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2019 | Buch

Klimaschutzpolitik - Das Ende der Komfortzone

Neue wirtschaftliche und internationale Perspektiven zur Klimadebatte

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Über dieses Buch

Dieses Buch zeigt schlüssig auf, was in Europa, Asien und Nordamerika sowie anderen Regionen nötig ist, um das Ziel einer klimaneutralen Weltwirtschaft bis 2050 zu erreichen: vernetzte breitere Emissions-Handelssysteme aller G20-Länder, begrenzte Gratiszertifikate, ein Verständnis für die Nebenwirkungen – inklusive Verteilungseffekte – von globaler Klimaschutzpolitik und natürlich auch das praktische Engagement des Einzelnen.

Das Klimaproblem wird aus Sicht von Experten und vor allem auch aus der Perspektive junger Menschen zunehmend zu einem existenziellen Problem, das weltweit für Unruhe sorgt. Bis 2019 durchgeführte Reformen in Europa, Japan, Korea, China und den USA sind unzureichend – Deutschland verfehlt seine offiziellen Klimaziele für das Jahr 2020 klar. Bei fehlenden Reformmaßnahmen könnte das Welteinkommen im 21. Jahrhundert erheblich sinken, und Abertausende Hitze- und Unwettertote sind zu befürchten. Die Tatsache, dass ein solides, stabiles Klima ein weltweites Kollektivgut ist, bedeutet, dass man eine starke internationale G20-Plus-Politikkooperation benötigt. Von dieser ist man weit entfernt. Bei den Europawahlen hat das Thema Klimawandel immerhin eine wichtige Rolle gespielt, und die Fridays-for-Future(FFF)-Bewegung mit Greta Thunberg sorgt für neuen Reformdruck in der Klimapolitik weltweit. Emissionshandelssysteme sollten ausgeweitet und integriert, der EIIW-vita-Indikator genutzt und Finanzmarkt- sowie Innovationsaspekte mehr beachtet werden. Paul J.J. Welfens beantwortet die Kernfragen zur globalen und nationalen Klimadebatte und entwickelt neue Politikansätze.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter

Hintergrund des Klimaproblems

Frontmatter
Kapitel 1. Einleitung
Zusammenfassung
Die Hintergründe der nationalen und internationalen Klimadebatte werden präsentiert. Zudem wird auf die Tendenzen zum Populismus in den USA und Europa eingegangen – und dessen Bedeutung für die Klimapolitik. Perspektiven der internationalen Politikkooperation werden mit Blick auf Klimaschutz und ökonomische Effizienz umrissen. Die wichtigen mittel- und langfristigen Herausforderungen des Global Warming werden skizziert und grundlegende Begriffe aus der Klimapolitik-Debatte erläutert. Kernpunkte der Klimadebatte werden dargestellt und die konzeptionellen Herausforderungen einer effizienten Klimapolitik und dabei auch die grundsätzlich wichtige Rolle der G20 skizziert. Zudem wird das Konzept G20Plus (= G20 plus Nigeria als in 2050 nach UN-Prognosen drittgrößtem Land der Welt der Bevölkerung nach) angesprochen, das für die spätere Politik-Analyse wesentlich ist. Die Perspektive geht auf die Frage hin, wie man bis 2050 Klimaneutralität effizient erreichen kann – was in der Tat mit den richtigen ökonomischen Ansätzen und Flankierungsmaßnahmen sowie international neu ausgerichteter Politik möglich ist.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 2. Das Klimaproblem und seine Folgen
Zusammenfassung
