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1984 | Buch

Kernwaffen und Rüstungskontrolle

Ein interdisziplinäres Studienbuch

herausgegeben von: Hans Günter Brauch

Verlag: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Vorbemerkung

Vorbemerkung
Zusammenfassung
„Kernwaffen und Rüstungskontrolle“ war das Thema zweier politikwissenschaftlicher Lehrveranstaltungen, die ich im Sommersemester 1981 als Lehrbeauftragter an den Universitäten Stuttgart und Tübingen anbot. Aus der Diskussion mit Studenten der Universität Tübingen im Winter 1980/81, wie man das Lehrangebot attraktiver, die Motivation und das Interesse der Studenten stärker einbeziehen und zugleich die enge fachspezifische Perspektive erweitern könnte, wurde die Idee eines interdisziplinären Begleitprogramms zu obigem Seminar geboren.
Hans Günter Brauch

Einführung des Herausgebers

Einführung des Herausgebers
Zusammenfassung
Der vorliegende Sammelband ist als interdisziplinäres Studienbuch konzipiert, das sich an die wissenschaftlich interessierten und vorgebildeten Laien, nicht an die wenigen Spezialisten richtet. Alle Autoren wurden gebeten, aus ihrer jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin einen Teilaspekt so darzustellen, daß er auch für Studenten aus den anderen Fachgebieten, für Lehrer, in der politischen Bildung Tätige, für Soldaten und Zivildienstleistende, aber auch für Schüler der Oberstufen der Gymnasien verstehbar ist.
Hans Günter Brauch

Naturwissenschaftliche Grundlagen und Wirkungen von Kernwaffen

Kapitel 1. Physikalische Grundlagen der Kernwaffen
Zusammenfassung
Im folgenden wird versucht, die physikalischen Grundlagen der Kernwaffen und die Grundtypen dieser Waffen möglichst so darzulegen, daß es auch dem interessierten Laien möglich ist, sie zu verstehen. Manche Details müssen weggelassen, schwerer zu verstehende Probleme können nur erwähnt, nicht erklärt werden.
Günther Mack, Wolfgang Feist
Kapitel 2. Die Wirkung von Kernwaffen
Zusammenfassung
Bei der Zündung einer Kernwaffe wird innerhalb einer millionstel Sekunde eine Energie von mehreren 10 Millionen Kilowattstunden auf engstem Raum freigesetzt. Die Temperatur des Sprengkörper-materials beträgt einige 10 Millionen Grad. Heiße Materie strahlt elektromagnetische Wellen, sogenannte thermische Strahlung, aus. Je höher die Temperatur ist, desto stärker verschiebt sich das Maximum dieser Strahlung vom sichtbaren Licht in den violetten über den ultravioletten Spektralbereich bis hin ins Röntgengebiet. Das Sprengkörpermaterial ist so heiß, daß seine Temperaturstrahlung zum größten Teil im Bereich der weichen Röntgenstrahlung anfällt. Diese Strahlung wird von der umgebenden Luft absorbiert und erhitzt diese so stark, daß die Luft ihrerseits bei Temperaturen über 10000 Grad zur Quelle von thermischer Strahlung wird. Es bildet sich ein Feuerball aus, der sich allmählich vergrößert und der die Sprengkörperreste und die umgebende Luft umfaßt. Der Feuerball ist die Quelle der ersten der drei unten näher ausgeführten Wirkungen der Kernwaffen, nämlich der in Form von Licht und Hitze in Erscheinung tretenden thermischen Strahlung.
Wolfgang Feist, Günther Mack

Der historische Bezug: Die Atombombenprogramme der USA, der UdSSR und des Deutschen Reiches

