenfalls freiwillig in geeigneter Form den Finanzbehörden offenzulegen. Spätestens jedoch, wenn es zur Einleitung von Ermittlungen kommt, sollte steuerstrafrechtliche Beratung eingeholt werden. 

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