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21.09.2021 | Kapitalmarkt | Nachricht | Online-Artikel

Unklarer Wahlausgang belastet Aktienmärkte

verfasst von: Michael Fuchs

2:30 Min. Lesedauer

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"Politische Börsen haben kurze Beine", lautet eine Weisheit. Doch dieses Mal könnte etwas an der Aussage dran sein. Der Ausgang der Bundestagswahl am kommenden Wochenende ist unsicherer denn je und das gilt als Gift für Kapitalmärkte.

Eine Woche vor den Bundestagswahlen haben sich noch keine klaren Mehrheiten herauskristallisiert. Die einstigen Volksparteien liegen deutlich unter 30 Prozent, drei der vier kleineren Oppositionsparteien kommen auf jeweils zweistellige prozentuale Umfragewerte. Die Folge: Eine Vielzahl von Koalitionen ist zumindest theoretisch möglich. Hinzu kommt die hohe Zahl von unentschiedenen Wählern. Laut jüngstem ARD-Deutschlandtrend sind 16 Prozent der Befragten noch nicht sicher, wo sie ihr Kreuz machen werden. Angesichts der geringen Abstände zwischen den Parteien könnten diese Stimmen für Überraschungen sorgen.

Experten erwarten keinen echten Politikwechsel

Doch wie wird die Börse auf den Wahlausgang reagieren? Die DZ Bank gibt Entwarnung. Die Aktienstrategen des Hauses verweisen darauf, dass "die meisten denkbaren Regierungskonstellationen bereits in den Bundesländern" vorhanden sind. Daher könne nicht "von einem echten Politikwechsel" gesprochen werden. Doch ist es wirklich so einfach? Immerhin unterscheiden sich die Pläne der Parteien in einzelnen Punkten deutlich. Koalitionen aus zwei und mehr Parteien haben zwar meist die Eigenschaft, dass Kompromisse gefunden werden müssen und sich ein Mittelweg herauskristallisiert. 

"Die Märkte dürften auf die Mehrzahl der möglichen Koalitionen weitgehend neutral reagieren", stellen daher die Volkswirte der LBBW fest. Es gibt aber eine Ausnahme: "Eine 'R2G'-Koalition könnte für die Märkte zum Belastungstest werden", warnen die Ökonomen. Pläne für Vermögenssteuern oder sogar Vermögensabgaben, die Sympathien einzelner Vertreter für Enteignungsinitiativen und die bei der Linken gepflegte marktwirtschaftskritische Haltung stößt an den Finanzmärkten naturgemäß auf wenig Gegenliebe.

Ampel-Koalition findet bei Märkten wie Wählern Zustimmung 

Besser kommt daher ein Bündnis aus SPD, Grünen und FDP weg. Durch die Beteiligung der Liberalen könnte ein "von Börsenteilnehmern als problematisch angesehener weniger marktwirtschaftlich orientierter Kurs vermieden werden", stellt Chefvolkswirt Carsten Mumm von der Privatbank Donner & Reuschel fest. Hier liegen die Märkte auf einer Linie mit den Wählern: Laut ZDF-Politbarometer findet die Konstellation SPD-Grüne-FDP die höchste Zustimmung, während Rot-Rot-Grün den geringsten Zuspruch erhält. 

Ob der Favorit in der Gunst auch die wahrscheinlichste Variante darstellt, ist jedoch keineswegs sicher: "Es wird schwierig sein, die Kluft zwischen der von der FDP priorisierten Wettbewerbsfähigkeit und der Agenda der beiden Mitte-Links-Parteien zur Bekämpfung der Ungleichheit zu überbrücken", warnt Gilles Moëc, Group Chief Economist bei AXA Investment Managers.

Lange Koalitionsverhandlungen belasten Börse

Vor diesem Hintergrund gewinnt eine andere Frage an Brisanz: Wie lange wird es dauern, bis die neue Regierung steht? Angesichts der zahlreichen Koalitionsmöglichkeiten droht ein Verhandlungsmarathon, in dem die Parteien die unterschiedlichen Konstellationen sondieren werden. Schon die Bundestagswahl vor vier Jahren hat gezeigt, wie schwierig es ist, ein Dreierbündnis zu schmieden. Für die Finanzmärkte wäre das alles andere als gut. "Im Falle sehr langer Verhandlungen und entsprechend anhaltender Unsicherheit dürfte der politische Prozess die Börsen zumindest in Deutschland belasten", erwartet Volkswirt Mumm. Die jüngste Schwäche des deutschen Aktienmarktes könnte ein Vorgeschmack auf die weitere Entwicklung sein.

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