Empfehlungsmarketing und Bewertungen sind ein wichtiger Hebel für den Vertrieb. Springer Professional-Kolumnist Rainer Elste erklärt, warum beides die Verkaufswahrscheinlichkeit erhöht.
"Wenn es Ihnen gefallen hat, dann empfehlen Sie uns doch einfach weiter und wenn nicht, dann behalten Sie es bitte für sich." – "Ich habe immer zwei Visitenkarten dabei – eine für den Empfänger und eine mit der er oder sie mich weiterempfehlen kann." Solche und weitere Tipps für Verkäufer gibt es schon sehr lange. Wir wissen aus Studien, dass Kunden am ehesten den Empfehlungen aus der eigenen Familie, gefolgt von Freunden und Bekannten, vertrauen. Danach kommen fremde Empfehlungen – lange vor der guten alten Werbung.
Man muss keine tiefenpsychologischen Kenntnisse haben, um die Gründe hierfür zu finden. Grundsätzlich haben beide etwas davon: Der Empfohlene trifft vermeintlich die bessere Kaufentscheidung, da ja bereits Erfahrungen vorliegen. Der Empfehlende steigert seine Kompetenz als Berater. Das wird übrigens nicht gefördert, in dem der Empfehlende als Dankeschön etwa ein Grillset einstreichen darf, auch das wissen wir aus Studien. Vielmehr motivieren soziale Aspekte nach dem Motto 'Ich hätte mich vor dem Kauf auch über eine detaillierte Beschreibung gefreut'. Insgesamt werden über verschiedenste Kanäle wie Likes, Sterne, Kuckucks oder Ähnliches Empfehlungen immer stärker in Form von Bewertungen ausdifferenziert.
Bewertungen oder Empfehlungen haben verschiedene Facetten
Schauen wir uns den Kunden an: Sollte er eigentlich wirklich anonymen Empfehlern vertrauen, inzeiten von Bots und gefakten Empfehlungen (ja, hier trifft Fake wirklich zu)? Auch dieser Vorbehalt ist nur eine Facette. Eine weitere ist die, dass auch bei echten Bewertungen nachweislich Empfehlungen nicht zu besseren Kaufentscheidungen führen. Das hat mehrere Gründe. Hier nur die beiden einleuchtendsten (de Langhe et al 2016):
- statistische Mängel (Anzahl, Bewertung betrifft andere als die Produktaspekte etc.) und
- mangelnde Vergleichbarkeit.
Ich kann nichts hinreichend bewerten, was ich nicht mit einem anderen Produkt verglichen habe. Genau das passiert jedoch bei Kundenbewertungen. Umgekehrt werde ich häufig gefragt, ob man als Anbieter auf negative Bewertungen überhaupt antworten sollte, wenn man kann. Meine Antwort lautet: "Ja, aber". Das Aber schließt nämlich auch positive Bewertungen ein. Es ist nachgewiesen, dass Bewertungen besser ausfallen, wenn im Vorfeld sowohl negative als auch positive Bewertungen und diese zusätzlich umfangreich kommentiert werden (Proserpio et al.,2018).
Auch hierfür gibt es einen einleuchtenden Grund: Meckerer werden ruhiger, wenn ihnen jemand zuhört. Das hat noch einen weiteren Effekt. Die Ihnen sicher auch schon aufgefallene J-förmige Kurve bei Bewertungen wird wieder gerader. Will heißen, aus sehr negativen ("Alles schlecht bei meinem Lieferanten") und sehr positiven Bewertungen ("Ich bin der Größte, da ich das beste Angebot entdeckt habe") werden homogenere und damit für den Kunden besser nachvollziehbare Bewertungen.
Was hat das alles mit Vertrieb zu tun? Sie erahnen es schon: Bessere Bewertungen lassen mein Angebot in den Ergebnissen nach oben steigen und erhöhen sowohl die Verkaufswahrscheinlichkeit als auch das Preisniveau. Eine letzte wenig überraschende Erkenntnis aus der Forschung hierzu: Bewertungen fallen grundsätzlich für Markenprodukte und teurere Produkte besser aus.