Das weltweiter Kapital auf Offshore-Bankkonten betrug im Jahr 2021 laut einer aktuellen DIW-Studie 14 Billionen US-Dollar - trotz internationalem Datenaustausch. Dabei spielen asiatische Finanzplätze eine immer größere Rolle.
Wer ein Offshore-Konto einrichtet, tut dies immer häufiger in Asien - wie etwa in Hongkong.
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Das Vermögen privater Haushalte, das sich außerhalb des Landes befindet, in dem die Menschen leben, hat sich laut einer aktuellen Erhebung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und des Forschungsinstituts EU Tax Observatory seit 2001 nicht wesentlich verändert. Diese sogenannten Offshore-Konten und Wertpapierdepots machten im Jahr 2021 etwa zehn Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung aus. Die Finanzvermögen betragen nach den DIW-Berechnungen weltweit rund 14 Billionen US-Dollar. Dabei laufen mittlerweile asiatische Staaten (plus 21 Prozent) der Schweiz (minus 17 Prozent) als wichtigstem Offshore-Finanzplatz den Rang ab.
Mehr Transparenz dank Panama-Papers
Dabei tauschen immer mehr Staaten automatisiert Informationen über die von Anlegern im Ausland gehalten Finanzvermögen aus, um Steuerhinterziehung zu vermeiden. Auslöser dieser Entwicklung war unter anderem die Veröffentlichung der sogenannten Panama-Papers im Frühjahr 2016.
Zwei Reporter der Süddeutschen Zeitung berichteten davon, dass ihnen die Daten hunderttausender Briefkastenfirmen anonym zugespielt worden sind, und schalteten zur Auswertung dieser Daten ein weltweites Netzwerk - das International Consortium for Investigative Journalists (ICIJ) - in Washington D. C. ein", rekapituliert Springer-Autor Reiner Sahm die Geschichte um die Enthüllungen im Buch "Steuergerechtigkeit".
Das Tax Justice Network gibt die globalen Verluste durch Steuerhinterziehung und -vermeidung durch Strukturen und Nutzer eines weltumspannenden, teilweise vor der Öffentlichkeit verborgenen Finanzsystems mit rund 483 Milliarden US-Dollar pro Jahr an - Stand 2021. "Ein Anteil von etwa zwei Drittel dieser Summe wird der Nutzung von Steueroasen durch multinationale Unternehmen zugerechnet. Der andere große Posten resultiert aus dem Verstecken von Einkommen und Vermögen reicher Privatpersonen [...]. Das sind Mittel, die unter anderem für staatliche Aktivitäten zur Wirtschaftstransformation fehlen", so Springer-Autor Johannes Wolf.
Steuerhinterziehung nicht mehr Hauptmotiv
Allerdings weist Studienautorin Sarah Godar im DIW Wochenbericht 47 / 2023 darauf hin, dass nicht alle Offshore-Finanzgeschäfte per se illegal sind. "Beispielsweise in der Vermögensverwaltung kann es auch darum gehen, dass bestimmte Finanzdienstleistungen im Inland nicht oder nur deutlich teurer verfügbar sind", erläutert die Expertin aus dem Bereich Makroökonomie im DIW Berlin und schlussfolgert:
Dass sich die weltweiten Offshore-Finanzvermögen gemessen an der Wirtschaftsleistung zuletzt kaum verändert haben, obwohl die steuerliche Transparenz deutlich gestiegen ist, deutet darauf hin, dass Steuerhinterziehung nicht oder nicht mehr das Hauptmotiv ist."
Unklar ist nach ihrer Aussage, ob die Offshore-Finanzvermögen ohne Reformen und internationalen Datenaustausch heute höher lägen. Hier fehlt es den Forschenden an Daten für eine umfassende Analyse. Die aktuellen Berechnungen erfolgten auf Grundlage von internationalen Investitionsstatistiken und beobachteter Diskrepanzen globaler Vermögen und Verbindlichkeiten.
Hongkong und Singapur immer beliebter
Diese belegen, dass Privatanleger zunehmend in Länder wie Hongkong und Singapur als Offshore-Finanzplatz nutzen. Ihr Anteil ist auf derzeit rund 40 Prozent von 20 Prozent im Jahr 2001 gestiegen. Auch wenn der größte Batzen nach wie vor aus reichen OECD-Staaten auf Offshore-Konten landet, ist das Finanzvermögen von Haushalten aus Ländern mit mittleren und niedrigen Einkommen in den vergangenen 20 Jahren gestiegen. Deren Anteil ist von 2014 bis 2021 um acht Prozentpunkte auf rund 30 Prozent geklettert.
Studienautorin Godar plädiert deshalb dafür, ärmeren Länder zeitnah Zugang zum automatischen Informationsaustausch zu ermöglichen, um Steuerhinterziehung und andere kriminelle Aktivitäten effektiv bekämpfen zu können.
Offshore-Vermögen Deutscher rückläufig
In Bezug auf Deutschland wünschen sich Godar und ihre Studienkollegen, dass die Behörden Ergebnisse vorlegen, wie erfolgreich der automatische Informationsaustausch für Deutschland war und welche Erkenntnisse sie daraus gewinnen konnten. Denn die von Deutschen gehaltenen Offshore-Vermögen sind rückläufig.
Eine Frage ist auch, ob eventuell Finanzvermögen in den Immobiliensektor verschoben worden ist. Daher ist eine wichtige politische Forderung, dass Immobilien in den automatischen Informationsaustausch einbezogen werden müssen", so die Wirtschaftswissenschaftlerin.