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2022 | Buch

KI in der digitalisierten Medienwirtschaft

Fallbeispiele und Anwendungen von Algorithmen

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Über dieses Buch

Die Entwicklungstrends in der fortschreitenden Algorithmisierung des Mediensektors werden in diesem Band für verschiedene Teilsektoren der Medien (Games, Musik, Bücher, Audio/Video, Nachrichtenmedien) anhand aktueller Beispiele aus der Forschung, der Entwicklung und der Praxis der Medienwertschöpfung demonstriert. Es erweist sich, dass zunehmend mehr und größere Tätigkeitsbereiche, die früher ausschließlich durch menschliche Arbeitsleistung, professionelle Gestaltungskompetenz und Kreativität geprägt waren, durch unterschiedliche Formen automatisierter und zunehmend „intelligenter“ Routinen übernommen werden. Die diesen Routinen innewohnenden ökonomischen Rationalisierungspotenziale treiben den Prozess der Ersetzung menschlicher Arbeit durch Kapital in der Wertschöpfungskette der Medieninhalte schnell und tiefgreifend voran.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Algorithmisierung des Medienmanagements revisited
Zusammenfassung
Die Medienwirtschaft und das Medienmanagement sind heutzutage in einem solchen Umfang von technischen Veränderungen betroffen, dass es erforderlich wird, die Automatisierung derjenigen Tätigkeiten genauer in den Blick zu nehmen, die früher als nicht durchgreifend technisch rationalisierbar erschienen (vgl. Rimscha und Siegert 2015, S. 160 f.). Diese Tätigkeiten wurden als zu komplex, zu kreativ, zu intellektuell, zu intuitiv oder nur kognitiv flexibel bewältigbar eingeschätzt, um sie technisch zu substituieren, entlang der nachfolgend zitierten Vorstellung: „Kreative Arbeit kann nur begrenzt systematisiert und in festgelegte Prozesse gegossen werden.“ (Rimscha und Siegert 2015, S. 161). Der Kultursektor und der Mediensektor galten deshalb als Sektoren, die sich bei entsprechenden Wertschöpfungstätigkeiten durch eine gewisse Resistenz gegen die völlige ökonomische Durchrationalisierung auszeichneten (vgl. Kiefer und Steininger 2014, S. 173 ff.), vor allem bei Content-Konzeptions- (z. B. Ideenentwicklung für Bücher), Content-Produktions- (z. B. Musikkomposition) und Content-Bündelungsprozessen (z. B. Programmgestaltung im Rundfunk). Mit dieser Ökonomisierungsresistenz waren aber auch immer die Fragen verbunden,In den letzten Jahren finden sich in der akademischen Literatur vermehrt Aufzählungen, bei welchen Content-Wertschöpfungsvorgängen sich die Unterstellung einer Nichtrationalisierbarkeit kreativ-intellektueller Produktion von Medieninhalten heute nicht mehr halten lässt (vgl. Zydorek 2018, zuletzt Saurwein 2022), Nachrichtenmedien berichten z. B. gerne über den neu aufgetauchten alten Meister, der Algorithmen-gestützt gemalt wurde (Guardian 2016), den computergenerierten virtuellen Influencer (T3N 2019), das KI-generierte nie endende Death-Metal-Konzert (Der Standard 2019) und die Ununterscheidbarkeit algorithmisch generierter von menschlich verfassten Nachrichten (New York Times 2015).
Christoph Zydorek
2. Disneys algorithmische Produktion von Animationen aus Drehbüchern als Umgestaltung der Vorproduktionsphase bei Filmmedienunternehmen
Zusammenfassung
Die Veröffentlichung von Zhang et al. (2019, http://​arxiv.​org/​pdf/​1904.​05440v1) über den im Auftrag der Walt Disney Company entwickelten Algorithmus zur Entwicklung von sogenannten Animatics und Storyboards aus Drehbüchern eines Filmmedienguts demonstriert das Potenzial, die frühen Phasen des Wertschöpfungsprozesses der Filmmedienbranche zu verändern und Disney als entwickelndem Filmmedienunternehmen wirtschaftliche Vorteile zu ermöglichen. In der Initiierungs- und Vorproduktionsphase des Wertschöpfungsprozesses von Filmmedienunternehmen wie Disney werden die Tätigkeiten, die der Algorithmus mittelfristig substituieren könnte, von verschiedenen fest oder frei beschäftigten Akteuren übernommen oder begleitet. So werden etwa vor Produktionsbeginn des Filmmedienguts die Filmdrehbücher durch das künstlerische Handwerk von Storyboard Artists und Animatic Experts in Szenenbilder, ein Storyboard und darauf aufbauende Bewegtbilder, die Animatics umgesetzt, bevor die weitere Kreation des Filmmediums durch die Produzenten, Regisseure und übrigen Akteure voranschreitet. Das bringt einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand mit sich, der vor der eigentlichen Produktion entsteht. In diesem Aufsatz beleuchten wir den von Zhang et al. (2019, http://​arxiv.​org/​pdf/​1904.​05440v1) präsentierten Algorithmus als potenzielles Mittel zur Behebung mancher typischer ökonomischer Bezugsprobleme, die ihre Ursprünge in den ökonomischen Eigenschaften von Filmmediengütern haben. Es werden daran anschließend die einzelnen Rationalisierungspotenziale durch den Algorithmus sowie Möglichkeiten zur Steigerung der allokativen und produktiven Effizienz in der Filmmedienbranche hervorgehoben. Abschließend geben wir einen Überblick über die gesellschaftlichen und medienökonomischen Auswirkungen, die im Kontext des Algorithmus mittel- und langfristig entstehen können.