Dargestellt wird das ökonomische Konzept des Klimaproblems als internationales Kollektivgut, das besondere Probleme der Bereitstellung mit sich bringt. Die vielen Länder der Welt, die in der UN sind und die Weltgemeinschaft ausmachen, könnten beim Kollektivgutproblem Klimaschutz scheitern, da die Anreize zu effizienter internationaler Kooperation niedrig sind. Dargestellt werden die Klimaausgangslage bei G20 sowie das grundlegende Klimaschutzproblem. Zudem wird die Institution des Handels mit Emissionszertifikaten dargestellt und auf die Thematik eingegangen, wie groß die Schadenshöhe einer Tonne CO2 in Westeuropa ist – in Abhängigkeit von verschiedenen Schätzungen. Schließlich wird das frühere Erfolgsfeld der Bekämpfung des Ozonlochs angesprochen und es werden einige Aspekte der Suche nach Problemlösungen angesprochen. Schließlich werden Langfriststudien und verschiedene Sektoren mit Blick auf die Klimaproblematik erwähnt und die BWC-Prognos-Studie zu Deutschland dargestellt plus die Möglichkeiten eines staatlichen Sonderfonds zur Abfederung der Anpassungskosten.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 3. Klimaschutzprobleme und Handlungsmöglichkeiten
Zusammenfassung
Zunächst werden die Eckpunkte der Klimaschutzdebatte aufgegriffen und die globalen Erneuerbare-Energien-Perspektiven dargestellt. Besondere Aspekte der Windenergiepotenziale werden ebenso thematisiert wie Aspekte des EU-Emissionszertifikatehandels und Finanzmarktperspektiven in diesem Kontext. Auch die Hauptaspekte unternehmensseitiger Innovationen Richtung Klimaneutralitätsfortschritt werden angesprochen, zudem auch die Ausgangslage beim EU-Klimaschutz. Mit Blick auf alternative CO2-Bepreisungsmöglichkeiten wird dargestellt, dass ein CO2-Steuersatz anders wirkt als ein gleichhoher CO2-Zertifikatepreis – Zertifikatelösungen sind in der Regel einem CO2-Steuersatz effizienzmäßig deutlich überlegen. Die Rolle der Nutzung von Satellitenbild-Auswertungen wird betont. Im Übrigen werden ausgewählte Fakten zu den Energiemarktperspektiven in Deutschland, inklusive AKW-Haftpflichtversicherungs-problematik (Unterversicherung als verdeckte Subventionierung), dargestellt.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 4. Globale Erderwärmungsperspektiven
Zusammenfassung
Die globalen Erderwärmungsperspektiven werden mit Blick auf vorliegende ökonomische Analyseergebnisse – STERN-Bericht und andere – thematisiert und auch wichtige G20-Aspekte angesprochen. Das Schmelzen des Inlandseises als langfristiges Klimaproblem wird betont. Die Fläche des Grönland-Eispanzers hat im Laufe von 30 Jahren enorm abgenommen, wie sich aus Satellitenaufzeichnungen der NASA ergibt. Der STERN-Bericht hat schon relativ früh aufgezeigt, wie in verschiedenen Szenarien die ökonomischen Analysen langfristige nationale und internationale Effekte der Erderwärmung quantifizieren können. Zudem wird die Struktur der globalen Energieemissionen nach Sektoren dargestellt und ausgewählte Aspekte der Erderwärmung werden thematisiert.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 5. Perspektiven zur Klimadiskussion und internationale Wirtschaftsaspekte
Zusammenfassung
Die klimapolitische Debatte wird bislang zu eng geführt, da jenseits der eigentlichen Klima-Herausforderungen die breiteren Problemperspektiven wenig oder gar nicht in die Analyse einbezogen werden. Zu den wichtigen längerfristigen Zusatzaspekten gehört insbesondere auch das Wachstum der Weltbevölkerung auf lange Sicht. Dargestellt werden die Entwicklung des EU-Zertifikatepreises als nominale Größe im Zeitablauf sowie der relative CO2-Zertifikatepreis und die Effekte davon; zudem werden wichtige Perspektiven zu ökonomischen Aufholprozessen und der technologische China-Schock im Bereich der Erneuerbaren Energien verdeutlicht. Fokussiert wird auch auf den Fridays-For-Future-Druck und die internationalen Klimaschutz-Perspektiven. Dabei werden auch internationale Trittbrettfahrerprobleme und die neue Trump-Politik dargestellt sowie die Handlungsansätze beim Klimaproblem und die strategischen Ansatzpunkte integrierter Klimapolitik präsentiert. Schließlich geht es auch um eine angemessene staatliche Förderung von Innovationen, wobei CO2-Minderungsinnovationen als besonders gewichtig zu gelten haben.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 6. Falsche Klimadebatte?