Kapitel 3. Der Beginn des nuklearen Zeitalters: Von der Kernspaltung zu den Anfängen der nuklearen Diplomatie. Die Folgen der deutschen, amerikanischen und sowjetischen Atombombenprogramme (1938–1950)
Zusammenfassung
Am 23. Dezember 1938 hatten Otto Hahn und Fritz Strassmann im Berliner Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie eine Versuchsreihe abgeschlossen und einen Ergebnisbericht an die Redaktion der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften“ abgesandt. Zurückhaltend und nicht frei von fortbestehenden Zweifeln bemerken die beiden Forscher zu ihrer sensationellen Entdeckung der Kernspaltung: „Als Chemiker müßten wir das (bisher geltende) Schema eigentlich umbenennen. … Als der Physik in gewisser Weise nahestehende ‚Kern-Chemiker‘ können wir uns zu diesem, allen bisherigen Erfahrungen widersprechenden Sprung noch nicht entschließen.“1 Mit der Entdeckung des physikalischen Prozesses, mit dem im Prinzip die Kernenergie freigesetzt werden konnte, begann ein neues Zeitalter, das zahlreiche gesellschaftliche und strukturelle Veränderungen, eine Revolution der Militärtechnologie und einen grundlegenden Wandel der Militärstrategie einleitete, welche seitdem die Internationale Politik nachdrücklich beeinflussen.
Hans Günter Brauch

Nukleare Potentiale und Wirkungen von Kernwaffen

Kapitel 4. Die Entwicklung der nuklearen Waffenpotentiale (1945–1982) — ein einführender Überblick zum nuklearen Kräfteverhältnis
Zusammenfassung
Mit dem Abwurf der beiden ersten Atombomben über Hiroshima und Nagasaki und mit dem Scheitern des Baruch-Plans von 1946 war der Weg zur nuklearen Diplomatie, zum atomaren Rüstungswettlauf und zum Gleichgewicht des Schreckens vorgezeichnet. Die Schreckensvisionen und Warnungen von Werner Heisenberg, Niels Bohr und von James Franck vor einem atomaren Rüstungswettlauf waren mit der sowjetischen Bestätigung des ersten erfolgreichen Kernwaffentests im September 1949 zur Realität geworden. Das sowjetische Streben nach nuklearer Ebenbürtigkeit als Symbol des Supermachtstatus wurde in den USA zur Rechtfertigung eines doppelten nuklearen Modernisierungsschubs benutzt: zum Bau der ersten Wasserstoffbombe, die sich als politisches Drohobjekt eignete (Vernichtungsabschreckung)1 und zur Entwicklung von taktischen Atomwaffen für das Gefechtsfeld (Kriegführungsabschreckung).2
Hans Günter Brauch
Kapitel 5. Aspekte der Verhinderung und Linderung atomarer Katastrophen
Zusammenfassung
Es gibt eine Vielzahl von Wegen, die zu atomaren Katastrophen führen können. Unter einer atomaren Katastrophe ist zu verstehen, daß auf einer großen Fläche (neben anderen Zerstörungen) eine starke radioaktive Strahlung wirkt, so daß viele Menschen sterben oder strahlenkrank werden und chronische Gesundheitsschäden auf Jahre und Jahrzehnte hinaus erleiden. Die Chancen einer Verhinderung und Linderung atomarer Katastrophen sind je nach Szenario im zivilen und militärischen Bereich äußerst verschieden.
Philipp Sonntag
Kapitel 6. Der Nuklearkrieg und seine Folgen aus der Sicht eines Mediziners
Zusammenfassung
Auf der Grundlage eines Counterforce-Angriffes auf die Silos der amerikanischen Interkontinentalraketen werden die Todesfälle nach einer offiziellen US-Studie in den ersten 30 Tagen zwischen 2 und 22 Millionen Menschen betragen.1 Diese Angabe stützt sich auf viele unvorhersehbare Faktoren. Ein angeblich realistisches Mittelmaß liegt bei 14 Millionen Toten. Die Zahl der Verletzten wird etwa gleich hoch geschätzt. Um diese Gruppe hätte sich die Medizin zu sorgen.
Helmut Koch

Der strategische Bezug: Doktrinen der nuklearen Abschreckung

Kapitel 7. Abschreckung und Kriegführung in der Nuklearstrategie der USA und der Sowjetunion
Zusammenfassung
Es wird vielfach behauptet, insbesondere in der amerikanischen Diskussion, die Abschreckungskonzepte der NATO und der WVO (Warschauer Vertragsorganisation) unterschieden sich schon auf der nuklearstrategischen Ebene grundlegend. Die NATO verfolge primär eine reine Abschreckungsstrategie, während sich die Sowjetunion in erster Linie an nuklearer Kriegführung orientiere und den Sieg auch im Nuklearkrieg anstrebe. In dieser Zuspitzung sind die verschiedenen Konzepte nicht zutreffend beschrieben. Auch die Globalstrategie der USA sieht traditionell — nicht erst seit der Direktive 59 von Präsident Carter — den Einsatz von Nuklearwaffen für Kriegführungszwecke vor. Vier Kriterien kennzeichnen die amerikanische Doktrin insbesondere in den siebziger Jahren: Abschreckung, Kriegführung mit dem Ziel der Schadensbegrenzung, Gleichwertigkeit der Kräfte und Flexibilität. Die Logik des Konzepts könnte genauer so formuliert werden:
  • Abschreckung:
    a)
    durch die Androhung einer gesicherten Zerstörung
     
