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2010 | Buch

Kostendruck und Standard

Zu den Auswirkungen finanzieller Zwänge auf den Standard sozialversicherungsrechtlicher Leistungen und den haftungsrechtlichen Behandlungsstandard

verfasst von: Johannes Arnade

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

Buchreihe : Kölner Schriften zum Medizinrecht

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Über dieses Buch

Das deutsche Gesundheitswesen ist zunehmend von Ressourcenknappheit geprägt. Trotz zahlreicher Bemühungen um Kostendämpfung ist es in den letzten Jahrzehnten nicht gelungen, der wachsenden Diskrepanz zwischen dem medizinisch Machbaren und dem tatsächlich Finanzierbaren zu begegnen. Die vorliegende Schrift greift zwei der zentralen sich aus der Ressourcenknappheit ergebenden und bisher wenig geklärten rechtlichen Fragestellungen auf. Die Möglichkeiten einer Rationierung medizinischer Leistungen werden untersucht und kritisch gewürdigt. Bestehende konfliktträchtige Spannungen zwischen dem Arzthaftungs- und Sozialversicherungsrecht werden herausgestellt und Lösungswege gesucht. Ziel der Studie ist es, einen verfassungskonformen Ansatz für die Zuteilung knapper Ressourcen zu entwickeln und eine Harmonisierung der verschiedenen Teildisziplinen zu erreichen.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
Einleitung
Zusammenfassung
Das deutsche Gesundheitssystem verschlingt mittlerweile jährlich einen Betrag, der sich jenseits der Marke von 245 Mrd. Euro bewegt. Die Gründe hierfür sind vielfältig, insbesondere der medizinisch-technische Fortschritt erweist sich als kostentreibend. Seit Jahrzehnten wird politisch nach Wegen aus der Ausgabenspirale gesucht. Die Bemühungen des Gesetzgebers blieben bislang indes ohne durchschlagenden Erfolg. Mit der Herausforderung, der ausufernden Kosten auf dem Gesundheitssektor Herr zu werden, ist aber nicht nur die Bundesrepublik überfordert: Im Wesentlichen sind es die Kosten des Gesundheitswesens, die in keinem Land der Welt wirklich beherrscht werden. Vor allem die Industrienationen mit einem hoch entwickelten Gesundheitssystem sind davon betroffen. Ressourcenknappheit und Finanzierungsschwierigkeiten im Bereich der Gesundheitsversorgung sind nicht nur politisch und gesellschaftlich ein Dauerthema von höchster Brisanz, sondern werfen zudem eine ganze Reihe rechtlicher Fragestellungen auf. Die vorliegende Untersuchung möchte zwei zentrale aufgreifen.
Johannes Arnade