Zusammenfassung
In der Öffentlichkeit gibt es eine teilweise sehr lebhafte, emotionale Debatte über Fragen der Erderwärmung und der Klimapolitik. Dabei streiten sich einige Gruppen vor allem über Faktenfragen. Wieder andere betonen, dass es um die Frage nach dem besten Weg in der Klimapolitik gehe; und noch andere zeigen zahlreiche Falschinfos in digitalen Medien auf oder auch die Widersprüche unzureichender Klimapolitik in Deutschland und Frankreich, wo die Regierungen beider Länder ihre jeweiligen Klimazielmarken in 2020 nicht erreichen. Das sind alles wichtige Punkte, aber die ganze Klimadebatte ist bislang falsch aufgehängt, da nicht bedacht und mitdiskutiert wird, dass Klimaschutzpolitik einen beschleunigten Strukturwandel in Europa, Asien und Nordamerika sowie weiteren Weltregionen erfordert – dass aber zugleich gerade dadurch die ökonomische Ungleichheit in fast allen Ländern absehbar zunimmt. Diese zunehmende Ungleichheit ist ein großes politisches Risiko in vielen Ländern und dürfte einerseits die Populisten-Stimmanteile zu mehren helfen. Andererseits könnte sie die Klimaschutzpolitik auf hintere Ränge auf der politischen Agenda vieler Länder drängen und damit die eigentlich notwendige globale Kooperationspolitik massiv erschweren.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 7. Schwierige Beiratsperspektiven der Deutschen Bundesregierung
Zusammenfassung
Es fehlt der Deutschen Bundesregierung nicht an Beiräten in Sachen Klimaschutz. Dabei spielt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) eine sichtbare Rolle und manche interessanten Analysen finden sich auf der Website des WBGU. Allerdings sind die Formulierungen des WBGU gelegentlich enorm abgehoben und unverständlich für 99% der Bevölkerung und vermutlich auch für viele Politiker: Das Gutachten Unsere gemeinsame digitale Zukunft (im Internet verfügbar waren im Juni 2019 sonderbarerweise nur die Zusammenfassung und das Kapitel 9 mit den Politikempfehlungen) ist ein solches Negativ-Beispiel, das Umwelt- und Philosophie- sowie Wirtschafts- und Digitalaspekte teilweise hochtrabend, ideologisch, unsystematisch, ohne vernünftigen Fachliteratur-Bezug und daher auch wenig sachkundig verknüpft. Auch wenn die Einleitung zum Gutachten schon auf den besonderen philosophischen Aufsatz hinweist und beim Leser eine gewisse Relativierung bei der Lektüre vorschlägt, so kann man einige kritische Anmerkungen machen, die hier dargestellt werden.
Paul J. J. Welfens

Was könnten Politik, Wirtschaft und Verbraucher leisten?

Frontmatter
Kapitel 8. EU-Klimaschutz, Instrumente und internationale Kooperationsaspekte
Zusammenfassung
Die EU hat bei Energie und Industrie, also bei etwa der Hälfte der Produktion, einen CO2-Zertifikatehandel. Wie man den in der EU deutlich und zügig für alle EU-Mitgliedsländer – etwa bei Transport und Wohnungswirtschaft – ausbaut, ist vorläufig nicht zu erkennen; die Ablehnung der Kandidatur von Frau von der Leyen für die Position des Kommissionspräsidenten ist ein Signal aus dem Europäischen Parlament, dass Umwelt- und Klimathemen bei den Wahlen trotz gestärkter Grünen-Fraktion in der EU nicht im Vordergrund stehen dürften. Das wiederum dürfte die Neigung der EU28-Länder mindern, beim Klimaschutz aktiv zusammen zu wirken. Wenn es um den EU-Klimaschutz und internationale Kooperationsaspekte geht, so muss man zunächst die verschiedenen Instrumente beziehungsweise Ansatzpunkte der Politik betrachten. Die Erreichung der EU-Klimapolitikzielsetzung wird verdeutlicht und Fragen einer vernünftigen Klimapolitikkonzeption zusammen mit den Klimaschutzproblemen thematisiert.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 9. Vorbehalte gegenüber Klimaschutzproblemen
Zusammenfassung
