Das Kleben ist eines der Fügeverfahren, die zur Herstellung von Verbindungen unterschiedlicher Werkstoffe, die wiederum in den verschiedenartigsten Formen und Abmessungen vorliegen können, dienen. Neben dem Kleben sind das Schweißen und Löten, weiterhin das Schrauben, Nieten, Falzen, Pressen, Klemmen oder auch Verzahnen zu erwähnen. Das Schweißen, Löten und Kleben haben dabei gemeinsam, dass diese Verbindungsarten mittels eines gesondert zugegebenen Werkstoffs,
dem Schweißzusatzwerkstoff beim Schweißen,
dem Lot beim Löten,
dem Klebstoff beim Kleben,
hergestellt werden. Daher bezeichnet man sie auch als stoffschlüssige Verbindungen.
Die Klebstoffe sind hinsichtlich ihres chemischen Aufbaus den organischen Verbindungen zuzuordnen. Im Gegensatz zu der anorganischen Chemie, in der die Stoffe aus der unbelebten Natur behandelt werden (z.B. Mineralien, Metalle), befasst sich die organische Chemie mit den Verbindungen des Kohlenstoffs als zentralem Element der vielfältigen Stoffe, die die belebte Natur ausmachen (z.B. pflanzliche und tierische Produkte wie Holz, Eiweiße, Harze, Fette, Erdöl).
Berücksichtigt man die vielfältigen Möglichkeiten, nach denen Klebstoffe aufgebaut sein können, und die dazugehörigen Varianten für ihre Verarbeitung, so kommt man auf tausende verschiedener „Rezepturen“ oder „Formulierungen“, die sich im praktischen Einsatz befinden. Dadurch hat es der Anwender auch schwer, den richtigen Klebstoff zu finden und oft hört man daher die Frage: „Welcher Klebstoff eignet sich für das Kleben bestimmter Werkstoffe? “. Erleichtern kann man sich die Beantwortung dieser Frage, wenn man versucht, die Klebstoffe nach bestimmten Eigenschaften zu ordnen.
Wie in Kapitel 2 erläutert, bestehen die Reaktionsklebstoffe aus Monomeren bzw. Prepolymeren, die die für eine chemische Reaktion notwendigen Voraussetzungen besitzen. Diese Voraussetzungen sind ihre „reaktiven Gruppen“, mit denen die Moleküle ausgestattet sind. Sie benötigen nur den richtigen „Anstoß“, damit die Reaktion auch „anspringen“ kann. So ein Anstoß kann z.B. erfolgen, wenn wir einem Monomer A das zu seinem „Haken“ genau passende Monomer mit der „Öse“ B zumischen. Dann beginnen sich die Monomere A und B miteinander zu vereinigen, sie „reagieren“ miteinander. Wir haben nach dem Mischen also eine „reaktive“ Mischung vorliegen, bei der mit zunehmender Zeit immer mehr A- und B-Monomere sich zu dem Polymer AB verbinden (in Bild 4.1 vereinfacht dargestellt, es bilden sich auch verzweigte bzw. vernetzte Strukturen). Bei der Klebstoffverarbeitung spricht man von den beiden Komponenten A und B, die, da sie normalerweise in flüssiger Form vorliegen, durch Rühren miteinander gemischt werden.
Wie bereits in Abschnitt 3.4 beschrieben, treten bei diesen Klebstoffen in der Klebfuge keine chemischen Reaktionen auf. Es erfolgt also keine Polymerbildung aus Monomeren, die Klebschichtpolymere liegen in „fertigem“ Zustand vor. Somit wird diesen Klebstoffen vor der Verarbeitung auch keine zweite Komponente zugeführt, es handelt sich ausnahmslos um einkomponentige Systeme. Um diese auf die Fügeteile auftragen zu können, müssen sie in einen benetzungsfähigen Zustand überführt werden. Dafür gibt es, wie im Folgenden beschrieben, verschiedene Möglichkeiten, die auch zu den entsprechenden Klebstoffbezeichnungen führen.
Aus dem aufgetragenen flüssigen Klebstoff bildet sich nach den in den Kapiteln 4 und 6 beschriebenen Möglichkeiten chemischer Reaktionen oder physikalischer Vorgänge die Klebschicht. Im Sinne einer exakten Ausdrucksweise sprechen wir demnach von einem
Klebstoff, solange er noch nicht ausgehärtet ist und von einer
Klebschicht nach der erfolgten Aushärtung des Klebstoffs.
Eine häufig gestellte Frage bezieht sich auf die Gründe, nach denen eine Klebschicht so fest auf einer Oberfläche wie beispielsweise der eines Metalls oder eines Glases halten kann. Die gängige Antwort lautet dann, dass man die Oberfläche ja im Allgemeinen aufraut oder auch von vornherein raue Oberflächen vorhanden sind, in denen sich der Klebstoff oder die ausgehärtete Klebschicht „verhaken“ kann. Im Sinne unserer in Kapitel 1 gegebenen Beschreibung sich also „formschlüssig“ mit der rauen Fügeteiloberfläche verbindet, wie in Bild 8.1 dargestellt ist: Diese „mechanische Verklammerung“ ist tatsächlich eine Möglichkeit, um Klebschicht und Fügeteile miteinander zu verbinden. Sie tritt dann bevorzugt auf, wenn sehr raue und/oder poröse Oberflächen vorhanden sind, z.B. bei Papieren, Pappen, Holz, Keramik oder Kunststoffschäumen. Diese Vorstellung versagt aber bei glatten Oberflächen, wobei eine Oberfläche, die wir als „glatt“ bezeichnen, unter einem Mikroskop durchaus eine „Gebirgslandschaft“ aufweisen kann. Diese feinen Rauheiten können aber kaum zu einer ausreichenden mechanischen Verklammerung beitragen. Es muss also noch eine weitere Möglichkeit geben, damit Klebschicht und Fügeteil sich so dauerhaft fest miteinander verbinden können.