    b)
    durch die Androhung des militärischen Einsatzes von Nuklearwaffen gegen ein breites Spektrum von Zielen
     
    c)
    durch die Androhung einer gleichwertigen Gegenreaktion jeder Abstufung und auf jeder Ebene
     
    d)
    durch ein insgesamt gleichwertiges Potential.
     
Gert Krell
Kapitel 8. Kriegführungsoptionen untergraben Rüstungskontrolle. Warum die derzeitige Abschreckung zur Aufrüstung führt
Zusammenfassung
Seit 25 Jahren werden neue Rüstungsvorhaben mit dem Hinweis gerechtfertigt, der Frieden sei nur durch glaubwürdige Abschreckung auf der Grundlage militärischen Gleichgewichts zu sichern. Seit langem ist jedoch bekannt, daß zur Abschreckung des potentiellen Gegners weit weniger Zerstörungsmittel erforderlich sind, als heute existieren. So reichen laut Angaben des Pentagon 150 bis 400 nukleare Sprengköpfe, um 20 bis 30% der sowjetischen Bevölkerung und 50 bis 70% der Industrieanlagen der Sowjetunion zu zerstören. Warum besitzen die USA heute 9200 zentral strategische Sprengköpfe? Warum hat sich die entsprechende sowjetische Zahl inzwischen auf 7000 erhöht? Betrachten wir den Fall der USA.
Dieter Senghaas
Kapitel 9. Strategie für einen Nuklearkrieg: Das Armageddon-Syndrom
Zusammenfassung
Aber im Gegensatz zu „Armageddon“, dem apokalyptischen Krieg, der der Prophetie zufolge das Ende der Geschichte heraufführen wird, kann ein Atomkrieg auf viele verschiedene Arten enden. Viele Kommentatoren und erfahrene amerikanische Regierungsvertreter glauben nicht, daß man ihn überleben kann. Die Popularität dieses Standpunktes hat in Washington derartig schwerwiegende und schädliche Auswirkungen auf die Verteidigungsplanung der USA, daß er schnell zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung für die Vereinigten Staaten werden kann.
Colin S. Gray, Keith Payne
Kapitel 10. Atomare Zielplanung — Wie neu und wie überlebenswichtig?
Zusammenfassung
Die amerikanische strategische Nuklearpolitik kann zweckmäßigerweise nach verschiedenen Aspekten getrennt behandelt werden, von denen die deklaratorische Politik und die handlungsorientierte oder die Einsatzpolitik die wichtigsten darstellen. Unter der deklaratorischen Politik versteht man generell jene öffentlichen Erklärungen, die vom Präsidenten, dem Verteidigungsminister und manchmal von anderen hochrangigen Beamten zu den Erfordernissen der Abschreckungspolitik, der Politik der nuklearen Zielplanung und der strategischen Doktrin abgegeb en werden. Die handlungsorientierte Politik umfaßt dagegen die tatsächliche Strategie der Kriegführung, die die Vereinigten Staaten im Falle einer nuklearen Auseinandersetzung ergreifen würde: die Auswahl der Streitkräfte, die eingesetzt, und der Ziele, die getroffen würden, und die Bereitstellung der Streitkräfte für jene Ziele sowie die Schnelligkeit, mit welcher der nukleare Schlagabtausch ablaufen würde. Diese Politik wurde in zahlreichen Memoranden des Präsidenten umrissen und in der Einsatzpolitik für die Nuklearwaffen (Nuclear Weapons Employment Policy — NUWEP)konkretisiert, die vom Verteidigungsminister entwickelt in dem zentralen nuklearen Einsatzplan (Single Integrated Operating Plan — SIOP) verwirklicht wurden.
Desmond Ball