Wesentliche Vorbehalte gegenüber Klimaschutzproblemen bestehen in Teilen der Öffentlichkeit einerseits. Andererseits gibt es in Deutschland von Seiten des Sachverständigenrates für Umweltfragen auch klare Forderungen – etwa die Strompreisaufschläge im Kontext des Erneuerbare-Energien-Gesetzes zu vermindern. Zugleich werden Aspekte dargestellt, die der SVR für Umweltfragen mit Blick auf die Generationengerechtigkeit als institutionelle Innovation einfordert. Fragen der Treffsicherheit alternativer CO2-Minderungsinstrumente werden präsentiert und ausgewählte Aspekte der Höhe eines CO2-Steueraufkommens dargelegt. Die wesentlichen Punkte aus der neuerlichen Debatte in Deutschland werden zu ausgewählten Themenfeldern reflektiert.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 10. Energiewirtschaftsmodernisierung und Länderinteressen
Zusammenfassung
Betrachtet werden Fragen der Energiewirtschaftsmodernisierung und die entsprechenden Länderinteressen in den Bereichen Gas, Öl und Kohle. Dabei wird die nach Energieträger unterschiedliche Reihe von Topländern als Ausgangspunkt von Interessenunterschieden beim Klimaschutz und bei der internationalen Kooperation angesprochen. Zudem werden die Thematik der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien und insbesondere auch die globale Perspektive für die Windenergie – differenziert nach geografischen Regionen – präsentiert. Schließlich wird die Frage nach der Subventionierung der Erneuerbaren Energien und des Atomstroms angesprochen sowie verdeutlicht, dass Klimaschutzpolitik nur dann effektiv sein kann, wenn man über Klimaschutzpolitik im engeren Sinn hinausgeht, nämlich u.a. Verteilungseffekte betrachtet und auch die besonderen internationalen Kooperationserfordernisse.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 11. Klimaschutzpolitik-Sondergutachten des Sachverständigenrates (SVR) 2019
Zusammenfassung
Das Sondergutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Gesamtwirtschaftlichen Entwicklung aus 2019 wird dargestellt und ausgeleuchtet; inklusive der verschiedenen Ansatzpunkte, die der SVR-Wirtschaft in seiner Argumentation präsentiert. Zudem wird betont, dass Deutschland und die EU über die EBRD sowie andere multilaterale Banken plus die Asien Infrastructure Investment Bank Einfluss auf viele Länder in Sachen Klimapolitik in der Weltwirtschaft nehmen können. Die Kostenaspekte der Energiewende werden mit Blick auf das Gutachten der Deutschen Wissenschaftsakademien dargestellt. Die Befunde zeigen, dass der jährliche Belastungsbetrag pro Kopf für Deutschland im Fall sinnvollen Instrumenten-Einsatzes relativ überschaubar sein könnte.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 12. Fehler im Emissionszertifikatehandel?
Zusammenfassung
Der Emissionszertifikatehandel in vielen Ländern wird mit Blick auf die häufig praktizierte Verfahrensweise kritisiert, einem Großteil der Unternehmen umfangreiche Gratiszuteilungen von Emissionszertifikaten zuzuweisen. Es gibt nämlich in der Fachliteratur Hinweise darauf, dass eine Zuteilung von mehr als 20% Gratiszertifikaten nicht mehr nur Gewinnneutralität beim Übergang vom Zertifikatehandel sichert, sondern Umverteilungseffekte zu Gunsten der Kapitaleigner bringt. Zudem wird mit Blick auf ein EZB-Arbeitspapier verdeutlicht, dass Länder mit ausgebauten Aktienmärkten eine relativ gute institutionelle Basis haben, um bei der Klimaschutzpolitik rasche Fortschritte zu erreichen. Für viele Länder der Welt, die einen geringen Ausbau der Aktienmärkte haben, gibt es also im Bereich der Kapitalmarktpolitik besondere Verbesserungsmöglichkeiten durch entsprechende Reformen. Auch werden Einflüsse von Extremwetterereignissen auf die Liquidität der Finanzmärkte angesprochen.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 13. Makroökonomische Aspekte der CO2-Bepreisung
Zusammenfassung
