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2022 | Buch

Kontakt- und Langzeitverhalten stromführender Verbindungen in der Elektroenergietechnik

Theorie und Praxis zum Verhalten, Berechnungsansätze sowie Konstruktions- und Auslegekriterien

verfasst von: Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

In diesem Buch werden Erkenntnisse zu ruhenden Hochstromverbindungen aller Spannungsebenen zusammengefasst. Anwendung finden diese sowohl bei bestehenden Anlagen als auch für neue Konstruktionen in der Elektroenergietechnik, in der E-Mobilität und im Bereich der Batteriespeichertechnik.

Stromführende, ruhende Verbindungen sind in unzähligen Anwendungen eingesetzt und für deren Funktion unverzichtbar. Oft versagen hochkomplexe Anlagen durch den Ausfall unzureichend ausgelegter oder hoch belasteter stromführender Verbindungen. Eine Großzahl der stromführenden Verbindungen wird montiert und muss über die geforderte Lebensdauer sicher funktionieren. Um dies unter den aktuellen Anforderungen zu gewährleisten, müssen die richtigen Leiter- und Beschichtungswerkstoffe gewählt, eine robuste Auslegung und Konstruktion vorhanden, die richtige Montage gewährleistet sowie eine gesicherte Grenztemperatur für die gewünschte Lebensdauer unter Berücksichtigung der Umgebungsbedingungen bekannt sein. Es werden die Theorie zur Kontaktphysik, die wichtigsten Leiter- und Beschichtungswerkstoffe, Einflussgrößen auf das elektrische Kontaktverhalten, der Zusammenhang zwischen mechanischem und elektrischem Kontaktverhalten, die Physik der Alterung und die Wirkung auf das Langzeitverhalten bei unterschiedlichen Einsatz- und Umgebungsbedingungen sowie Auslegungskriterien für die Konstruktion beschrieben. Weiterhin werden Ansätze zur numerischen Modellierung des elektrisch-mechanisch-thermischen Verhaltens dargestellt sowie Bewertungskriterien und Prüfverfahren zur Qualifizierung vorgestellt. Das Buch stellt ein fundiertes Nachschlagewerk dar, dass auf wissenschaftlichen Arbeiten und Erkenntnissen aus der Praxis der letzten 40 Jahre beruht.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Derzeit steht das Elektroenergieversorgungssystem, bestehend aus Erzeugern, Übertragungs- und Verteilnetzen sowie Verbrauchern, vor einem grundlegenden Wandel. Eine neue Struktur aus wenigen zentralen und vielen dezentralen Elektroenergieerzeugungsanlagen, verbunden mit einer zunehmenden Volatilität der Einspeiseleistung durch die Nutzung regenerativer Energiequellen, steht einem zunehmenden Bedarf an Elektroenergie, beispielsweise durch die Elektrifizierung der Mobilität gegenüber. Die Elektroenergie wird zunehmend über größere Entfernungen zwischen Erzeugern und Verbrauchern transportiert und bestehende Betriebsmittel entsprechend deutlich stärker belastet. Die Anforderungen an Verfügbarkeit, Sicherheit, Belastbarkeit und Kosten moderner elektrischer Anlagen sind erheblich gestiegen. Beispiele hierfür sind Schalt- und Verteilanlagen aber auch neue Geräte wie Ladesäulen für oder das Leistungs-Bordnetz in Elektrofahrzeugen. Neben dem sicheren Betrieb des Elektroenergieversorgungsnetzes durch stabile Schaltzustände dürfen keine Ausfälle im Übertragungs- und Verteilnetz oder zwischen einzelnen Anlagenteilen auftreten.
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
2. Arten, Funktion und Anforderung an stromführende Verbindungen
Zusammenfassung