Rüstungskontrollbemühungen zur Begrenzung der Kernwaffen

Kapitel 11. Bemühungen um eine nukleare Rüstungskontrolle — Ein einführender Überblick 1945–1982
Zusammenfassung
Die erfolgreiche Kernspaltung von Hahn und Straßmann vom Dezember 1938, die Vermutungen über eine militärische Nutzung der Kernenergie durch das Dritte Reich lösten 1939 das amerikanische Atombombenprojekt aus. Der erfolgreiche Einsatz der amerikanischen Atombomben gegen Hiroshima und Nagasaki am 6. und 9. August 1945 beschleunigte das Ende des Zweiten Weltkrieges durch die Kapitulation Japans. Zugleich wurde durch diese erfolgreiche Machtdemonstration das Mißtrauen der Sowjetunion gegenüber den Westmächten gefestigt und eine Beteiligung der UdSSR an der Verwaltung Japans verhindert. Stalin reagierte auf diese Entwicklung mit der Beschleunigung des sowjetischen Atombombenprogramms, und bereits vier Jahre später gab die UdSSR den erfolgreichen Test einer eigenen Atomwaffe zu. Die USA reagierten auf den Verlust ihres Atommonopols mit der Entscheidung, eine Wasserstoffbombe zu bauen und taktische Atomwaffen zu entwickeln. Der nukleare Rüstungswettlauf hatte begonnen. (Vgl. Kapitel 3 und 4.) Die Entwicklung der Kernwaffen, die Einführung von Interkontinentalraketen (ICBMs, SLBMs, MIRVs) und die Entsendung von Satelliten in den Weltraum lösten eine Revolution der Militärtechnologie aus, die wiederum einen grundsätzlichen Wandel im strategischen Denken und in den taktischen Planungen verlangte. Sicherheit im klassischen Sinne war nicht mehr möglich, da die souveräne Hülle des Nationalstaates jederzeit durch Raketen durchstoßen werden konnte. Die Strategie der Vorkriegszeit, die eine Phase der Mobilisierung vorsah, wurde durch eine Strategie der Abschreckung abgelöst, die auf einer permanenten Kriegsbereitschaft beruht, d.h. auf der Fähigkeit, innerhalb weniger Minuten auf einen nuklearen Überraschungsangriff mit einem vernichtenden nuklearen Vergeltungsschlag zu antworten.
Hans Günter Brauch
Kapitel 12. Europäische Sicherheit und nukleare Abrüstung: Der Rapacki-Plan und die Frage einer atomwaffenfreien Zone in den 80er Jahren
Zusammenfassung
Das gegenwärtige Stadium des Rüstungswettlaufs und der Anhäufung von Waffen ruft in Verbindung mit ihren ständig wachsenden und immer spürbareren gesellschaftlichen und ökonomischen Kosten eine intensive Suche nach Wegen hervor, diese zu begrenzen und einem Globalkonflikt zuvorzukommen. Am gefährlichsten und entwickeltsten ist die Nuklearrüstung.
Dorota Gierycz
Kapitel 13. Der SALT-Prozeß — Ergebnisse, Bewertungen und Aussichten im Kontext der Rüstungskontrolltheorie
Zusammenfassung
Von den vielfältigen Bemühungen der Regierungen zur Kontrolle der Kernwaffen — ein Verbot der Kernwaffentests in der Atmosphäre, eine Begrenzung der Weitergabe von Kernwaffen und die Errichtung von kernwaffenfreien Zonen in verschiedenen Regionen usw. — war der Prozeß der strategischen Rüstungsbegrenzung (SALT) zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion der wichtigste. Politisch war SALT am sensitivsten und am bedeutungsvollsten, denn SALT berührt nicht nur die Menge, die Qualität und die geographische und funktionale Ausrichtung dieser Waffen, sondern auch die Bereitschaft, wechselseitig in begrenztem Maße die Militärstrategien und die politischen Ziele der anderen Seite zu respektieren. In diesem Sinne berührt SALT direkt die Ursachen des nuklearen Rüstungswettlaufes und die Dynamik des Aktions-Reaktions-Zyklus, der den Wettbewerb seit 1945 stimulierte.
Michael J. Sullivan III
Kapitel 14. Die SALT II-Verhandlungen — Eine kritische Bewertung
Zusammenfassung