Die Effekte einer Bepreisung von CO2-Emissionen auf Wachstum, Beschäftigung und Einkommensverteilung können in intertemporalen Gleichgewichtsmodellen untersucht werden. Grundsätzlich lassen CO2-Preise die (Grenz-)Kosten der Unternehmen ansteigen. Soweit eine CO2-Steuer eingeführt wird, kommt es zu erheblichen Einnahmen für den Staat, sofern nicht das Aufkommen aus der CO2-Steuer weitgehend an die Steuerzahler in Form von Transferzahlungen zurückgegeben wird. Daher gehen die Investitionen zurück, soweit Kapital – also Maschinen und Anlagen – und Energieeinsatz als komplementär gelten. Einige Studien mit Bezug auf die USA sowie die Niederlande beziffern den sich ergebenden Rückgang des langfristigen realen Einkommens auf 0,1 Prozentpunkte des Realeinkommens. Hier geht es um Fragen der Kosten globaler Klimaneutralität und die makroökonomischen Aspekte der CO2-Bepreisung.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 14. Finanzmarktaspekte der CO2-Zertifikatemärkte in der Europäischen Union
Zusammenfassung
Wie wirkt der EU-Zertifikatehandel auf die Produktionsmengen und -gewinne der beteiligten Firmen? Also der Stromerzeuger, andere Energiefirmen und die Industrieunternehmen? Der Zertifikatehandel führt zu einem Zertifikatepreis, der die Produktionskosten der Unternehmen beeinflusst: Je höher der Zertifikatepreis für eine Tonne CO2-Emission, desto höher die Kosten der betreffenden Firma; in einem betrachteten Sektor (produziert wird Stahl) stellt sich noch die Frage, wie das auf die Kostenkurve der Konkurrenzfirmen wirkt und wie sich der neue Absatzpreis beziehungsweise der Gleichgewichtspreis auf dem Gütermarkt (dem Stahlmarkt) entwickelt. Die Rolle der Handelsmärkte in Verbindung mit den Emissionszertifikatemärkten in der EU ist von besonderem Interesse. Empirische Untersuchungen aus der Literatur zum Einfluss der Zertifikatepreise auf den Aktienkurs der Unternehmen werden thematisiert. Zudem wird darauf hingewiesen, dass sich mittelfristig auch die Europäische Zentralbank und die Bankenaufsicht sowie das European Systemic Risk Board um diese Thematik kümmern sollten.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 15. Wohnungswirtschaft und Verkehrssektor
Zusammenfassung
Es ist klar, dass ohne neue Ansätze und bessere Effizienz bei der CO2-Minderung die Klimaziele kaum erreichbar sind und zudem die Kostenbelastung – etwa mit Blick auf absehbare Mieterhöhungen – sozial kaum verkraftbar ist. Eine wichtige Initiative wäre daher in der Wohnungswirtschaft eine Serie von Modellprojekten „klimaneutrales billiges Bauen“ (mit Blick auf einen preiswerten IKEA-Klassiker bei den Bücherregalen braucht man sozusagen ein Billy-Modellhaus/Appartement für jedermann). Wichtige Sektoren, die im EU-Zertifikatehandel bislang ausgeblendet sind, sind die Wohnungswirtschaft und der Verkehrssektor, wozu neue Problemperspektiven und Politikansätze präsentiert werden. Zudem wird die Frage der Kompensation außereuropäischer Flugreisen angesprochen.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 16. CO2-Steuer als vernünftiges Klimapolitik-Instrument
Zusammenfassung
In Deutschland und anderen EU-Ländern gibt es eine konfuse Debatte über die Einführung einer CO2-Steuer. Einige Politiker lehnen eine „neue“ Steuer ab: Man wolle keine weitere Steuer, es müsse doch ein besseres Klimaschutz-Instrument geben; aber so einfach ist das nicht und um eine zusätzliche Gesamtsteuerbelastung geht es langfristig ohnehin nicht. Auch wenn man an die Ausweitung des CO2-Zertifikate-Handels von 45% der Emissionen auf 95% denken könnte. Aber das kann kompliziert sein und wäre vermutlich nicht sinnvoll, wenn der Zertifikatepreis wieder auf wenige Euro fallen sollte. Fragen der CO2-Bepreisung beziehungsweise der CO2-Steuer als Klimapolitikinstument werden thematisiert, wobei internationale Vergleiche sowohl für CO2-Steuern wie für Emissionshandelssysteme dargestellt werden.
