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23.11.2021 | Krisenmanagement | Schwerpunkt | Online-Artikel

Was Unternehmen in der Krise nicht gelernt haben

verfasst von: Michaela Paefgen-Laß

4:30 Min. Lesedauer

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Recht robust, so lässt sich der Zustand der deutschen Wirtschaft im zweiten Jahr der Corona-Krise diagnostizieren. Lange war der Blick nach vorne gerichtet. Krisenprävention stand da hinten an. Rächt sich das jetzt?

Die Ergebnisse der Staufen-Studie "Restrukturierung 2021" geben Zeugnis für das Krisenmanagement des deutschen Mittelstandes mit ordentlichem Notenschnitt. Von den 200 im Frühjahr 2021 von der Unternehmensberatung befragten Top-Führungskräften aus Industrie, Handel und dem Dienstleistungssektor mit einem Jahresumsatz über 20 Millionen Euro hat fast die Hälfte (47 Prozent) mit der Krise kein Thema mehr. Sie befinden sich derzeit entweder im neutralen Modus, also ohne akute Krisen- oder Wachstumserfahrung (22 Prozent), sind am Wachsen (20 Prozent) oder sogar am Boomen (fünf Prozent). Bei allem Optimismus hat die Umfrage allerdings bei der Krisenprävention Schwachstellen ermittelt.

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Zukunftsfähig ohne Krisenprävention?

Auf der Agenda des Managements stehen aktuell Aufgaben, die ihre Organisation anschlussfähig an die Herausforderungen der Zukunft machen und gleichzeitig Wachstum sichern sollen. Neben Kosten- und Finanzierungsfragen, sind dort die Digitalisierung gelistet sowie Konzepte zur Realisierung von agilen Prozessen, flexiblen Strukturen, die Verbesserung der Unternehmenskultur und die Entwicklung einer dynamischen Führungskultur. 

Der Wandel ist machbar, finden die befragten Führungskräfte. Im Fach Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit geben sie sich durchschnittlich die Note zwei. Auch in Sachen Krisenmanagement stellen sie sich ein gutes Zeugnis aus. In der Industrie geben 49 Prozent der Befragten an, über ein erfahrenes Management zu verfügen. Bezogen auf den Handel gilt das immerhin noch für 31 Prozent der Manager. Am schlechtesten schneiden die Dienstleister ab. Echte Krisenexpertise bescheinigen sich nur 28 Prozent der Manager.

Krisenprävention durch Antizipation und Simulation

Krisenmanagement erschöpft sich allerdings nicht im Bewältigen von Krisen. Das Topmanagement muss Krisen antizipieren können. Frühwarnsysteme, die Alarm schlagen, wenn interne oder externe Unruhen sich ankündigen, müssen etabliert werden. Vorhandene Krisenszenarien gehören laufend auf Tauglichkeit überprüft. Doch genau das wird in nicht einmal jedem zweiten Unternehmen durchexerziert: 47 Prozent verfolgen klar strukturierte Prozesse für die zukunftsfähige Ausrichtung ihrer Unternehmungen und 49 Prozent spielen ihre Krisenszenarien inklusive der Gegenmaßnahmen regelmäßig durch. Drohende Schieflagen glauben die Befragten noch immer mit den klassischen Systemen ausreichend früh aufspüren zu können, moderne Tools zur Krisenfrüherkennung spielen eine untergeordnete Rolle:

  • 48 Prozent Risikomanagement Systeme
  • 47 Prozent Finanzkennzahlen
  • 44 Prozent Hinweise von Führungskräften
  • 40 Prozent Vertriebscontrolling
  • 40 Prozent Data Analytics oder Business Intelligence
  • 33 Prozent Trendradar und andere Systeme
  • 33 Prozent Hinweise von Mitarbeitenden
  • 30 Prozent Shopfloor Management
  • 30 Prozent Hinweise von Investoren

"Eine der wichtigsten Eigenschaften auch im Krisenmanagement ist es, offen zu sein für potenzielle Krisen", schreibt Springer-Autor Heino Hilbig in "Damit ihnen so etwas nie wieder passiert" (Seite 195). Denn Krisen, so fasst er zusammen, geschehen zwar immer unerwartet, lassen sich rückwirkend aber als logische Konsequenz der eigenen menschlichen Handelns betrachten und über gut geplante Szenarien vorbereiten. Wie also lässt es sich erreichen, dass Unternehmen auch auf das unwahrscheinlichste Ereignis gut vorbereitet reagieren und ihre Aktivitäten sicher können?