Wenn der Weg zur Rüstungskontrolle auch voller technischer Probleme war, so waren doch die größten Barrieren politischer Natur. Von John F. Kennedy bis zu Jimmy Carter sind die amerikanischen Präsidenten zu der Einsicht gelangt, daß Rüstungskontrolle einen schwierigen Verhandlungsprozeß zwischen drei Seiten darstellt. Auf der einen Seite ist der US-Präsident zu nennen, der sich über den unbegrenzten nuklearen Rüstungswettlauf Gedanken macht und dem die politischen Vorteile von Rüstungskontrollabkommen bewußt sind. Auf der anderen Seite steht die Sowjetunion, eine konservative, stark militarisierte Gesellschaft, die den amerikanischen Absichten mißtraut und die bestrebt ist, ihre bevorzugten Militärprogramme beizubehalten, während sie gleichzeitig bestrebt ist, von den USA als eine politische und militärisch ebenbürtige Nation anerkannt zu werden. Auf der dritten Seite stehen die innenpolitischen Skeptiker der Rüstungskontrolle. Diese mächtige Kräftekonfiguration umfaßt den größten Teil unserer militärischen Führung und zahlreiche Anhänger im Kongreß und die gesellschaftlichen Gruppen und Lobbies, die Rüstungskontrollabkommen bekämpfen. Aus diesem komplexen Prozeß gingen eine Reihe von Rüstungskontrollabkommen hervor, denen es nicht gelang, wesentliche Reduzierungen in der Nuklearrüstung zu erzielen.
Robert J. Bresler
Kapitel 15. Die amerikanische Rüstungskontrollpolitik in der Reagan-Administration
Zusammenfassung
Obgleich die Reagan-Administration sich viel Zeit ließ, bis sie erste Initiativen im Bereich der Rüstungskontrollpolitik entwickelte, läßt sich doch nach den ersten beiden Jahren die Substanz ihrer Rüstungskontrollpolitik erkennen. Diese Politik wurde aus einem breiten außen- und verteidigungspolitischen Rahmen und aus einer Reihe von Leitprinzipien entwickelt. Das Ergebnis sind einige eng zusammenhängende Vorschläge für verschiedene Rüstungskontrollforen. In gewisser Hinsicht kann man die Rüstungskontrollpolitik der Reagan-Administration als Fortsetzung der Politik früherer Regierungen ansehen, während in Teilbereichen neue Akzente gesetzt wurden.
Cynthia A. Cannizzo
Kapitel 16. Risiken der Proliferation und ihre Kontrolle in den achtziger Jahren
Zusammenfassung
Spricht man von der Proliferation der Kernwaffen, dann denken die meisten gleich an das quantitative Wachstum der Atomsprengköpfe und an die Vielfalt bei den Nuklearwaffen der Kernwaffenstaaten, insbesondere bei den Supermächten. Spezialisten nennen dies die „vertikale Proliferation“ im Gegensatz zur „horizontalen“ Proliferation, der Verbreitung der Kernwaffen an neue Staaten.
George Rathjens
Kapitel 17. Eine Bestandsaufnahme der Politik der Nichtweitergabe von Atomwaffen — eine indische Perspektive
Zusammenfassung
Der Begriff „nukleare Proliferation“ hat in der westlichen strategischen Literatur eine Bedeutung erlangt, die sich von der lexikalischen Bedeutung dieses Begriffes unterscheidet. Danach versteht man unter „Proliferation“ ein schnelles Wachstum. Wird dieser Begriff auf den nuklearen Bereich übertragen, dann müßte man darunter ein sehr schnelles Wachstum bei den nuklearen Arsenalen der Atomwaffenstaaten verstehen. Im Gegensatz dazu haben westliche Strategen diesem Begriff erfolgreich eine Orwellsche Wendung gegeben. Sie benutzen diesen Begriff ausschließlich für den Erwerb einer nuklearen Fähigkeit durch nukleare Schwellenstaaten. Als der Non-Proliferations-Vertrag ausgehandelt wurde, war die ursprüngliche Überlegung, daß jegliche Proliferation, d.h. das Wachstum der nuklearen Arsenale bei den Atomwaffenstaaten ebenso wie die Schaffung neuer Arsenale bei den Nicht-Atomwaffenstaaten eingestellt werden sollte. Aber der Vertragsentwurf, der von den beiden Supermächten vorgelegt wurde, gestattete den Atomwaffenstaaten ein unbegrenztes Wachstum ihrer Nuklearwaffen und er legte ihnen keinerlei Begrenzungen auf, ihre Proliferation zu stoppen. Dagegen unterwarf er nur die Nicht-Kernwaffenstaaten Beschränkungen, keine nuklearen Arsenale herzustellen und sich strengen Kontrollen zu unterziehen.
K. Subrahmanyam