Eine stromführende Verbindung hat eine elektrische und eine mechanische Funktion. Elektrisch muss ein stromtragfähiger Kontakt zwischen den Leitern hergestellt werden. Mechanisch sollen die Leiter entweder fest verbunden (z. B. Pressverbindung) oder beweglich gefügt (z. B. Gleitverbindung) werden. Beim Verbinden der Leiter soll ein reproduzierbarer und niedriger Kontaktwiderstand erreicht werden, der sich während der Betriebszeit nicht unzulässig erhöht [1, 2]. Damit wird die galvanische Kopplung zwischen den Leitern über elektrische Kontakte sichergestellt und es kann dauerhaft ein Strom geführt werden. In der Mittel- und Hochspannungstechnik muss die Konstruktion der Verbindung zusätzlich so gestaltet sein, dass keine unzulässigen Teilentladungen entstehen. Die geforderte Lebensdauer stromführender Verbindungen in der Elektroenergietechnik beträgt in der Regel mehrere Jahrzehnte. Ein stabiles Kontakt- und Langzeitverhalten ist damit Voraussetzung für einen sicheren und zuverlässigen Betrieb aller Komponenten und Anlagen.
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
3. Kontaktwerkstoffe
Zusammenfassung
In der Elektroenergietechnik werden vor allem Metalle als Leiter eingesetzt. Der spezifische elektrische Widerstand ρ bzw. die elektrische Leitfähigkeit κ von Metallen hängen von den frei beweglichen Elektronen im Gitter ab (abgebildet durch ρ0). Durch temperaturbedingte Gitterschwingungen (ρT) und Gitterstörungen, wie Fehlstellen, Versetzungen, Korngrenzen oder Fremdatome (ρG), werden die Elektronen gestreut und damit der spezifische elektrische Widerstand ρ erhöht (Gl. (3.1)) [1].Durch die Bewegung der Elektronen wird Energie und damit auch Wärme transportiert. Das heißt, metallische Leiter mit einem niedrigen spezifischen elektrischen Widerstand ρ haben auch eine hohe thermische Leitfähigkeit λ. Diese indirekte Proportionalität wird mit dem Wiedemann-Franz-Lorenz-Gesetz unter Berücksichtigung der absoluten Temperatur T und Lorenzzahl L beschrieben (Gl. (3.2)). Im Bereich der Temperatur, bei denen Anlagen der Elektroenergietechnik betrieben werden, gilt, dass die Elektronenbewegung den Energietransport dominiert. Bei sehr niedrigen Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts ist die Gitterschwingung der dominante Mechanismus des Energietransports, der bei der Wärmeleitfähigkeit berücksichtigt werden muss [1]. Durch Kaltumformen oder Legieren reiner Metalle werden deren mechanische Eigenschaften verändert. Dabei wird die Anzahl der Gitterstörungen und damit der spezifische elektrische Widerstand durch eine größere Streuung der Elektronen erhöht. Es können damit die mechanischen und elektrischen Eigenschaften anwendungsspezifisch eingestellt werden. In der Folge dürfen sich die Eigenschaften der Kontaktwerkstoffe bei einer langen Betriebsdauer und maximaler Betriebstemperatur nicht unzulässig ändern, da damit das Kontakt- und Langzeitverhalten stromführender Verbindungen stark negativ beeinflusst werden kann. Das Verhalten der Leiter- und Beschichtungswerkstoffe ist deshalb von grundlegender Bedeutung und wird folgend näher betrachtet (Abb. 3.1).
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
4. Kontaktverhalten stromführender Verbindungen
Zusammenfassung
Die stromtragfähige Berührung zweier stromführender Leiter wird als elektrischer Kontakt bezeichnet [1]. Je nach Geometrie des Kontakts entstehen dabei punkt-, linienförmige oder flächige Berührungsstellen (Abb. 4.1). Die technische Realisierung eines elektrischen Kontakts ist eine elektrische oder auch stromführende Verbindung.
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
5. Langzeitverhalten stromführender Verbindungen
Zusammenfassung
Stromführende Verbindungen altern abhängig von Betriebs- und Umweltbedingungen. Durch die Alterung erhöhen sich der Kontakt- und der Verbindungswiderstand, wodurch die Verlustleistung und die Temperatur der Verbindung größer werden. Derzeit sind fünf Mechanismen bekannt, die abhängig von der Verbindungsart und den eingesetzten Fügelementen die Alterung bestimmen (Abb. 5.1). Bei stromführenden Verbindungen mit Kontaktpartnern aus gleichen Leiterwerkstoffen dominieren der Kraftabbau, die chemischen Reaktionen und bei ausreichend hoher Stromdichte die Elektromigration das Langzeitverhalten. Bei Bimetall-Verbindungen muss zusätzlich die Interdiffusion berücksichtigt werden. Sind Relativbewegungen; verursacht durch thermische Dehnungen oder bei Schalt- und Steckvorgänge, zwischen den Kontaktpartnern möglich, ist zusätzlich der Reibverschleiß zu beachten.