Louis Trouillier, Christoph Zydorek
3. Algorithmisch automatisierte Artwork Generation im Netflix Empfehlungssystem
Zusammenfassung
Das Unternehmen Netflix stellt heutzutage eine bekannte Größe im Bereich der Produktion, Bündelung und Distribution von Medieninhalten dar. Der 1997 gegründete Videostreaming-Dienst hat sich als wandlungsfähiges Unternehmen erwiesen, welches sich unter Anwendung neuer Technologien stetig weiterentwickelt. Dabei sieht sich das Unternehmen mittlerweile einem starken Wettbewerb anderer Anbieter, wie beispielsweise Disney+ oder Amazon Prime Video, ausgesetzt. Die Zielsetzung liegt deswegen darin, Kunden für einen möglichst langen Zeitraum an die eigene Plattform zu binden und deren dauerhafte Zufriedenheit sicherzustellen. In diesem Zusammenhang werden in diesem Kapitel drei ökonomische Herausforderungen für Netflix, sowie Lösungsansätze für diese ökonomischen Bezugsprobleme mittels automatisch generierter und personalisierter Thumbnails, thematisiert.
Markus Sasalovici
4. Medienökonomische Bezugsprobleme der Wertschöpfungsstufe der Initiierung und Produktion am Beispiel des Algorithmus SciFiQ
Zusammenfassung
Der vorliegende Text behandelt die medienökonomischen Bezugsprobleme der Wertschöpfungsstufe der Initiierung sowie Produktion am Beispiel des Algorithmus SciFiQ. Zunächst werden die Eigenschaften des Buchmarktes und die Bezugsprobleme der jeweiligen Wertschöpfungsstufen erläutert. Anschließend wird die Erstellung und Verwendung von SciFiQ genauer erklärt. SciFiQ wurde in einem Experiment entwickelt, um einem Autor den Wunsch zu ermöglich en, eine Science-Fiction-Geschichte zu schreiben, die seinen Lieblingswerken desselben Genres am meisten ähnelt. Dazu erstellten zwei Wissenschaftler aus den Bereichen der Linguistik und Informatik ein Browserinterface, das eingegebenen Text anhand von stilistischen und thematischen Regeln, die aus den Lieblingswerken extrahiert wurden, überprüft. Abschließend werden Lösungsansätze der Bezugsprobleme, die durch SciFiQ ermöglicht würden, vorgestellt.
Luna Naima Mohr
5. Procedural Content Generation durch Algorithmen bei Games
Zusammenfassung
Die Games Branche ist heutzutage ein bedeutender Innovationstreiber. Potenziale neuer Technologien, wie beispielsweise der Virtual Reality, werden hier erprobt. Trotz eines riesigen Markts und vieler potenzieller Spieler stehen videospielproduzierende Unternehmen vor ökonomischen Herausforderungen. Dabei lassen sich verschiedene Anstrengungen beobachten, diese zu bewältigen. Dazu gehört unter anderem der Einsatz von Algorithmen und automatisierten Prozessen in der Contentproduktion. Dieser Beitrag befasst sich mit der sogenannten Procedural Content Generation (PCG) bei Games, welche genau hier ansetzt. Es werden ein konkreter Blick auf die Wertschöpfungsstufe der Produktion gerichtet und medienwirtschaftliche Besonderheiten in der Games Branche analysiert. Auf die Funktionsweise und Möglichkeiten eines bestimmten Algorithmus wird im Detail eingegangen. So soll ein Ausblick gegeben werden, wie Unternehmen in der Games Branche die Produktion ihres Contents verbessern und effizienter gestalten können und was in Zukunft bei der Produktion von Videospielen möglich sein wird.
Maximilian Glassner, Moritz Rehm
6. Algorithmic Music Generation
Zusammenfassung
Ziel dieser Arbeit ist es, den Einsatz von Algorithmen als Lösung für wirtschaftliche Probleme im Bereich der Musikproduktion zu diskutieren.
Kerstin Buck, Christoph Zydorek
7. Automatic Scenario Building System bei Mangas
Zusammenfassung
Der Artikel analysiert eine neue Produktionsweise für Mangas, die zukünftig den Manga-Markt stark verändern könnte. Zu Beginn wird das Projekt TEZUKA2020 präsentiert, das von den Unternehmen KIOXIA, ehemals Toshiba Memory und Tezuka Productions, einem Animationsstudio, initiiert und durchgeführt wurde. Die beiden Unternehmen setzten sich zum Ziel, einen mit Künstlicher Intelligenz koproduzierten Manga zu realisieren. Dabei soll der klassische Produktionsprozess der Schwarz-Weiß Bücher in Teilen seiner Wertschöpfungskette durch eine KI erweitert werden, die menschliche Arbeit substituiert. Auf diese Weise könnten sich einerseits medienökonomische Rationalisierungspotenziale bei der Contentkonzeption und -produktion in der Manga-Branche eröffnen, andererseits könnte dies die Produktion hochqualitativer Contents ermöglichen, die den Stil bereits verstorbener Manga-Künstler imitieren und damit höhere wirtschaftliche Erfolgsaussichten haben.
Riem Yasin
Metadaten
Titel
KI in der digitalisierten Medienwirtschaft
herausgegeben von
Christoph Zydorek
Copyright-Jahr
2022
Electronic ISBN
978-3-658-37404-4
Print ISBN
978-3-658-37403-7
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-37404-4