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Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft 2/2022

Open Access 01.04.2022 | Buchbesprechung

Kremer, Thomas/Bachmann, Gregor/Lutter, Marcus/v. Werder, Axel, Deutscher Corporate Governance Kodex. Kodex-Kommentar, 8. Aufl.

Verlag C.H. Beck, München, 2021. XXI, 564 Seiten. ISBN 978-3-406-73836-4

verfasst von: Christian Armbrüster

Erschienen in: Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft | Ausgabe 2/2022

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Der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) ist für den Versicherungssektor in mehrfacher Hinsicht bedeutsam. Dieses Regelwerk betrifft alle börsennotierten Aktiengesellschaften und damit auch Versicherungsunternehmen. § 161 Abs. 1 S. 1 AktG gebietet ihnen, sich jährlich darüber zu erklären, ob und ggf. inwieweit sie den Empfehlungen des Kodex entsprechen. Sofern sie davon abweichen, ist dies zu begründen (sog. comply or explain-Ansatz). Hierzu bietet die Neuauflage des Kommentars wichtige Orientierung. Sie bringt das Werk auf den Stand der aktuellen Kodexfassung vom 16.12.2019, die gegenüber den Vorfassungen neben einem grundlegend neuen Aufbau auch einige bedeutsame inhaltliche Neuerungen gebracht hat. Dies gilt insbesondere für die neu gefassten Empfehlungen zu den praxisrelevanten Themen Unabhängigkeit der Aufsichtsratsmitglieder (C II) und Vorstandsvergütung (G). Hierzu wie zu allen anderen Themen bietet das Werk eine an den einzelnen Aussagen des DCGK orientierte Kommentierung.
Auf die von Versicherungsunternehmen zu beachtenden Besonderheiten (s. insbes. § 24 zu den Anforderungen an Geschäftsleiter und § 25 VAG zu Vergütungsregelungen) geht der Kommentar nicht ein. Sie werden auch im Kodex selbst nicht thematisiert (so ausdrücklich Präambel zum DCGK, Abs. 8 S. 1). Dessen ungeachtet bieten etwa die Ausführungen zur Vergütung, die überwiegend durch Bachmann, teils zudem durch v. Werder und Kremer verfasst sind, auch für Versicherungsunternehmen überaus kompetente und wertvolle Orientierung. Zudem wird an verschiedener Stelle des Kommentars daran erinnert, dass für Versicherungsunternehmen Besonderheiten gelten (s. etwa Grds. 6 Rn. 28 [Lutter/Bachmann] oder Grds. 9 Rn. 4 [Kremer]).
Speziell für Versicherer (und andere der Finanzdienstleistungsaufsicht unterworfene Branchen) ist die neu in den Kodex aufgenommene Empfehlung F.4 bedeutsam. Demnach soll bei spezialgesetzlich geregelten Unternehmen angegeben werden, welche Empfehlungen aufgrund vorrangiger gesetzlicher Bestimmungen nicht anwendbar waren. Dazu gibt v. Werder (F.4 Rn. 3) den Rat, die Angaben nach Empfehlung F.4 innerhalb der Entsprechenserklärung zu platzieren und sie zudem nach den Vorgaben des § 161 AktG zu begründen, wofür in der Regel die höherrangige Rechtsnorm genannt werden soll. Dies erscheint sachgerecht. Eine restriktivere Handhabung unter Hinweis darauf, dass bei derartigen Kollisionen Empfehlungen des DCGK ohnehin keine Geltung beanspruchen könnten, würde der in der Kommentierung zu Recht generell empfohlenen „proaktiven Publizitätsstrategie“ (Grds. 22 Rn. 14 ff. [v. Werder]) zuwiderlaufen.
Darüber hinaus hat der Kodex in der Vergangenheit auch Aussagen zum Versicherungsschutz für Leitungsorgane in Gestalt der Managerhaftpflichtversicherung (D&O-Versicherung) enthalten. In den Versionen bis einschließlich 2017 wurde zwar nicht der Abschluss einer D&O-Versicherung empfohlen, wohl aber für den Fall eines Abschlusses ein obligatorischer Selbstbehalt auch für den Aufsichtsrat (s. etwa Ziff. 3.8 Abs. 3 DCGK i. d. F. vom 07.02.2017). Eine solche Empfehlung ist in der aktuellen Fassung des Kodex vom 16.12.2019 nicht mehr enthalten. Hinsichtlich des Vorstands erklärt sich dieses Schweigen daraus, dass die dazu früher formulierte Aussage (s. etwa Ziff. 3.8 Abs. 2 DCGK i. d. F. vom 07.02.2017) lediglich den Inhalt von § 93 Abs. 2 S. 3 AktG wiedergab. Ausweislich der Begründung zur Neufassung (abrufbar unter https://​www.