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25.01.2022 | Kernkraft | Schwerpunkt | Online-Artikel

Comeback der Atomkraft nicht nur in Europa

verfasst von: Frank Urbansky

3:30 Min. Lesedauer

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Die Pläne der EU-Kommission, Atomkraft als grün zu labeln, werden der umstrittenen Technologie zu einem Comeback verhelfen. Doch Uran bleibt knapp und teuer. Geforscht wird an Alternativen wie Thorium.

Die Nutzung der Kernenergie beruht auf der Verwendung von Uran. "Die Nutzung der Kernenergie ist untrennbar mit dem Element Uran verknüpft. Da die Umwandlung eines Elements in ein anderes auf chemischem Weg nicht möglich ist, muss das heute vorhandene Uran durch kosmische Prozesse vor bzw. bei der Entstehung der Erde entstanden sein", beschreibt dies Springer-Vieweg-Autor Hans-Josef Allelein in seinem Buchkapitel Kernkraftwerke auf Seite 99.

Empfehlung der Redaktion

2019 | OriginalPaper | Buchkapitel

Kernkraftwerke

In diesem Kapitel sollen die physikalisch‐technischen Grundlagen der Kernspaltung und deren konkrete Umsetzung in Kraftwerken vermittelt werden. Daher beinhaltet der erste Teil des Kapitels die naturwissenschaftlichen Grundlagen der Reaktorphysik …

Entsprechend selten ist das Element – und deswegen teuer. Von Juli bis September 2021 stieg der Preis von 32 US-Dollar je Britisches Pfund (Lbs) auf 44,5 US-Dollar (für Uranoxid, U3O8). Seitdem verharrt er auf diesem hohen Niveau.

Uran-Verfügbarkeit hängt am Preis

Das hängt auch mit der Verfügbarkeit des seltenen und einzigen natürlich vorkommenden, radioaktiv strahlenden Elementes zusammen. Bei dem genannten Preisniveau und einem gleichbleibenden Verbrauch sowie den bekannten Fördertechnologien würden die weltweiten Vorräte von gut 4,6 Millionen Tonnen noch 50 Jahre reichen. Erhöht sich der Preis auf etwa 60 US-Dollar, erhöhen sich durch die dadurch zur Verfügung stehenden höheren Investitionsmittel die Vorräte auf gut 11,3 Millionen Tonnen, was einer möglichen Nutzungsdauer von mehr als 100 Jahren entspräche.

Die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO nimmt an, dass sich der heutige jährliche Uran-Verbrauch von 70.000 Tonnen bis 2030 auf 140.000 Tonnen verdoppelt. Das allein macht die genannte Preissteigerung schon wahrscheinlich.

Atomfreunde in der EU in der Übermacht

Hinzu kommt die aktuelle Politik der EU. Frankreich, das 70 Prozent seines Strombedarfs aus der Kernenergie bezieht, führt ein Bündnis von atomkraftfreundlichen Nationen von Finnland, Polen, Ungarn, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Kroatien, Rumänien und Bulgarien an, die Atomkraft als grün labeln wollen. Dagegen regt sich zwar Widerstand insbesondere aus Deutschland und Österreich, aber auch aus Luxemburg, Dänemark und Portugal.

Doch die Kernkraftfreunde sind in der Mehrheit. Die neue deutsche Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat schon bestätigt, dass eine Klage gegen die von Frankreich angeführten Atombefürworter keinen Erfolg haben würde. Ähnlich sah es auch Ex-Kanzlerin Angela Merkel.

So wird die Atomkraft in der EU ein Comeback feiern und den Uranverbrauch weiter vorantreiben. Der deutsche Atomausstieg, der Ende 2021 zur Abschaltung von drei der letzten sechs Atomkraftwerke führte, erscheint aus dieser Sicht zumindest als politischer Fehler.

Großkraftwerke enden im finanziellen Debakel

Doch der Neubau neuer Atomkraftwerke in alten Größenordnungen wird kein Weg sein. In Europa gibt es hierfür hinreichend warnende Beispiele. Gerade im atomfreundlichen Frankreich hat sich der Bau des Ersatz-Kernkraftwerks Flamanville zu einer Kostenbombe entwickelt. Gebaut wird seit 2007, fertig werden soll es dieses Jahr. Die Kosten haben sich mit nunmehr 12,54 Milliarden Euro fast vervierfacht. Auch die Atom-Meiler in Olkiluoto (Finnland), Hinkley Point (Großbritannien) und Mochovce (Slowakei) endeten in ähnlichen Debakeln.

Wissenschaftler und Techniker suchen deswegen nach anderen Lösungen. Kleinere Reaktoren mit veränderten Technologien und einer Leistung von gut 300 Megawatt könnten eine Lösung sein. China hingegen setzt gleich ganz auf einen anderen Brennstoff. Seit 2021 läuft hier ein drei Megawatt leistender Mini-Reaktor, der Thorium statt Uran nutzt. Der soll bis 2026 auf 370 Megawatt hochskaliert werden.

Thorium ist in der Erdrinde gut verfügbar und förderbar. Und es hat mit 500 Jahren eine um das Zwanzigfache geringere Halbwertszeit als Uran. "Nach den Berechnungen der Wissenschaftler in den Forschungszentren würde ein 1 MWel salzgekühlter Thoriumreaktor ca. 500.000 $ kosten und genügend Strom für 1000 Personen pro Jahr liefern. An Brennstoff würde man 20 kg Thorium benötigen und pro Jahr eine technische Kontrolle", beschreibt Springer-Vieweg-Autor Hartmut Frey in seinem Buchkapitel Tendenzen der Weiterentwicklung von Kernreaktoren auf Seite 357 weitere Vorteile dieser Technologie.

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