Ressourcenknappheit und Standard sozialversicherungsrechtlicher Leistungen

Frontmatter
1. Kapitel. Knappe Ressourcen, Kostenanstieg und Reaktionen des Gesetzgebers
Zusammenfassung
Die Diskussion um Ressourcenknappheit im Gesundheitswesen konzentriert sich in Deutschland in erster Linie auf den Finanzierungssektor. Es sind aber auch andere Erscheinungsformen von Ressourcenknappheit zu verzeichnen. Etwa der Mangel an Pflegekräften oder an sozialen Diensten in poststationären Versorgungseinrichtungen. Unzureichend ist auch die Möglichkeit, unheilbar Kranke auf Palliativstationen zu begleiten. Ein weiteres Beispiel für „naturgegebene“ Knappheit findet sich im Bereich der Organtransplantation, da ein Missverhältnis zwischen Transplantationsbedarf auf der einen und verfügbaren Organen auf der anderen Seite besteht. Allerdings sind bis auf die letztgenannte Erscheinungsform alle Knappheitserscheinungen auf fehlende finanzielle Mittel zurückzuführen. Schließlich ließe sich durch die Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel mehr Pflegepersonal beschäftigen, mehr soziale Dienste in poststationären Versorgungseinrichtungen schaffen und auch mehr Palliativstationen einrichten.
Johannes Arnade
2. Kapitel. Rationalisierung und Rationierung als Reaktionen auf den Kostenanstieg
Zusammenfassung
Der Fortschritt der Medizin und die damit verbundenen zunehmenden Kosten haben zur Konsequenz, dass die Diskrepanz zwischen dem medizinisch Machbaren und dem tatsächlich Finanzierbaren stetig zunimmt.
Johannes Arnade
3. Kapitel. Rechtliche Grenzen von Rationierungsmaßnahmen
Zusammenfassung
Rationierungsmaßnahmen haben für den betroffenen Versicherten mitunter einschneidende Wirkung. Bevor in einem weiteren Kapitel näher auf mögliche Rationierungskriterien eingegangen werden soll, ist deswegen nun zunächst zu untersuchen, welche rechtlichen Grenzen für eine Rationierung im Gesundheitswesen bestehen. Hierbei richtet sich die Aufmerksamkeit vorwiegend auf verfassungsrechtliche Vorgaben. Eine Unterteilung der Darstellung erfolgt dergestalt, dass zuerst verfassungsrechtliche Erwägungen vorgenommen werden sollen, die Rationierungsmaßnahmen generell entgegen stehen könnten (A.). Sodann richtet sich das Augenmerk auf rechtlich relevante Grenzen hinsichtlich einzelner Rationierungskriterien (B.).
Johannes Arnade
4. Kapitel. Rationierungskriterien und ihre tatsächliche Umsetzung
Zusammenfassung
Nachdem nunmehr die rechtlichen Grenzen für explizite Rationierungsmaßnahmen abgesteckt sind, wird sich die Untersuchung im Folgenden, mit einzelnen Rationierungskriterien auseinanderzusetzen und sie hinsichtlich ihrer Verfassungskonformität zu würdigen. Daran anschließend sollen strukturelle Überlegungen zu einer ausdrücklich gesetzlich geregelten Rationierung angestellt werden. Das vierte Kapitel schließt mit einer abschließenden Bewertung der Rationierungsdiskussion im deutschen Gesundheitswesen.
Johannes Arnade
Zusammenfassung 1. Teil
Zusammenfassung
Der erste Teil der Untersuchung hat gezeigt, dass das deutsche Gesundheitswesen von stetig steigenden Kosten geprägt ist, die im ersten Kapitel beleuchtet worden sind. Ursächlich für diesen Anstieg ist vor allem der medizinische Fortschritt, aber auch die demographische Entwicklung und möglicherweise eine zunehmende Defensivmedizin sind mitverantwortlich. Die Übersicht über einige Kostendämpfungsgesetze der vergangnen 30 Jahre ergab, dass die Versuche des Gesetzgebers, das Problem in den Griff zu bekommen, unzureichend gewesen sind. Die überwiegend auf Rationalisierung setzenden Maßnahmen haben es nicht zu verhindern vermocht, dass sich die Diskrepanz zwischen dem theoretisch medizinisch Machbaren und dem tatsächlich Finanzierbaren vergrößert. Daher sind neben den Versuchen, Rationalisierungsreserven zu mobilisieren, auch Rationierungen ein Thema.
Johannes Arnade

