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04.10.2022 | Kapitalmarkt | Nachricht | Online-Artikel

Trotz niedriger Aktienkurse ist Vorsicht geboten

verfasst von: Michael Fuchs

3 Min. Lesedauer

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Im dritten Quartal sind die Aktienkurse erneut gefallen. Damit hat sich die Talfahrt an den Börsen seit Jahresbeginn fortgesetzt. Obwohl viele Bewertungen interessant für einen Einstieg erscheinen, halten Experten eine nachhaltige Trendwende derzeit für eher unwahrscheinlich.

Die Lage bei vielen Einzelwerten ist noch wesentlich dramatischer, als es die großen Indizes andeuten. Vor allem Technologieaktien und konjunkturabhängige, zyklische Werte hat es erwischt. Sie haben nach der jüngsten Talfahrt teilweise wieder das Niveau des Corona-Crashs erreicht. Zwar verläuft der Absturz nicht so schnell wie vor zweieinhalb Jahren, sondern folgt dem Vorbild längerer Bärenmärkte. Für Anleger ist das aber kein Trost: Am Ende einer langen Verluststrecke droht oft ein höheres Minus als bei plötzlichen Einbrüchen, nach denen sich die Kurse nicht selten wieder schnell erholen. 

Es gibt noch Luft nach unten

Ein Blick auf die Kursverläufe verheißt nichts Gutes. Der Weltaktienindex MSCI World ist gerade einmal in den Bereich der Hochs unmittelbar vor dem Corona-Flash gefallen. Sollte der Index die Tiefs von 2020 ausloten, besteht noch über 30 Prozent Luft nach unten. Entsprechend vorsichtig äußern sich professionelle Investoren. 

"Obwohl die Märkte bereits viel Negatives eingepreist haben und die Bewertungen zunehmend interessant werden, sehen wir eine defensive Positionierung weiterhin als angebracht an", stellt Investmentchef Beat Thoma von der Schweizer Gesellschaft Fisch Asset Management fest. Und auch Mabrouk Chetouane, Marktstratege bei der Fondsgesellschaft Natixis Investment Managers, hält den Zeitpunkt für Aktienkäufe noch nicht für gekommen. "Erst in der ersten Hälfte des Jahres 2023 dürfte die Anpassung der Märkte an die veränderten Bedingungen abgeschlossen sein", prognostiziert Chetouane. 

Inflationsbekämpfung hat absolute Priorität

Dreh- und Angelpunkt für die Experten sind die Notenbanken. Anders als 2020 stützen die Währungshüter die Finanzmärkte nicht mehr mit einer extrem lockeren Geldpolitik, sondern drehen an der Zinsschraube. "Die US-Notenbank nennt Preisstabilität als unabdingbare Voraussetzung für langanhaltendes wirtschaftliches Wachstum", warnt Thoma. "Deshalb hat die Inflationsbekämpfung aktuell absolute Priorität." 

Diesem Vorbild folgten auch andere Notenbanken weltweit. Für die Aktienmärkte, die über Jahre hinweg mit Niedrigzinsen verwöhnt wurden, gleicht dies einer Entziehungskur. "Damit ist vorerst mit einem für die Aktien- und Kreditmärkte eher schmerzhaften weiteren monetären Normalisierungsprozess zu rechnen", so Thoma. Zumal noch keineswegs klar ist, wie weit die Zinsen steigen werden. 
 
Die Zinsanhebungen erfolgen gerade für Europa zum ungünstigsten Zeitpunkt. Im Würgegriff explodierender Energiepreise und massiver Teuerung wichtiger Produkte droht die straffere Gangart der Notenbanken die Wirtschaft gänzlich abzuwürgen. "Eine unerwartet starke Abschwächung der Konjunktur kann nicht ausgeschlossen werden, da sich die finanziellen Bedingungen weiter verschärfen dürften", merkt Chetouane an. 

Krise ist für Investoren keine Überraschung

Doch es gibt auch Hoffnungsschimmer. Anders als die Lockdown-Maßnahmen vor zwei Jahren kommt die derzeitige Krise nicht plötzlich. Die Investoren sind also vorbereitet, was sich in der eingetrübten Stimmung an den Börsen widerspiegelt. "Dies könnte ein Indikator dafür sein, dass die Märkte die schlechten Nachrichten bereits eingepreist haben", so Andrew Pease, Global Head of Investment Strategy bei Russell Investments. Die hohen Liquiditätsquoten, die Vermögensverwalter aufgebaut haben, mindern zumindest die Gefahr massiver Verkaufswellen. 

So lange dieses Geld aber nicht an die Börsen zurückströmt, ist das Potenzial begrenzt. Zwar kann es immer wieder Gegenbewegungen geben. Doch eine Trendwende ist unwahrscheinlich, bevor der Abschluss des Zinserhöhungszyklus nicht klar ist, ein Ende des Ukraine-Krieges sich nicht abzeichnet und keine Lösung für die Energiepreisekrise gefunden ist. Privatanleger sind daher gut beraten, es den Profis an der Börse gleich zu tun, und trotz verlockender Kurse, Vorsicht walten zu lassen. 

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