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06.02.2017 | Konfliktmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Manager verhandeln selten mit System

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

3:30 Min. Lesedauer

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In deutschen Unternehmen wird mehr nach Bauchgefühl als nach Plan verhandelt. Eine Studie belegt Defizite im Verhandlungsmanagement und fordert mehr Professionalisierung. 

Erfolgreich verhandeln zu können, scheint in der deutschen Wirtschaft vor allem an Talent, Intuition und der bestmöglichen persönlichen Wertschöpfung aus jahrelangen Erfahrungswerten gekoppelt zu sein. Professionelle Trainings und Schulungen in Sachen Verhandlungsmanagement haben die wenigsten Wirtschaftsakteure durchlaufen. Ihre Kompetenzen haben sie sich in der Regel via Learning by Doing angeeignet. Entsprechend defizitär ist die gängige Verhandlungspraxis: schlecht ausgearbeitete Zielvorgaben, kein systematischer Austausch mit Vorgesetzten und im Nachgang keine Evaluation von Verhandlungsverlauf und Verhandlungsergebnissen. Rund 300 deutsche Unternehmensvertreter gaben dem Institut für Konfliktmanagement (IKM) der Europa-Universität Viadrina und dem Center for Corporate Skills & Dispute Competence (CODI) der EBS Universität für Wirtschaft und Recht Auskunft zum Status quo der Verhandlungskompetenz in der deutschen Wirtschaft. Auf allen Hierarchiestufen ist Optimierungsbedarf vorhanden, so das Fazit der Experten. Und das Verständnis von Verhandlungen muss sich grundlegend ändern.

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Verhandlungsstrategie

Hört, hört! Die Anfänge, Verhandlungen zu führen, liegen in der Antike, wo Platon einst in fiktiven Dialogen kontroverse Ansichten vertrat.

Verhandlungskompetenz self-made

Die Studie "Von der Intuition zum System: Verhandlungsmanagement in Unternehmen in Deutschland" konzentriert sich auf Fragen zu organisationalen Initiativen zur Stärkung von Persönlichkeit und Kompetenz des Verhandlers sowie den internen Rahmenbedingung unter denen er die Interessen seines Arbeitgebers  verhandelt. Knapp 59 Prozent aller Befragten schätzten ihr Wissen um Verhandlungssystematik, Strategien sowie ihre Verhandlungserfahrung als hoch bis sehr hoch ein. Die subjektiv empfundene Verhandlungskompetenz steigt entlang der Hierarchieebenen an. So behaupteten aus der obersten Führungsebene 28,6 Prozent "sehr gut" verhandeln zu können. Auf der zweiten und dritten Führungsebene noch gut 24 Prozent und auf der Mitarbeiterebene nur noch 10,8 Prozent. 

Gelernt hat die große Mehrheit das Verhandeln aber nicht. Mehr als die Hälfte (54,1 Prozent) hat sich ihr Verhandlungsgeschick durch praktische Erfahrungen angeeignet, nicht durch den Besuch von Seminaren zum Verhandlungsmanagement während des Studiums oder durch Weiterbildungsmaßnahmen. Innerhalb der Gruppe, die ihr Verhandlungsgeschick als sehr hoch bewerteten, gaben 90 Prozent an, sich die entsprechenden Kompetenzen per Learning by Doing beigebracht zu haben. Wird Verhandeln etwa immer noch wie eine Kunst im Schopenhauer'schen Sinne behandelt, bei der es darum geht, am Ende Recht zu bekommen – oder das größte Stück vom Kuchen?

Ziel verpasst, weil nicht gesteckt

Mitnichten. Knapp 75 Prozent der Befragten gaben zu, dass die Ergebnisse ihrer Verhandlungen von den vorab gesteckten Zielen sowohl in monetärer als auch nicht-monetärer Hinsicht abweichen. Für Unternehmen bedeutet das, dass Erfolgspotentiale brach liegen, wahrscheinlich weil die Ziele schwammig oder falsch gesteckt waren. Die aus der Praxis gewachsenen Verhandlungsrezepte müssen also in mindestens drei Viertel der Unternehmen hinterfragt und Ziele sorgfältiger vorbereitet sowie mit mehr Bedacht formuliert werden, wie die Studienautoren empfehlen. Verhandlungen, so der Rat, dürfen weniger als punktuelle Ereignisse denn als laufende Prozesse betrachtet werden.

Verhandlung in drei Schritten

"Verhandlungen sind Suchbewegungen von Akteuren/Systemen, die darauf abzielen, die eigene Überlebens- und Wettbewerbsfähigkeit durch Kooperation mit anderen Akteuren/Systemen zu verbessern", beschreibt Springer-Autor Udo Kreggenfeld den Ansatz "Systemisches Verhandeln" (Seite 97). Von systemisch Verhandelnden fordert er eine hohe Reflexionsfähigkeit in der Vorbereitung, Durchführung sowie Nachschau. Die Durchführung sei außerdem geprägt von der Suche nach neuen Möglichkeiten und alternativen Deutungen zu Verhandlungssituation. Emotional intelligentes verhandeln kombiniert nach Meinung von Springer-Autor Manfred Aull kooperative und kompetitive Elemente. Ziel dieser Kombination ist es, das bestmögliche Win-Win-Verhandlungsergebnis zu erzielen durch gleichzeitige Wertschätzung des Partners. Auf Seite 170 fasst er das schrittweise Vorgehen des Verhandlers zusammen:

  • Schritt 1 Interessen klären: Über hinter der eigenen Position liegende Interessen klar werden und nicht auf eine fixe Position fokussieren.
  • Schritt 2 Lösungsideen generieren: Kreativen Suchprozess zu möglichen Lösungen mit dem Verhandlungspartner starten.
  • Schritt 3 Lösungskomponenten vereinbaren: Erst hier werden Lösungsideen bewertet und verhandelt. 

Die von den Studienautoren empfohlene Prozess-Spirale der Verhandlungsprofessionalisierung bietet Unternehmen darüber hinaus eine Anleitung, wie sie auf Grundlage von vorhandenen Verhandlungstheorien die Verhandlungskompetenz ihrer Mitarbeiter optimieren können. Entlang der Eckpunkte Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung geschieht das etwa durch Schulungen, Leitfäden und den gezielten institutionalen Austausch zwischen Verhandlern und Vorgesetzten.

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