​dcgk.​de/​/​files/​dcgk/​usercontent/​de/​download/​kodex/​191216_​Begruendung_​DCGK.​pdf) soll nunmehr auf die Wiedergabe gesetzlicher Bestimmungen, die nicht als Grundsätze einzustufen sind, verzichtet werden. Für den Aufsichtsrat fehlt allerdings hinsichtlich des Selbstbehalts weiterhin eine gesetzliche Regelung. Im Bericht des Rechtsausschusses zum VorstAG heisst es dazu ausdrücklich: „Diese Frage kann dem Deutschen Corporate Governance Kodex überlassen bleiben“ (BT-Drucks. 16/13433, S. 11 f.).
Über die Gründe, aus denen die Empfehlung in der aktuellen Version des Kodex gestrichen wurde, erfährt man weder in der dazu veröffentlichten Begründung noch in der Neuauflage der Kommentierung etwas. Interessanterweise enthält das Parallelwerk für öffentliche Unternehmen, nämlich der Public Corporate Governance Kodex (PCGK) des Bundes (revidierte Fassung: 16.09.2020; abrufbar unter www.​bundesfinanzmini​sterium.​de; s. dazu Lindenlauf, NZG 2021, 149 ff.) weiterhin Aussagen zur D&O-Versicherung: Eine solche Versicherung kann nach Ziff. 4.3.2 Abs. 1 S. 1 PCGK – soweit haushaltsrechtlich zulässig – von öffentlichen Unternehmen abgeschlossen werden, deren Unternehmensorgane erhöhten Haftungsrisiken ausgesetzt sind. Dabei soll für die Mitglieder der Geschäftsführung ein Selbstbehalt nach dem Vorbild von § 93 Abs. 2 S. 3 AktG vereinbart werden (Ziff. 4.3.2 Abs. 1 S. 2 PCGK). Für die Mitglieder von Überwachungsorganen soll nach der revidierten Fassung des PCGK abweichend von der ursprünglichen Version ein angemessener Selbstbehalt nur noch dann vereinbart werden, wenn sie für ihre Tätigkeit eine Vergütung erhalten (Ziff. 4.3.2 Abs. 1 S. 3 PCGK). Zudem sollen die Entscheidung und ihre Begründung, insbesondere zur Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit einer D&O-Versicherung sowie zur Vereinbarung eines Selbstbehalts, dokumentiert werden (Ziff. 4.3.2 Abs. 2 PCGK). Dazu, ob das jeweilige Organmitglied für den Selbstbehalt einen Versicherungsschutz (sog. Selbstbehaltsversicherung) beschaffen soll, sagt der PCGK nichts (s. auch Lindenlauf, NZG 2021 149, 150). Ergänzend sei angemerkt, dass sich aus den Vorgaben des PCGK ebenso wenig wie aus den früheren Fassungen des DCGK eine Empfehlung entnehmen lässt, eine D&O-Versicherung abzuschließen.
Für eine künftige Neuauflage des DCGK-Kommentars erscheint es wünschenswert, durchgängig auf Änderungen gegenüber früheren Kodexfassungen wie die hier beispielhaft genannte Streichung von Ziff. 3.8 Abs. 3 DCGK 2017 und auf die dafür maßgeblichen Gründe einzugehen. Erwägen ließe sich zudem, darüber hinaus auch Anregungen für künftige Neufassungen des DCGK zu formulieren, wie sie sich etwa durch einen vergleichenden Blick auf den PCGK oder auf ausländische Regelwerke gewinnen lassen. Dessen ungeachtet erfüllt die Kommentierung ihren wesentlichen Zweck, der Praxis verlässliche Orientierung für den Umgang mit dem aktuell geltenden Kodex zu geben, auch in der 8. Auflage in vorbildlicher Weise.
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Metadaten
Titel
Kremer, Thomas/Bachmann, Gregor/Lutter, Marcus/v. Werder, Axel, Deutscher Corporate Governance Kodex. Kodex-Kommentar, 8. Aufl.
Verlag C.H. Beck, München, 2021. XXI, 564 Seiten. ISBN 978-3-406-73836-4
verfasst von
Christian Armbrüster
Publikationsdatum
01.04.2022
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Zeitschrift für die gesamte Versicherungswissenschaft / Ausgabe 2/2022
Print ISSN: 0044-2585
Elektronische ISSN: 1865-9748
DOI
https://doi.org/10.1007/s12297-022-00524-5

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