Ende der 1970er Jahre wurde die Frage, wie die Energieversorgung der Bundesrepublik in Zukunft aussehen könnte, immer dringlicher. Nicht nur die Club-of-Rome-Studie, sondern auch zwei Ölpreiskrisen ließen die Grenzen des Wachstums immer greifbarer werden. Eine – zumindest partielle – Substitution der fossilen Energieträger durch Kernenergie stellte offenkundig keinen Ausweg dar. Begleitet von gewalttätigen Demonstrationen erreichte die innenpolitisch prägende Konfliktphase der Umwelt-und Energiepolitik 1976/77 ihren Höhepunkt. Als 1978 auch der parlamentarische Atomkonsens an der Bewilligung der jährlichen Raten sowie einer Teilerrichtungsgenehmigung für den Bau des Schnellen Brüters (SNR300) in Kalkar – das Prestigeprojekt der Atomlobby – zerbrach, war es unabdingbar, politische Schritte einzuleiten, um zu einer gemeinsam getragenen Energiepolitik zu kommen.
Die Enquete-Kommission Zukünftige Kernenergie-Politiklegte im Juni 1980 einen Bericht vor, der einer kleinen Revolution gleichkam. Die 15 Wissenschaftler und Abgeordneten hatten sich weitgehend auf eine gemeinsame Empfehlung geeinigt, die nicht nur zeigte, dass es möglich ist, sowohl mit als auch ohne Kernenergie eine funktionierende Volkswirtschaft zu erhalten, sondern auch vier Kriterien nahelegte, nach denen über Energiesysteme zu entscheiden sei.
Die 1970er Jahre der Bundesrepublik waren von starken Umbrüchen gekennzeichnet. Während im Bereich der Energiepolitik Versorgungsprobleme und eine zunehmende Kritik an der Atomenergie neues Nachdenken veranlassten, wurden mit der kleinen Parlamentsreform 1969 grundlegende Veränderungen im Umgang mit Wissen in der Politik angestoßen.
Dies soll Reinhard Ueberhorst in einem Gespräch mit Volker Hauff und Hans Matthöfer gesagt haben, als ihm vorgehalten wurde, er sei sowieso gegen den Einsatz von Kernenergie. Unabhängig davon, ob der Dialog tatsächlich so stattgefunden hat, führt er den Gedanken vor Augen, den der Vorsitzende der Arbeit der Enquete-Kommission Zukünftige Kernenergie-Politikzugrunde legte.
Nach der kontroversen Diskussion in Politik und Öffentlichkeit kam die Enquete-Kommission Zukünftige Kernenergie-Politik also zu einem durchaus revolutionären Ergebnis. Wie aber wurde die Empfehlung in Politik, Wissenschaft und Öffentlichkeit aufgenommen, und wie wirkte sie sich auf die Kernkraftkontroverse aus? Die Ergebnisse sind rückzukoppeln mit der Institution Enquete-Kommission. Zu diesem Zweck wird der Beratungsprozess der Nachfolgeenquete unter der Leitung von Harald B. Schäfer verfolgt. Welche Schlüsse lassen sich mit Blick auf das Konzept der Wissensgesellschaft und die Expertise ziehen?