Ethische Stellungnahmen der Kirchen zu Fragen der nuklearen Rüstung und Abrüstung

Kapitel 18. Ethische Probleme der Sicherheitspolitik — Ein Diskussionsbeitrag aus evangelischer Sicht
Zusammenfassung
Vierzig Jahre, also mehr als eine Generation nach Ausbruch des bislang letzten Krieges ist nahezu verblaßt oder zu bloß historischen Darstellungen geronnen, was an Schrecken und an Grauen durch diesen im Rahmen unserer Vorstellungs- und Fassungskraft wirklich totalen Krieg geschehen ist. Auch bei denen, die diesen Krieg nicht nur passiv, sondern aktiv erlebt haben, schwindet die Leibhaftigkeit der erlebten kriegerischen Gewalt und des Leidens, das sie über Millionen von Menschen gebracht haben.
Friedhelm Solms
Kapitel 19. Nukleare Rüstung und Abrüstung — Ethische Perspektiven zur Sicherheitspolitik in den Stellungnahmen der Katholischen Kirche
Zusammenfassung
Wie ist dauerhafter Friede möglich? Im Ringen um eine angemessene Antwort auf diese Frage benennt unter Thema in der gegenwärtigen sicherheitspolitischen Diskussion vorweg ein doppeltes Dilemma.
Gerfried W. Hunold

Bestandsaufnahme und Aussichten einer Politik der Rüstungsbegrenzung

Kapitel 20. Abschreckung — nur eine Atempause? Zur europäischen Rüstungsgefahr der achtziger Jahre
Zusammenfassung
Die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Weltmächten sind heute schlechter als seit zwanzig Jahren. Noch gravierender scheint mir, daß mehr und mehr Menschen in den Völkern skeptisch geworden sind gegenüber der Fähigkeit, ja sogar gegenüber dem Willen der Regierungen, den Frieden zu bewahren. Beide Vorgänge sieht heute jedermann. Als meine persönliche Meinung füge ich hinzu: Die Friedensbewegung in den Völkern ist nicht eine vorübergehende Panik. Sie wird vielmehr bleiben, sie wird wachsen. Denn sie ist, so nehme ich es wenigstens wahr, der Beginn der Erkenntnis einer seit langem verdrängten Wahrheit. Die Wahrheit ist, daß der Friede weder durch das konventionelle noch durch das atomare Schwert jemals hinreichend gesichert war, und daß diese Sicherung, soweit sie bestanden hat, in einen Zerfallsprozeß eingetreten ist. Dies ist zunächst nur ein Empfinden, dem ich mich nicht entziehen kann; es ist soweit noch nicht das Ergebnis einer rationalen Analyse. Ich liefere nun einen Umriß der Analyse nach.
Carl Friedrich von Weizsäcker
Kapitel 21. Droht ein Nuklearkrieg? Der Beitrag der Wissenschaft zum Rüstungswettlauf und die Rolle der Wissenschaftler bei der Suche nach dem Frieden — Fünf Vorschläge zur nuklearen Abrüstung
Zusammenfassung
„Wenn Du Frieden willst, dann bereite den Krieg vor.“ Dieser törichte Spruch hat durch die Jahrhunderte mehr Elend und Blutvergießen hervorgerufen als alle Seuchen zusammengenommen. Und auch heute wird dieser Spruch noch von Politikern und führenden Militärs überall auf der Welt blindlings und gedankenlos wiederholt.
Bernard T. Feld
Backmatter
Metadaten
Titel
Kernwaffen und Rüstungskontrolle
herausgegeben von
Hans Günter Brauch
Copyright-Jahr
1984
Verlag
VS Verlag für Sozialwissenschaften
Electronic ISBN
978-3-322-85791-0
Print ISBN
978-3-531-11647-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-322-85791-0