Paul J. J. Welfens

Multilateralismus als Lösungsbeitrag beim Klimaproblem

Frontmatter
Kapitel 17. Internationale Perspektiven
Zusammenfassung
Es ist unklar, ob die Politik in Europa und anderen Regionen der Welt rechtzeitig Maßnahmen für einen umfassenden Klimaschutz beschließt; und ob die Wissenschaft rechtzeitig eine hinreichende Zahl von Menschen mit Infos, Fakten und verständlichen Analysen versorgt, dass es eine kritisch intensive globale Klimadiskussion geben wird. Dabei muss man damit rechnen, dass Klimaschutzpolitik ohnehin nicht immer ganz oben auf der Aufmerksamkeitsskala der Menschen stehen wird: Mit jeder Rezession kommen wohl Einkommens- und Beschäftigungsinteressen als Nr.-1-Interessenpunkt auf den Aufmerksamkeitsradar. Erst im konjunkturellen Aufschwung interessieren sich viele Menschen für Fragen wie regionale Integration oder (internationaler) Klimaschutz. Ohne hinreichenden und rechtzeitigen Klimaschutz aber kann es zu erheblichen internationalen Wirtschaftskrisen kommen. Daher ist das zeitweise Ausblenden von Klimaschutzpolitik auf Seiten der Wählerschaft vor allem ein Tribut an traditionelles Denken – an ein lineares historisches Problemverständnis von Wirtschaftsentwicklung. Internationale Perspektiven des Klimaschutzes sind bislang wenig thematisiert worden – hier werden nun neue Aspekte in die Debatte eingeführt und auch G20-Perspektiven angesprochen.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 18. G20-Probleme bei der Klimaschutzpolitik
Zusammenfassung
Die Internationalen Organisationen fehlten im Vorfeld des Ersten Weltkrieges, erst im Anschluss an diesen Krieg gründete man den Völkerbund; und erst nach dem Zweiten Weltkrieg gründete man dann mehr Internationale Organisationen, und zwar diesmal auch unter Mitwirkung der USA. In Sachen Klimaschutzpolitik besonders wichtig dürfte die G20-Gruppe werden. Die G20-Perspektiven für eine Klimaschutzpolitik sind absolut unerlässlich und jede nationale Klimaschutzpolitik, die hier auf internationaler Ebene nicht anschlussfähig ist, kann nicht als nachhaltig nützliches Element auf dem Weg zu globaler Klimaneutralität betrachtet werden: G20 steht für 81% des Welteinkommens, 80% der globalen CO2-Emissionen und 60% der Weltbevölkerung. Betont wird, dass alle G20-Länder ein CO2-Zertifikatehandelssystem haben sollten und längerfristig alle nationalen/regionalen Zertifikatehandelssysteme miteinander im Interesse von Effizienzgewinnen integriert sein sollten.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 19. Globaler EIIW-vita-Nachhaltigkeitsindex und Grüne Anleihen: Chancen und Probleme
Zusammenfassung
Die Nachhaltigkeitsorientierung von Ländern, Unternehmen und Projekten zu erfassen, ist aus Sicht des Kapitalmarktes und auch der Klimapolitik wichtig. Für Investoren stehen bei allen Finanzprodukten Liquidität, Rentabilität – beides positiv – und Risiko (negativ) auf dem Beurteilungskatalog. Wenn sehr viel mehr nachhaltigkeitsorientierte Anleihen von Europäischer Investitionsbank, Weltbank und anderen Emittenten ab 2020 aufgelegt werden, dann verbessert sich die Liquidität. Ob die Erwartung vieler Investoren und mancher Experten richtig ist, dass grüne Anleihen weniger Volatilität beim Kurs – also ein geringeres Risiko als Standardanleihen – aufweisen und in der Rentabilität zumindest gleich gut wie traditionelle Anleihen sind, bleibt abzuwarten. Eine vernünftige Nachhaltigkeitsentwicklung und Klimaschutzpolitik kann es nur geben, wenn die Investoren auf den internationalen Kapitalmärkten Klimaschutz- und Nachhaltigkeitsaspekte mit im Fokus haben. In diesem Kontext ist der sogenannte EIIW-vita-Nachhaltigkeitsindikator für private Investoren von enormer Bedeutung und großer Nützlichkeit. Dieser kompakte und sehr zweckmäßige Nachhaltigkeitsindikator mit den drei Säulen Erneuerbare Energien, „echte“ Sparquote nach Weltbank sowie die vom EIIW berechnete Position zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit bei nachhaltigkeitsfreundlichen Exportgütern gibt eine rationale Basis für Investoren, die sich für ein länderbezogenes Nachhaltigkeits- und Klimaranking von Anleihen interessieren.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 20. Schwachpunkte des EU-Emissionshandelssystems und Perspektiven zur Verbindung von Emissionshandelssystemen und WTO-Weiterentwicklung
Zusammenfassung
Das Thema CO2-Leakageproblem wird zwar angesprochen – etwa in der hier angeführten Studie; aber das Thema, dass CO2-Bepreisung in der EU zur Verlagerung CO2-intensiver Produktionsschritte und der Produktion CO2-intensiv hergestellter Güter in andere Länder führt, ist analytisch Teil einer größeren Herausforderung. Denkbar wären hier Ausgleichszölle der EU, die in vielen Fällen wohl problematisch mit Blick auf die Regeln der Welthandelsorganisation wären und vermutlich neue transatlantische EU-USA-Konflikte brächten. Zumindest ist es notwendig, verstärkt zu Fragen von Import-Ausgleichszöllen zu forschen und zu überlegen, ob man nicht in der Welthandelsorganisation ein einfaches Prinzip einführen kann: Industrie- und Schwellenländer, die mindestens 60% der Emissionen mit Emissionszertifikate-Handelssystemen abdecken und mindestens 3% Jahresminderungssatz bei der Emissionsobergrenze haben, können ohne CO2-Ausgleichszölle exportieren.
