In Krisen sind Führungskräfte stark gefordert. Sie müssen das Unternehmen nach außen repräsentieren und in der Kommunikation den richtigen Ton treffen. Kein leichtes Unterfangen - insbesondere für empathische Manager.
In einer krisenanfälligen VUCA-Umwelt ändern sich auch die Anforderungen an das Krisenmanagement. Während in Unternehmen bislang die Divise galt, kritische Situationen generell zu vermeiden, gilt es jetzt, "Krisen situativ und durch konkretes Handeln zu bewältigen – ein Handeln im Sinne von Schadensreduzierung und Problemlösung, das weite Teile der Mitarbeitenden mit einbezieht", schreiben die Springer-Autorinnen Ulrike Buchholz und Susanne Knorre über Krisenmanagement.
In Krisen ist zu viel Empathie kontraproduktiv
Für dieses situative und konkrete Handeln braucht es Verantwortliche, die einen kühlen Kopf bewahren. Doch ausgerechnet der fehlt empathischen Führungskräften offenbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine konzeptionelle Studie der Universität Passau, der Arizona State University und der University of Georgia. Die Fähigkeit, sich in andere einzufühlen, ist im Umgang mit Menschen eine positive Eigenschaft. Beim Krisenmanagement ist Empathie allerdings eher kontraproduktiv. Denn sie führt dazu, dass Führungskräfte in Notlagen zu absurden Entscheidungen kommen, heißt es in der Studie mit dem Titel "A blessing and a curse: How CEOs' trait empathy affects their management of organizational crises" (PDF).
Die Forscher Andreas König, Lorenz Graf-Vlachy, Jon Bundy und Laura Little haben das Problem in vier Thesen zusammengefasst:
- Ist eine Führungskraft besonders empathisch, ist sie auch für mögliche Warnsignale sensibilisiert. Allerdings sieht sie mitunter auch Krisen, wo gar keine sind.
- Empathie ist eine Charaktereigenschaft, die Führungskräften in der Krise hilft, an die nötigen Informationen zu kommen. Sie macht sie aber auch voreingenommen, wenn es darum geht diese Informationen zu verarbeiten.
- Empathische Führungskräfte sind gut darin, Mitgefühl und Verständnis zu zeigen. Allerdings kann diese Fähigkeit auch negative Auswirkungen haben, weil zu viel Anteilnahme den Blick verstellt.
- Einer empathischen Führungskraft fällt es leicht, gestörte Beziehungen nach einer Krise wiederherstellen. Sie tut sich aber schwer, den operativen Schaden zu beseitigen.
Handlungsorientiert in der Krise agieren
Wird die Krise in der VUCA-Welt akut, ist es für Unternehmen aber gerade besonders wichtig, "flexibel, offen und lösungsorientiert entscheiden und handeln können, um die neuen krisenhaften Bedingungen möglichst schnell und kreativ zu verarbeiten", schreiben Buchholz und Knorre auf Seite 203. Führungskräfte müssen also handlungsorientiert agieren und kommunizieren.
In der externen und internen Kommunikation ist es bei Krisen in der Regel unabdingbar, Empathie zu zeigen, inbesondere, wenn es Opfer zu verzeichnen gibt. Ein wirksamer Hebel ist die "Komplexitätsreduzierung", empfiehlt Silke Hahn bei Krisenmanagement und Krisenkommunkation: "Krisen sind Stresssituationen, in denen punktgenaue Situationsanalysen und Statements gefragt sind. Komplizierte Erklärungsversuche und langatmige Herleitungen sind als Stellungnahmen in der Krise nicht geeignet", schreibt die Springer-Autorin auf Seite 49. Zu viel Komplexität schadet also mindestens genauso wie zu viel Empathie.