Vordergründig haben die Börsen die Corona-Krise gut weggesteckt. Doch die fulminante Erholung seit den Tiefs im März ist trügerisch. Experten rechnen mit einer holprigen Wegstrecke und einer Fortführung des Zick-Zack-Kurses.
Die Entwicklungen bei den Unternehmen und Märkten sind derzeit kaum einschätzbar. Dennoch setzen Experten bei der Geldanlage langfristig auf das Aktiensparen.
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Angesichts der Corona-Krise und des Wirtschaftsabsturzes treten alte Börsenweisheiten in den Hintergrund. Dabei könnte sich die Regel "Sell in May" gerade in diesem Jahr bestätigen. Fast auf den Tag genau haben die Börsen Ende April eine Korrektur eingeleitet. Damit setzt sich der Zick-Zack-Kurs der vergangenen Monate mit hohen Schwankungen fort.
Die starken Kursausschläge sind dabei der Spiegel der gegensätzlichen Kräfte, die derzeit die Märkte bewegen. Der tiefen Rezession stehen Maßnahmen von Notenbanken und Regierungen gegenüber, die noch größer ausfallen als nach der Finanzkrise. "Gemessen an der Bilanzsumme ist die Geldversorgung der Notenbanken aus den USA, Europa und Japan eindrucksvoll", kommentiert Robert Halver, Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank, die aktuelle Lage.
Die Nebenwirkungen des Shutdown sind nicht einschätzbar
Doch die Frage, ob sich ganze Volkswirtschaften wie ein Motor an- und ausschalten lassen, bleibt offen. Erst in den kommenden Monaten wird sich der Ausgang dieses Experiment zeigen und mit welchen Nebenwirkungen es verbunden ist. Zumal in vielen Staaten noch nicht einmal klar ist, wann die Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Pandemie aufgehoben werden. Nicht umsonst spricht Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater in einer Studie von einer "einzigartigen Rezession", die sich in mehrfacher Hinsicht von früheren Konjunktureinbrüchen unterscheide.
Für die Börsen bedeutet das ein extremes Ausmaß an Unsicherheit, das eingepreist werden muss. Jean-Marie Mercadal, Chef-Stratege bei OFI Asset Management, rechnet mit dramatischen Folgen für die Unternehmen und rät zu Vorsicht bei Aktien. "In einer Rezession gehen wir davon aus, dass die Einnahmen von Unternehmen um 30 bis 40 Prozent sinken könnten", so der Experte in einem Kommentar. Hinzu komme die Frage, "ob sich die Unternehmensgewinne 2021 wieder normalisieren werden."
Unternehmen müssen Gewinnerwartungen stärker nach unten schrauben
Diese Einschätzung teilt Mark Hawtin von GAM Investments. "Für mich steht fest, dass die Gewinnerwartungen noch nicht nach unten korrigiert wurden, um das Ausmaß des wahrscheinlichen Konjunkturabschwungs zu berücksichtigen", betont der Investment Director für Technologieaktien bei der Schweizer Vermögensverwaltungsgruppe in einem Marktbericht.
Entsprechend skeptisch fällt seine Prognose für die weitere Entwicklung aus. "In unserem Basisszenario gehen wir davon aus, dass die bisherige Erholung lediglich eine Gegenbewegung ist und nicht auf Fundamentaldaten beruht", so Hawtin. Angesichts der strukturellen Ähnlichkeiten zum Kursverlauf der Finanzkrise sei ein erneuter Rückschlag möglich.
Anleger müssen mit hohen Schwankungsbreiten rechnen
Der rasche Rückgang mit Beginn des Monats Mai könnte somit den Vorgeschmack auf eine unruhige Börsenphase liefern. Robert Halver rechnet "mit hohen Schwankungsbreiten und zwischenzeitlichen Kurseintrübungen". Die Rezepte gegen die neue Normalität an den Finanzmärkten sind unterdessen die alten. "Regelmäßige Aktiensparpläne bleiben erste Anlegerpflicht", rät Halver, denn "die Anlagezinsen sind keine Alternative."
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