Es gibt einige wichtige Schwachpunkte des EU-Emissions-Handelssystems, wobei auch die Verbindung zum Welthandel beziehungsweise zur Welthandelsorganisation betont wird. Es gibt zu wenig Forschungsprojekte zu diesen möglichen inhaltlichen Verbindungen. Um das aus politischer Sicht wichtige Risiko von starken kurzfristigen Preissprüngen zu begrenzen – und auch um sehr starke kurzfristige Preissenkungen zu verhindern –, ist bei Emissionshandelssystemen eine nationale beziehungsweise internationale Interventionsinstitution (mit Experten) anzuraten.
Paul J. J. Welfens

Konzepte und praktische Felder für mehr Nachhaltigkeit

Frontmatter
Kapitel 21. Klimapolitikprobleme: Konzept einer Nachhaltigen Sozialen Marktwirtschaft
Zusammenfassung
Der Umbau der Wirtschaftssysteme zu Produktion und Konsum mit sehr geringem CO2-Ausstoß ist eine große Herausforderung. Zu vollziehen ist dieser Umbau nach zwei Jahrhunderten Industrialisierung, die bis etwa 1980 ohne kritische Nachfragen der Wissenschaft mit Blick auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe oder die Nutzung von Kohle/Kokskohle in der Stahlindustrie blieb. Wenn eine Wirtschaft ohne Kohlenstoff entstehen und funktionieren soll, ist das eine historische Aufgabe, die sehr anspruchsvoll ist. Die Kreativität, die Innovationsdynamik der Menschen und Unternehmen zu mobilisieren, wird in allen Ländern der Weltwirtschaft eine große Aufgabe sein; im Bereich umweltfreundlicher Innovationsdynamik ist der internationale Wettbewerb in vielen Bereichen wirksam und in der EU kann man sinnvolle Ansätze zu einer umweltfreundlichen Industriepolitik entwickeln. Die Rahmenbedingungen der Wirtschaft sind daher angemessen zu ändern, damit die Anreize Richtung CO2-leichtes Wirtschaften und Konsumieren gehen. Ein regelmäßiges internationales Benchmarking kann den Ehrgeiz der Wirtschaftspolitik beflügeln, wo zudem neue Instrumente zu prüfen sind. Dargestellt wird das Konzept einer Nachhaltigen Sozialen Marktwirtschaft im Kontext von internationalisiertem Klimaschutz – inklusive eines Blicks auf Japans Zertifikatehandelssystem sowie Digitalisierung und Konsum.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 22. Wirtschaftspolitik-Konsequenzen: Innovations- und Mobilitätspolitik sowie globale Kooperation
Zusammenfassung
Zunächst ist es sinnvoll, bewährte Innovationsförderung auch im Bereich des Klimaschutzes von Seiten des Staates aufzusetzen. Dies sollte auch ein durchdachter Ansatz bei der neuen EU-Kommission sein, die nach den Europa-Wahlen 2019 gewählt werden wird. Auch die EU-Mitgliedsländer sind gefordert und internationale Kooperation ist hierbei regional und global wesentlich. Erwägenswert könnte auch sein, dass Innovatoren – dem Beispiel von Elon Musk vom US-Elektroautokonzern Tesla folgend – nachhaltigkeitsrelevante Patente zur weltweiten Nutzung in einigen Feldern offenlegen, wobei man ein gewisses Maß an Reziprozität bei Nordamerika-Europa-Asien aufbringen müsste. Sehr gewichtig wird die Frage der globalen Diffusion von „grünen Innovationen“ sein, so dass man auch in diesem Bereich besondere Aktivitäten von Seiten der UN oder der G20 entfalten könnte. Der Blick richtet sich auf die Konsequenzen bei der Wirtschaftspolitik, und zwar insbesondere bei der Innovations- und Mobilitätspolitik sowie der globalen Kooperation.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 23. Mobilitätspolitik
