Wegen unerlaubter Telefonwerbung verhängte die Bundesnetzagentur kürzlich gegen ein Unternehmen das historische Bußgeld in Höhe von 300.000 Euro. Sind Anrufe beim Kunden nun passé? Wir führen durch das datenschutzrechtliche Minenfeld.
Über 6.000 Verbraucher hatten sich in der Vergangenheit über Energysparks GmbH bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) beschwert. Per Telefonanrufe warb das Unternehmen unter dem Markennamen "Deutscher Energievertrieb" für einen Wechsel des Energieversorgers. Energysparks wird vorgeworfen, sich dabei wettbewerbsrechtlichen Vorgaben widersetzt und unerlaubte Kaltanrufe, so genannte Cold Calls, durchgeführt zu haben. Diese liegen vor, wenn im Vorfeld keine ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers eingeholt wurde. Nun droht dem Energievertreiber ein durch die BNetzA verhängtes Bußgeld in Höhe von 300.000 Euro.
Bereits seit knapp zehn Jahren greift das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung, das im Oktober 2013 durch das Anti-Abzocke-Gesetz ergänzt wurde. Seit Inkrafttreten der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) im März 2018 haben sich die Spielregeln für Telefonmarketer jedoch erneut verschärft. "Danach ist eine unzumutbare Belästigung eines Verbrauchers stets anzunehmen, wenn dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung nicht vorliegt beziehungsweise bei sonstigen Marktteilnehmern, wenn deren mutmaßliche Einwilligung ("Opt-in") fehlt", erklären die Springer-Autoren Thomas und Christopher Zerres im Kapitel "Rechtsrahmen der Distributionspolitik" ihres Buchs "Marketingrecht (Seite 187).
Vorsicht bei Adresshändlern
Dass diese Opt-ins nicht vorgelegen haben sollen, weist Energysparks jedoch zurück. "Wir rufen ausschließlich Personen an, die uns oder unseren Auftraggebern vorher ein Anrufeinverständnis für die telefonische Beratung im Bereich Strom und Gas erteilt haben", heißt es auf der Unternehmenswebseite. Diese Opt-ins seien im Vorfeld vorrangig über Internetportale generiert worden. Regelmäßige Stichproben würden sicherstellen, dass sich auch die externen Dienstleister an die rechtlichen Rahmenbedingungen halten.
Dieser Behauptung widerspricht jedoch die Bundesnetzagentur, die den Energievertreiber laut eigener Aussage mehrfach angehört hatte. Demnach habe Energysparks mit vielen Vertriebspartnern kooperiert, darunter auch ein Unternehmen "das bereits einschlägig wegen unerlaubter Telefonwerbung verurteilt wurde. Kontaktdaten hatte das Unternehmen auch von unseriösen Adresshändlern beschafft", so der Vorwurf der BNetzA. Die Anrufe waren laut den eingereichten Verbraucherbeschwerden oftmals von einer aggressiven Gesprächsführung gekennzeichnet.
Einwilligung und Verträge
Dass eine wenig kundenfreundliche Marketingkommunikation wie diese geschäftsschädigend wirkt, ist naheliegend. Was die datenschutzrechtlichen Anforderungen an Telefonwerbung betrifft, sollten sich Unternehmen jedoch nicht auf ihren gesunden Menschenverstand stützen, sondern strikt nach Vorschrift vorgehen.
Im Wesentlichen zu beachten sind die folgenden Punkte:
Einwilligung zum Anruf | Abwicklung des Anrufs |
muss vor dem Anruf vorliegen (darf also nicht erst zu Beginn des Gesprächs eingeholt werden) und ist jederzeit widerrufbar | die Rufnummer des Anrufers darf nicht unterdrückt werden |
muss ausdrücklich vorliegen, was bedeutet, dass der Verbraucher konkret der Werbung über Telefon zugestimmt hat | wenn der Werbeanruf auf einem Tonträger mitgeschnitten werden soll, muss der Verbraucher dem zustimmen |
Kreis der werbenden Unternehmen und der zu bewerbenden Produkte muss offengelegt worden sein | bei am Telefon abgeschlossenen Verträge ist auf das Widerrufs- recht hinzuweisen, das dann nach frühestens 14 Tagen erlischt |
eine freiwillige Übermittlung der Telefonnummer durch den Verbraucher (z.B. bei einer Vertragsunterzeichnung) gilt nicht als Einwilligung für Telefonwerbung | wird im Vertragsfall nicht auf das Widerrufsrecht verwiesen, verlängert sich dieses um etwa bis zu ein Jahr |
auf Antrag müssen Verbrauchern sämtliche von ihnen gespeicherte personenbezogenen Datensätze offengelegt werden | auch automatische Anrufmaschinen unterliegen den rechtlichen Bestimmungen |
Ausnahmen bei B2B und Headhunting
Liegt ein ernstes Interesse des Unternehmens zu dessen Erhaltung vor, etwa bei einem Hacker-Angriff auf Kundenkonten, das über den Rechten des Verbrauchers einzustufen ist, können Telefonmarketer unter Umständen auch ohne vorherige Einwilligung des Angerufenen zum Hörer greifen. Ein solcher Fall liegt jedoch beinahe nie vor. Häufiger sind Anrufe zu Marktforschungszwecken, die Institute unter bestimmten Voraussetzungen durchführen können. Wird der Verbraucher am Arbeitsplatz angerufen, um beispielsweise abgeworben zu werden, ist das rechtlich in den meisten Fällen sauber.
Ausnahmen gelten auch, wenn nicht ein privater Verbraucher, sondern ein Geschäftskunde oder ein Unternehmen das Ziel des Anrufs bilden. Hier muss jedoch eine "mutmaßliche Einwilligung" vorliegen, was bedeutet, dass die telefonische Werbemaßnahme in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits existierenden Geschäftsverbindung steht. Wurden die Visitenkarten zur gegenseitigen Kontaktaufnahme ausgetauscht, zum Beispiel auf einer Messe, sind Telefonmarketer und Unternehmen, die Telefonmarketing betreiben, in der Regel ebenfalls auf der sicheren Seite.
Wichtige Aspekte der DSGVO, die Vertriebsunternehmen, etwa auch Handelsvertretungen betreffen, hat die CDH zusammengefasst.
Fazit: Telefonwerbung zu Marketing- und Vertriebszwecken ist an viele datenschutzrechtliche Vorgaben geknüpft. Unternehmen, die in diesem Bereich tätig werden möchten, greifen daher am besten auf eine Rechtsberatung zurück. Sind die Grundlagen geschaffen und sämtliche Berechtigungen zur Durchführung der Telefonwerbung eingeholt, gilt es, das Vertrauen der Verbraucher nicht zu verletzen: Eine kundenorientierte, freundliche Kommunikation ist dabei das A und O.