Das Spannungsverh�ltnis von Haftungs- und Sozialrecht

1. Kapitel. Relevante Aspekte der zivilrechtlichen Arzthaftung
Zusammenfassung
Der Überblick über die relevanten Aspekte der zivilrechtlichen Arzthaftung beginnt mit einer jeweils knappen Darstellung der einzelnen Rechtsgrundlagen (A.). Anschließend gilt die Aufmerksamkeit den beiden haftungsbegründenden ärztlichen Verhaltensweisen Behandlungsfehler und Aufklärungsfehler (B.), wobei Aufklärungspflichten vor allem für Lösungsmöglichkeiten eines Spannungsverhältnisses von Bedeutung sind und daher zunächst nur knapp zur Sprache kommen sollen. Schließlich ist auf Fragen des Verschuldens einzugehen (C.).
Johannes Arnade
2. Kapitel. Der medizinische Standard als zentraler Anknüpfungspunkt der Haftung
Zusammenfassung
Das vorherige Kapitel hat gezeigt, dass die grundlegende Richtschnur für die haftungsrechtliche Bewertung ärztlichen Verhaltens der medizinische Standard ist. Dieser soll daher im Folgenden eine nähere Betrachtung erfahren. Dabei ist zunächst der Begriff des medizinischen Standards zu definieren (A.). Weiterhin wird darauf einzugehen sein, wie medizinische Standards entstehen oder festgelegt werden (B.). In diesem Rahmen wird zu zeigen sein, dass einmal entstandene Standards nicht auf ewig festgeschrieben sind, der medizinische Standard daher auch eine dynamische Komponente aufweist. Eng mit dieser Dynamik verbunden ist die Frage, inwieweit neue Behandlungsmethoden eingesetzt werden dürfen oder müssen. Untersucht werden muss auch die Bedeutung von medizinischen Leitlinien und von Richtlinien für die Entstehung und Festlegung des medizinischen Standards. Daran anschließend wird die haftungsrechtliche Relevanz medizinischer Leitlinien erörtert. In einem weiteren Teilabschnitt (C.) gilt es aufzuzeigen, inwieweit der Standardbegriff dahingehend Abstufungen zulässt, dass Qualitätsunterschiede in der Behandlung zugelassen werden. Einhergehend mit einer Abstufung ist die Frage nach einem gewissen Mindeststandard. Auch wird auf das so genannte Übernahmeverschulden einzugehen sein.
Johannes Arnade
3. Kapitel. Das sozialrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot
Zusammenfassung
Die folgenden Ausführungen sind dem sozialrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebot, welches ein grundlegendes Prinzip der GKV darstellt, gewidmet. Die Darstellung erfolgt überblicksweise; es sollen vor allem die für einen möglichen Konflikt mit dem Haftungsrecht wesentlichen Aspekte herausgestellt werden.
Johannes Arnade
4. Kapitel. Spannungen zwischen Wirtschaftlichkeitsgebot und Haftungsrecht
Zusammenfassung
Nach der einzelnen Darstellung des zivilrechtlichen Haftungsmaßstabes und des sozialrechtlichen Wirtschaftlichkeitsgebotes, sollen nunmehr beide Bereiche in der Betrachtung zusammengeführt werden. Dies wirft die Frage auf, ob ein Spannungsverhältnis zwischen Haftungsmaßstab einerseits und Wirtschaftlichkeitsgebot andererseits besteht. Anschließend sollen in einem zweiten Schritt Überlegungen angestellt werden, wie auf Diskrepanzen zwischen den beiden für den ärztlichen Beruf bedeutenden Rechtsgebieten reagiert werden kann und welche Schlussfolgerungen aus etwaigen Spannungen zu ziehen sind.
Johannes Arnade
Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Zusammenfassung
Das untersuchte und vielfach propagierte Spannungsverhältnis zwischen Haftungs-und Sozialrecht ist durchaus differenziert zu bewerten. Die Auslegung der gesetzlich in § 12 SGB V bestimmten Merkmale der ausreichenden, zweckmäßigen, wirtschaftlichen und das Maß des Notwendigen nicht überschreitenden Leistungen stehen nicht in einem direkten Widerspruch zu dem im Zivilrecht einzuhaltenden Sorgfaltsmaßstab. Der Leistungsumfang der GKV hält stets eine Methode bereit, die dem Basisstandard und damit den Anforderungen des Haftungsrechts entspricht. Daher ist es zunächst auch unerheblich, dass der sozialrechtliche Standard vom zivilrechtlichen Standard insofern abweicht, als Ersterer nur dasjenige umfasst, was allgemein anerkannt ist, während Letzterer auch die dynamische Komponente des medizinischen Standards aufgreift. Eine Gefahr, dass der behandelnde Arzt sich in der konkreten Situation nicht rechtmäßig verhalten kann, ist insgesamt rechtlich grundsätzlich nicht angelegt.
Johannes Arnade
Backmatter
Metadaten
Titel
Kostendruck und Standard
verfasst von
Johannes Arnade
Copyright-Jahr
2010
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-642-11946-0
Print ISBN
978-3-642-11945-3
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-642-11946-0