Zusammenfassung
Der Transport steht in vielen Ländern für 10-15% der CO2-Emissionen. In Deutschland und anderen EU-Ländern gilt Bahnverkehr als umweltfreundlich; eigentlich kommt dem Bahntransport mit Blick auf den Klimaschutz also eine strategische Rolle zu. Aber liefert die Bahn, was sie soll? Was braucht es, dass man in EU-Ländern die Servicequalität der pünktlichen Schweizerischen SBB bekommt? Hochgeschwindigkeitszüge in vielen Ländern der Welt sind ein wichtiger Teil der Infrastruktur. Wenn Züge mit 100% Strom aus Erneuerbaren Energien fahren, dann ist Bahnfahren sehr umweltfreundlich. Neben dem Fernverkehr muss allerdings auch der Nahverkehr bei der Bahn betrachtet werden. Gute Vernetzung, hohe Pünktlichkeit und guter Service – inklusive funktionierender Toiletten – sind aus Kundensicht unverzichtbar. Bahnsysteme sind komplex, sie funktionieren unterschiedlich gut. In China und der EU sowie in Russland gibt es ausgebaute Bahnsysteme. In Deutschland gilt der Bahn-Personenverkehr als erfolgreich, aber in Wahrheit hat er erhebliche Schwächen – neben den sicher vorhandenen Pluspunkten. Bei der Mobilitätspolitik gilt es zunächst einen Blick auf die Bahn-Politik als Problem in Deutschland und anderen Ländern zu werfen. Zudem wird die Einführung der Elektromobilität als Systemproblem in Deutschland und Europa thematisiert.
Paul J. J. Welfens
Kapitel 24. Fazit: Internationale Kooperation und Klimaschutzkonzept
Zusammenfassung
Fokussiert wird beim Fazit auf eine neue internationale Kooperation und ein effizientes Klimaschutzkonzept. In diesem Kapitel werden alle Elemente der vorigen Kapitel zusammengeführt und es werden die wesentlichen Konsequenzen für ein System mit globaler Klimaneutralität bis 2050 dargestellt. Klimaneutralität lässt sich weltweit auf Basis von neun Eckpunkten erreichen, die neben klimapolitischen Aspekten auch bisher wenig thematisierte Verteilungsfragen beinhalten – Umverteilung zu Gunsten des Faktors Kapital sowie steigende Lohnungleichheit in vielen Ländern; sowie Aspekte der Innovationspolitik und der Weiterqualifizierung von Ungelernten plus individuellen Mitwirkungsmöglichkeiten zur Klimaabkühlung (Albedo-Effekt). Es besteht die Gefahr, dass auf Basis der bisherigen EU-Minderungsvorgaben bei der jährlichen CO2-Obergrenze um 2030 eine Art politisch herbeigeführter OPEC-Preisschock (Zertifikatepreisanstieg) entsteht: Hier sind dringend Änderungen notwendig. Die Rolle Indiens wird mit Blick auf die G20-Perspektiven betont und zudem werden Berechnungen zur Senkung des Zertifikatepreises als Folge eines Systems integrierter Zertifikatehandelssysteme aufgezeigt. G20+ ist sinnvoll, nämlich G20 plus Nigeria. Es gibt eine ganze Reihe von klar herleitbaren Schlussfolgerungen für eine G20-Zertifikatepolitik, ergänzt um CO2-Steuern und Regulierungen. Klimaneutralität bis 2050 ist nur möglich, wenn man auf Effizienz und G20-Kooperation mit sinnvollen Begleitmaßnahmen der Klimaschutzpolitik setzt.
Paul J. J. Welfens
Backmatter
Metadaten
Titel
Klimaschutzpolitik - Das Ende der Komfortzone
verfasst von
Prof. Dr. Paul J.J. Welfens
Copyright-Jahr
2019
Electronic ISBN
978-3-658-27884-7
Print ISBN
978-3-658-27883-0
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-27884-7

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