Kommunikationsfreiheit

Als im Frühjahr 2020 klar wurde, wie gefährlich das Covid-19-Virus werden könnte, beschlossen die Regierungen fast überall auf der Welt Shutdowns und Lockdowns: Auf einmal war vieles verboten, was Spaß macht, und manches, was völlig selbstverständlich erschien. Sich mit Leuten treffen und reden war auf einmal kaum noch möglich – schon gar nicht im Café oder der Stammkneipe. Der Verwandtenbesuch im Altenheim, am Kranken- oder gar Sterbebett – leider wegen Corona verboten.

In diesem Buch wird in Kapitel 3 zunächst erläutert, was eigentlich genau unter Kommunikationsfreiheit zu verstehen ist. Dabei zeigt sich, dass es um mehr als Meinungs- und Pressefreiheit geht und wie grundlegend dieses Recht für unser Zusammenleben ist.

Was genau ist eigentlich Kommunikationsfreiheit ? Geht es um Presse- und Medienfreiheit, sind also nur Journalisten und Journalistinnen gemeint ?

Es hat lange gedauert, bis die Kommunikationsfreiheit als Recht zumindest in Europa und Nordamerika anerkannt und in den Verfassungen garantiert wurde. Auf einem anderen Blatt steht, ob sie auch dort, wo sie Recht und Gesetz ist, schon verwirklicht ist (beides sehen wir uns in den Kapiteln 5 und 6 näher an). Zunächst lohnt ein Blick auf die historische Entwicklung, auch um besser zu verstehen, mit welchen Begründungen, Motiven und Mitteln vor allem Kirche und Staat gegen die Kommunikationsfreiheit gekämpft haben.

Absolute Freiheit erscheint auf den ersten Blick als erstrebenswertes Ideal, und jede Einschränkung gilt als verwerfliche Zensur. Doch der zweite Blick, der in diesem Kapitel versucht wird, ergibt ein facettenreicheres Bild. Es geht um gute und um schlechte Gründe für Einschränkungen der Kommunikationsfreiheit, aber auch um den Unterschied zwischen Zensur und anderen Begrenzungen der Kommunikation.

Wir haben bislang die Entwicklung der Idee der Kommunikationsfreiheit und ihre schrittweise Durchsetzung in der westlichen Welt verfolgt. Nicht erst seit heute, vor dem Hintergrund der Globalisierung, erheben sich die Fragen, ob Kommunikationsfreiheit weltweit gilt und wie es tatsächlich in andern Ländern um sie bestellt ist. Ist Kommunikationsfreiheit also ein universeller Wert, der unabhängig von Religion, Kultur oder politischer Ordnung gilt ?

In jüngster Zeit ist viel von » Digitalisierung « oder gar » digitaler Revolution « die Rede, die angeblich » alles « verändert. Mit dem Internet verbinden sich dabei einerseits weitreichende Hoffnungen auf eine unbegrenzte und freie Kommunikation, die nicht mehr durch Staaten oder andere Mächte begrenzt werden könne. Andererseits gilt das Internet als perfekte Überwachungsmaschine, mit deren Hilfe Staaten wie China oder Konzerne wie Google, Apple, Facebook und Amazon (» GAFA «) uns alle kontrollieren und manipulieren.

Wenn man genauer hinsieht, dann umfasst die Kommunikationsfreiheit sehr viele Freiheiten, die gar nicht voneinander zu trennen sind: Gedanken-, Glaubens- und Meinungsfreiheit sind ohne Meinungsäußerungs-, Rede- und heutzutage Medienfreiheit gar nicht vorstellbar. Wir benötigen den freien Austausch, ebenso wie den freien Zugang zu Informationen. Wir müssen uns versammeln dürfen, um zu reden oder zu protestieren. Wissenschaft, Religion, Kunst beruhen auf freier Kommunikation. Wir dürfen aber auch nicht zur Kommunikation, zum Bekenntnis von Meinungen oder zur Preisgabe von Informationen und Daten gezwungen werden, wenn wir Kommunikationsfreiheit vollständig genießen möchten.