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
6. Auslegen stromführender Verbindungen
Zusammenfassung
Die in diesem Kapitel beschriebene Vorgehensweise hat das Ziel, die Anforderungen zum Auslegen stromführender Verbindungen für den Betrieb in elektroenergietechnischen Systemen in sechs klar definierten Schritten in eine konstruktive Gestaltung sowie Anweisung zur Montage der Verbindung zu übersetzen (Abb. 6.1).
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
7. Prüfverfahren
Zusammenfassung
Die Funktion einer stromführenden Verbindung in der Elektroenergietechnik wird in standardisierten Verfahren unter jeweils einheitlichen Anforderungen nachgewiesen. Für nahezu alle Prüfverfahren gilt, dass dadurch kein Nachweis der Lebensdauer erbracht wird, selbst wenn zahlreiche Prüfverfahren teilweise als Alterungsprüfung bezeichnet werden. Der Zweck beim Prüfen der Funktion stromführender Verbindungen ist daher vielmehr, Mindestanforderungen für stromführende Verbindungen mit gleichem Anwendungsbereich zu erfüllen. Entsprechend wird die elektrische Funktion der jeweiligen Verbindung anwendungsspezifisch nachgewiesen. Basis dafür sind reproduzierbare Belastungs- und einheitliche Bewertungskriterien, mit denen stromführender Verbindungen für einen Anwendungsbereich aber insbesondere von unterschiedlichen Herstellern vergleichbar geprüft werden können. Die Belastungen der jeweiligen Anwendung im Betrieb sind dabei Grundlage für das Prüfen der Verbindung. Darüber hinaus wird häufig eine beschleunigte Alterung in der Prüfung gegenüber dem Bemessungsbetrieb mit dem Ziel angestrebt, keine zusätzlichen Alterungsmechanismen zu aktivieren oder diese unzulässig zu forcieren oder zu unterdrücken [2]. International sind abhängig von der Art der Verbindung und dem entsprechenden Anwendungsbereich zahlreiche Verfahren zum Prüfen der elektrischen Funktion stromführender Verbindungen standardisiert. Im folgenden Kapitel werden daher zunächst die Einflussgrößen in den Prüfverfahren sowie ihre prinzipielle Wirkungsweise hinsichtlich der aktivierten Alterungsmechanismen betrachtet. In Abschn. 7.2 werden Prüfungen gemäß gültiger Standards exemplarisch und in Abschn. 7.3 Rahmenbedingungen für entwicklungsbegleitende Prüfungen vorgestellt.
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
8. Schlusswort
Zusammenfassung
Die Inhalte des Buches sind das Ergebnis einer langjährigen Arbeit der Autoren an der Professur für Hochspannungs- und Hochstromtechnik der Technischen Universität Dresden. Wir verstehen uns dabei als Sprecher einer Forschungsgruppe, die seit mehr als 40 Jahren in diesem Fachgebiet tätig ist. Die hohe Qualität der Forschung zeigt sich dabei in den zahlreichen Qualifikationsarbeiten, die wiederum einen einmaligen Wissensschatz darstellen. Die wesentlichen Erkenntnisse dieses Alleinstellungsmerkmal in der Forschung an der Professur sind in diesem Buch zusammengefasst. Es soll den Studierenden, Ingenieur:innen, Fachexpert:innen und Interessierten eine Grundlage geben, um das Wissen zum Kontakt- und Langzeitverhalten stromführender Verbindungen nutzbar zu machen und dieses zu erhalten.
Stephan Schlegel, Michael Gatzsche, Christian Hildmann, Toni Israel
Backmatter
Metadaten
Titel
Kontakt- und Langzeitverhalten stromführender Verbindungen in der Elektroenergietechnik
verfasst von
Stephan Schlegel
Michael Gatzsche
Christian Hildmann
Toni Israel
Copyright-Jahr
2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-64658-8
Print ISBN
978-3-662-64657-1
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-64658-8