Nachdem nunmehr die Grundlagen über den Aufbau der Klebstoffe und die Klebstoffarten sowie die in Klebungen wirksamen Bindungsverhältnisse bekannt sind, gilt es, die für die Herstellung von Klebungen wichtigsten Verfahrensschritte zu beschreiben. Dabei lassen sich zwei Gruppen unterscheiden (Bild 9.1):
Verfahren, die der Ausbildung der Adhäsionskräfte dienen. Hierzu gehören die Oberflächenbehandlung der Fügeteile und der Klebstoffauftrag;
Verfahren, die die Kohäsionsfestigkeit der Klebschicht bestimmen. In diesem Fall sind die Bedingungen hinsichtlich Zeit, Temperatur und Druck bei der Klebstoffaushärtung zu beachten.
Die im Bereich der Klebtechnik am häufigsten gestellte Frage ist die nach dem geeigneten Klebstoff für das zu lösende Klebproblem, und der Fragesteller ist häufig enttäuscht, weil eine eindeutige Antwort nicht gegeben werden kann. Die Verunsicherung wird gefördert durch das schier unendliche Angebot an Klebstoffen, aber auch durch die häufig auf den Verpackungen angegebenen „Versprechungen“ über die unbegrenzten Möglichkeiten der Anwendung der einzelnen Produkte „zum Verkleben und Verbinden von Werkstoffen aller Art“. Wenn dann noch unverständliche chemische Fachausdrücke hinzukommen, wundert es nicht, dass so mancher Anwender — vielleicht auch unterstützt durch eigene schlechte Erfahrungen — dem Kleben kein großes Zutrauen entgegenbringt.
Wie bereits in der Einführung zu Kapitel 10 erwähnt, ist die Kenntnis der klebtechnischen Eigenschaften der Werkstoffe eine wichtige Voraussetzung zum Verständnis des Klebens auch im nicht-industriellen Bereich. Somit sollen im Folgenden neben der Darstellung wichtiger klebtechnischer Merkmale von Werkstoffen ergänzend die jeweils geeigneten Klebstoffe erwähnt werden. Über die entsprechenden Querverweise lassen sich dann gewünschte Detailinformationen ergänzen. Der Hinweis „nicht empfohlene Klebstoffe“ bedeutet in speziellen Fällen keinen generellen Ausschluss oder eine Abwertung dieser Produkte. Im Vordergrund steht die Absicht, die Klebstoffe zu empfehlen, welche die vorliegende Klebeaufgabe optimal zu lösen gestatten.
Bei der Anwendung des Klebens sind in gleicher Weise wie bei anderen Fertigungsverfahren Maßnahmen zu beachten, die dem Schutz des Menschen, des Betriebes und der Umwelt gelten. Im Gegensatz zum Schweißen und Löten finden beim Kleben fast ausschließlich organische Produkte Verwendung, die in verschiedene Gefahrenklassen zur Sicherstellung des Gesundheits- und Brandschutzes einzuordnen sind. Wegen der Vielfalt vorhandener Rezepturbestandteile und Verarbeitungsverfahren besteht keine Möglichkeit, den einzelnen Klebstoffen jeweils produktbezogene Merkmale in Bezug auf einzuhaltende Verarbeitungsvorschriften zuzuordnen.
Die wichtigsten Prüfungen an Klebungen sind darauf ausgerichtet, deren Festigkeit unter genau definierten Bedingungen zu ermitteln. Damit derartige Prüfungen an verschiedenen Prüfstellen, z.B. beim Klebstoffhersteller und beim Klebstoffanwender, auch Ergebnisse liefern, die miteinander verglichen werden können, sind die Prüfbedingungen exakt festgelegt und verbindlich. Hierzu dienen Prüfnormen, die vom Deutschen Institut für Normung (DIN) und dem Europäischen Normenwerk (EN) in Zusammenarbeit mit den interessierten Fachgruppen herausgegeben werden. So enthalten die Normen für Prüfungen im Bereich der Klebtechnik z.B. Angaben über den Werkstoff und die Abmessungen der Prüfkörper, die anzuwendende Prüfmethode (Prüfmaschine, Prüfgeschwindigkeit), ggf. auch die Oberflächenvorbehandlung der Prüfkörper und weiter zu berücksichtigende Prüfkriterien.
Wenn Klebungen bei einer Beanspruchung durch Kräfte „halten“ sollen, muss nicht nur der richtige Klebstoff ausgewählt werden, sondern es muss auch die Anordnung der Fügeteile in der Klebfuge „klebgerecht“ gestaltet sein.
Die im Folgenden angegebene Literatur beschränkt sich bewusst auf zusammenfassende Darstellungen in Fachbüchern, da diese — im Gegensatz zu Fachzeitschriften-Veröffentlichungen — von dem interessierten Leser leichter zu beschaffen sind. Die erwähnten Fachbücher geben in sehr umfangreichem Maße die Möglichkeit, sich über Spezialliteratur zu Einzelthemen zu informieren.