Es ist ein Alptraum, von dem die südkoreanische Technologiemarke Samsung gerade heimgesucht wird. Darin spuken herum: Bilder und Videos des explodierten "Phablets" Galaxy Note 7, die das Internet fluten. Airlines, die ihren Passagieren verbieten, das von Branchenmedien zunächst als weltbestes Handy gefeierte Gerät mit an Bord zu nehmen. Eine Rückrufaktion, die scheitert, weil auch die Austauschgeräte in Flammen aufgehen. Der Verkaufsstopp als Notbremse. Ein Fehler, der sich nicht finden lässt und die Weiterentwicklung des Smartphone-Renners Galaxy S7 verzögern könnte. Verärgerte Käufer und Konkurrent Apple der justament sein neues iPhone 7 nachlegt. Zurückgeschraubte Gewinnprognosen, finanzielle Einbußen und ein enormer Imageschaden: All das dürfte den Hersteller derzeit um den Schaf bringen. Doch der schweigt sich weitgehend aus.
Transparenz und Haltung in der Krise
"Rethink what a phone can do", heißt es nach wie vor auf der Startseite der Samsung-Internetpräsenz. Der Kunde wird dazu eingeladen, die Gerätewelt des Herstellers zu entdecken. Sollte sich der Mischkonzern in der Krise als ein Meister der Selbstironie erweisen? Eher nicht. Vielmehr entpuppt sich das Festhalten an einem Werbeversprechen, das für den Moment ausgedient haben muss, weil es unbeabsichtigt negative Assoziationen in enormer Reichweite weckt, als ein weiterer Fingerzeig auf die ungelenke Krisenkommunikation der Koreaner.
Zwar verspricht ein Link in der Kopfzeile neue Informationen über das Pannenhandy und es werden dem Kunden auf der dafür eingerichteten Seite alle Fragen zum Rückgabeprozess erläutert – Entschuldigung inklusive. Das krisenbedingte Mehr an Ansprache, Information und Erläuterung, das es nun dringend bräuchte, die Transparenz um das Vertrauen des Verbrauchers zurück zu gewinnen, bleibt stoisch unerfüllt. Auf das Nötigste reduzieren sich auch die Meldungen im Pressebereich.
Das Wertesystem hinter einer Marke
"Krisenmanagement ist der direkte Weg, die Haltung hinter einer Marke zu entlarven. Denn in der kurzfristigen Krise wird das Wertesystem durch intuitive Handlungen spürbar", sagte Krisenexperte Jürgen Gietl gegenüber der Wirtschaftswoche.
Doch was könnte in diesem Zusammenhang über die Haltung und das Wertesystem der Südkoreaner spekuliert werden? Idealerweise gar nichts, denn gutes Krisenmanagement erstickt durch prompte Aufklärung jede Spekulation im Keim. Samsung aber beliefert Haushalte nicht nur mit Smartphones, sondern einer ganzen Bandbreite an Unterhaltungselektronik vom Fernseher bis zum Kochfeld. Umso entschiedener muss das Unternehmen für sein Qualitätsversprechen einstehen und dem Kunden plausibel jede noch so unbegründete Sorge vor Schäden an Hab und Gut nehmen. So fix wie die Koreaner ihren Rückruf umsetzten, so offen hätten sie über den Fehler auch kommunizieren sollen.
Krisen muss man kommen sehen
Eine Krise ist kein Naturereignis, sondern eine riskante Situation im Unternehmen die eskalieren kann, meinen die Springer-Autorin Susanne Fiederer und Anabel Ternès in "Definition und Gesichter von Krisen". Ein Unternehmen, das seine Risiken kennt, hat deshalb einen Notfallplan mit ausgearbeiteten Zuständigkeiten und Aktionen in den Schubladen liegen. Das ist Sache des Reisikomanagements. Hinzu kommt die enge Verzahnung mit der Unternehmenskommunikation. Denn: "Nur, wenn die Kommunikation weiß, welche Risiken vorhanden sind, und festgestellt hat, welches Eskalationspotenzial sie besitzen, kann der Bereich entsprechende Präventions- bzw. Kriseninstrumentarien entwickeln und installieren" (Seite 16). Prävention und Früherkennung sind die Anliegen der Krisenvorsorge. Die Krise eindämmen, die Unternehmensreputation herstellen und aus der Krise lernen ist Sache der Krisenbewältigung. "Ein erkanntes Risiko wird durch eine entsprechende aktive oder reaktive Rolle der Kommunikation deutlich reduziert" (Seite 17)
Die drei Varianten der Krise | und ihre Eigenschaften |
Eruptive Krise |
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Schleichende Krise |
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Latente oder periodische Krise |
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