Übung macht den Meister, schon vor der Krise

Ganz einfach: Durch üben und testen, findet Springer-Autor Uwe Rühl. Er ist sich sicher, dass genau das die meist vernachlässigten Maßnahmen im Business-Continuity-Management sind. Wer sich dafür allerdings in ruhigen Phasen nicht die Zeit nimmt, wird schlimmsten Falls - wie die Corona-Krise gezeigt hat - auf die harte Tour, nämlich mitten im Desaster erfahren, wie es um die eigene Unternehmenssicherung bestellt ist. Aber auch üben und testen will gelernt sein. Zunächst, so beschreibt der Autor, ist zwischen beiden Abläufen zu unterscheiden. Ein Test bestätigt lediglich die Tauglichkeit einer Funktion - klapp, oder klappt nicht (112). Die Übung ist ein minutiöses und regelmäßiges Durchspielen, Ausprobieren und Nachbesseren von Abläufen und dem Zusammenspiel der daran beteiligten Akteure - mit offenem Ergebnis. 

Mögliche Tests zur Krisenprävention sind (113):

  • Alarmierungskette und Alarmierungssystem testen (zum Beispiel Intercom, Telefonkette, Mass-Notification-Tool)
  • Erreichbarkeit von Dienstleistern für den Notfall testen
  • Erreichbarkeit des Krisenstabes testen
  • Alternative Standorte prüfen und den Weg dorthin inkl. Alternativrouten abfahren (Fahrzeit)
  • Backup-Restore und Recovery-Tests für IT-Systeme
  • Kommunikationsmittel prüfen
  • Werkzeuge, Ersatzteile, Vorratshaltung prüfen und auf Haltbarkeit und Einsetzbarkeit prüfen
  • Pläne, Verzeichnisse und Checklisten auf Vollständigkeit und Aktualität prüfen

Übungen zielen immer auf Verbesserungen. Deshalb müssen sie realistisch durchgeführt und ehrlich ausgewertet werden. Ein einfacher Schreibtischtest hat dabei das gleiche Augenmerk verdient, wie die aufwändige Vollübung. 

Übungsszenarien der Krisenprävention können sein (114):

  • Planbesprechung (Schreibtischtest): Prüfen der logischen Abläufe von Krisenstabs- oder Business-Continuity-Plänen.
  • Simulation: Gut vorbereitete, modellhafte Nachbildung der Krisensituation mit der die Tauglichkeit von einzelnen Maßnahmen überprüft wird. Das zu testende Team wird in der Simulation unter Druck gesetzt. Externe Experten oder Dienstleister beobachten und bewerten das Zusammenspiel.
  • Teilübung: In die Simulation eingebaute Tests, mit denen einzelne Elemente nicht nur theoretisch besprochen, sondern direkt eingeübt werden können. Hilft dabei, ein realistisches Zeitgefühl zu entwickeln.
  • Vollübung: Der Krisen- oder Business-Continuity-Plan wird komplett mit allen Elementen durchgespielt. Aufwändig, aber von hohem Erkenntnisgewinn.

Springer-Autor Rühl empfiehlt, die Test und Übungen über Zeiträume von drei Jahren durchzuplanen und dabei vorab festzulegen, welche Elemente mit welchen Methoden und wie häufig getestet und geübt werden sollen. Dabei sei darauf zu achten, dass die Methoden variieren und die Übungen regelmäßigen Reviews unterzogen werden. Unermüdliches Testen und üben lohnt sich, findet Rühl: "Echter Stress und ungemütliche Erfahrungen während einer Übung werden Ihnen helfen, im Ernstfall besser gewappnet zu sein!" (Seite 116).

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