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26.09.2018 | Kapitalmarkt | Schwerpunkt | Online-Artikel

Indikatoren einer schwächelnden Wirtschaft

verfasst von: Carmen Mausbach

4 Min. Lesedauer

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Nach der Krise ist vor der Krise. Doch welche Anzeichen geben Aufschluss über das Platzen der nächsten Finanzblase oder einer Rezession? Die amerikanische Zinsstrukturkurve gilt als ein wichtiger Indikator. 

Die Zinsstrukturkurve in den USA flacht immer weiter ab. Investoren, die ihr Geld in einjährige US-Staatsanleihen investieren, erhielten am 25.9.2018 insgesamt 2,5769 Prozent. Für eine Investition in zehnjährige US-Treasuries gab es 3,0963 Prozent und in 30-jährige US-Staatsanleihen 3,2317 Prozent. Damit macht der Zinsunterschied zwischen ein- und zehnjährigen US-Staatsanleihen gerade noch 0,52 Prozent aus.

Wie Anleger in Krisenzeiten investieren

Renditen langlaufender und kurzer US-Staatsanleihen nähern sich an Marktteilnehmer wie Wirtschaftexperten, aber auch Anleger oder Unternehmen beobachten die amerikanische Zinsstrukturkurve daher genau, denn wenn sich diese abflacht, deutet das typischerweise auf ein langsameres Wirtschaftswachstum hin. Hintergrund hierfür ist die Annahme, dass die Renditen langlaufender US-Staatsanleihen die Wachstumserwartungen der Marktteilnehmer widerspiegeln. Sinken die Renditen im langfristigen Bereich, so werden auch die langfristigen Perspektiven der US-Wirtschaft von den Marktteilnehmern eher negativ eingeschätzt. Hinzu kommt, dass Investoren ihr Vermögen in Krisenzeiten sicher anlegen möchten. Aus diesem Grund schichten sie dieses in langlaufende und nahezu risikolose Staatsanleihen um, mit der Folge, dass sich niedrigere Renditen im langfristigen Bereich ergeben.

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Eine expansive Geldpolitik soll Wirtschafts- und Finanzkrisen entschärfen und eine schnellere Erholung einleiten. Eine länger anhaltende Niedrigzinsphase entfaltet jedoch ungünstige Nebenwirkungen. 


Analysten machen darauf aufmerksam, dass sich die Differenz zwischen kurzfristigen und langfristigen US-Treasuries daher noch weiter verkleinern oder sich sogar umkehren könnte, sodass es zu einer inversen Zinsstruktur kommt. Diese ist traditionell ein Frühindikator für eine bevorstehende Rezession. Gestützt wird diese pessimistische Sichtweise durch den Bull/Bear Market Risk Indicator von Goldman Sachs, der zuletzt stark angestiegen ist und aktuell mit einer Wahrscheinlichkeit von 75 Prozent vor einem Crash am US-Aktienmarkt warnt. 

Auch die Fed beeinflusst die Zinskurve

Ob Marktteilnehmer sich nun Sorgen machen müssen, bleibt abzuwarten. Denn eine sich abflachende US-Zinsstrukturkurve könnte auch der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) und nicht einer bevorstehenden Wirtschaftsschwäche geschuldet sein. Diese hat den Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld seit dem 16. Dezember 2015 sieben Mal erhöht. Dieser liegt nun in einem Band von 1,75 bis 2,0 Prozent. Derartige Zinserhöhungsschritte beeinflussen vor allem die Renditen kurzfristiger Staatsanleihen und lassen die Zinsstrukturkurve flacher werden.

Zudem deutet die kontinuierliche Abkehr von der expansiven Geldpolitik auf eine gute Verfassung der amerikanischen Wirtschaft hin, mit zunehmenden Investitionen und einem starken Arbeitsmarkt. So lag die saisonbereinigte Arbeitslosenquote im Juli 2018 bei 3,9 Prozent, was einer Vollbeschäftigung gleichkommt. Folgt man der Theorie, so wird sich die gute konjunkturelle Verfassung jedoch spätestens dann umkehren, wenn die Arbeitnehmer höhere Löhne und Gehälter fordern. Steigen diese, gepaart mit höheren Zinskosten, führt dies wiederum zu schrumpfenden Gewinnen der Unternehmen, was zu Entlassungen führt. Aus Angst um ihre Arbeitsplätze schränken die Arbeitnehmer ihre Ausgaben ein, die Nachfrage sinkt und der wirtschaftliche Abschwung beginnt an Fahrt aufzunehmen.

Es gibt viele Gründe für eine Krise

Marktteilnehmer sollten aufgrund dieser wirtschaftlichen Zusammenhänge wachsam bleiben. Aktuell sieht es zwar nicht danach aus, dass es zu einer Rezession in den USA kommt, allerdings könnten geopolitische Schocks, die exorbitante Staatsverschuldung in den USA und andere Unwägbarkeiten wie der Ausgang des Handelskriegs mit China Turbulenzen an den Finanzmärkten auslösen und damit zu einer deutlichen Abschwächung der US-Konjunktur führen. Damit wäre es nur eine Frage der Zeit, bis eine Krise in den USA auch auf andere Länder wie etwa Europa überschwappt.  

Interessant ist, dass die in den USA losgetretene Finanzkrise dort untersucht und deren Ursachen erforscht wurden. "Für die USA gibt es einen sehr gründlichen Bericht über Krisenursachen und Krisenverlauf durch eine vom Kongress eingerichtete unabhängige Kommission", schreibt Martin Hellwig, Professor am Direktor am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn, im Leitartikel "Deutschland und die Finanzkrise(n)" der Reihe Wirtschaftsdienst (Ausgabe 9/2017). "Für Deutschland gibt es nichts Vergleichbares." Der 2009 im Vorfeld der Bundestagswahl tätige Untersuchungsausschuss des Bundestags zu Hypo Real Estate habe die Krise pauschal als Ergebnis von Fehlentwicklungen in den USA bezeichnet, denen Deutschland zum Opfer fiel – zunächst bei den Hypothekenverbriefungen und dann in der allgemeinen Panik nach dem Lehman-Konkurs. "Warum Deutschland von diesen Fehlentwicklungen stärker betroffen war als andere Länder, wird nicht untersucht, auch nicht, warum die Verantwortlichen nicht früher gegengesteuert haben", so Martin Hellwig. 

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