Krisenmanagement wird in Unternehmen und Behörden nicht mehr stiefmütterlich behandelt. Wie die richtige Vorbereitung für den Notfall funktioniert und welche Gefahren Organisationen als die Größten betrachten.
Sind Krisenstäbe der Heilsbringer für das Krisenmanagement?
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Die Springer-Autorinnen Ulrike Buchholz und Susanne Knorre definieren in ihrem Buchkapitel "Krisenmanagement" aus ihrem Buch "Interne Kommunikation und Unternehmensführung", dass es sich bei einer Krise um "eine zeitlich akute, ökonomische, bis zur Insolvenz führenden ökonomischen Krise" handelt (Seite 199). Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen sich frühzeitig auf einen solchen Notfall vorbereiten.
Laut der Krisenpräventationsumfrage 2019, die durch den Krisennavigator - Institut für Krisenforschung der Universität Kiel und der Deutschen Gesellschaft für Krisenmanagement e.V. (DGfKM) durchgeführt wurde, wird es immer wichtiger, präventive Maßnahmen für den Ernstfall zu ergreifen.
Teilgenommen haben bei der Studie Krisenbeauftragte (35 Prozent) und Kommunikationsmanager (65 Prozent) aus 85 verschiedenen Institutionen, darunter Unternehmen, Behörden und Verbände. Von ihnen mussten 75 Prozent im Jahr 2018 mindestens einen Krisenfall bewältigen.
Krisenvorbeugung ist mittlerweile das A und O
"Im Zentrum des Krisenmanagements einschließlich der Krisenkommunikation stehen sogenannte Krisenpläne", erklären Buchholz und Knorre (Seite 200). Gemeint sind damit "zukunftsgerichtete, situativ anzupassende strategische Grundüberlegungen", die laut der Studie immer mehr in den Unternehmen eingesetzt werden.
Mittlerweile nutzen 72 Prozent der befragten Experten Krisenhandbücher in ihrem Unternehmen. Auch regelmäßige Krisenübungen (59 Prozent) werden durchgeführt, sowie Krisenräume (46 Prozent) für den Ernstfall bereitgehalten.
Krisenstäbe für die große Krise
Neben menschenbezogenen Krisenfällen, wie Tod, Unfall oder Pandemie (55 Prozent), sorgen sich die Befragten vor allem um Cyberangriffe und Brände (44 Prozent) und medienbezogene Krisenfälle.
Kein Wunder also, dass 81 Prozent der befragten Experten vor allem die Medienbeobachtung als krisenvorbeugende Maßnahme sehen. Dazu kommt, dass es mittlerweile unabdingbar ist, Krisenstäbe zu formen, die im Akutfall wissen, wie zu handeln ist. Diese Krisenstäbe bestehen aus durchschnittlich fünf Abteilungen. Dazu gehören Mitarbeiter aus der Kommunikation, der Behördenleitung, dem Compliance-, Qualitäts- und Risikomanagement.
Laut Knorre und Buchholz ist dies jedoch nicht die ideale Herangehensweise. Denn diese "in Krisen typische Tendenz zur Zentralisierung sämtlicher Entscheidungen in Krisenstäben, Lagezentren oder Ausschüssen" führe eher "zu einer Entfremdung und Abschottung von den internen Zielgruppen" (Seite 205). Viel mehr bestehen die Springer-Autorinnen darauf, sowohl interne als auch externe Stakeholder beziehungsweise Experten ins Boot zu holen und so vor einer Krise zu schützen oder im Falle einer Krise schnell zu handeln.
Das haben die befragten Unternehmen zwar schon erkannt, beziehen bisher aber nur externe Berater, Behörden und Betriebsräte ein. Gegenüber der Politik sind die Befragten besonders zögerlich.
Krisenarten: Nicht nur digital
Neben den menschenbezogenen Krisen, steigt auch die Angst vor digitalen Gefahren. So wird von den Experten von einer Zunahme von Digitalisierung (76 Prozent) ausgegangen, die wiederum in verstärkter Krisenkommunikation in sozialen Medien (74 Prozent) und Komplexität (67 Prozent) der Krisen resultieren wird. Auch Datenintegritätsverletzungen und Hackerangriffe (60 Prozent) sowie Shitstorms und Online-Proteste (44 Prozent) werden als Gefahren angesehen.
Selbst wenn die Digitalisierung als einer der Haupt-Krisentrigger gesehen wird, bringt sie auch Vorteile. Laut Springer-Autoren Tobias Müller und Sebastian Riedel kann man durch digitale Tools frühzeitig Krisenherde erkennen. Im Buchkapitel "Strategische Krisenprävention" aus dem Buch "Professionelle Krisenkommunikation" erklären sie, dass durch frühzeitige digitale Nutzung "dem Problem durch direkte Kommunikation mit den Stakeholdern effizient entgegengewirkt werden kann, sodass eine mögliche Krise im Keim erstickt wird. Über eigene Social-Media-Kanäle können im Krisenfall Informationen und Hintergründe verbreitet und komplexe Themen erklärt werden", so Müller und Riedel (Seite 190).
Die nächste Krisenpräventionsumfrage wird zeigen, wie die Unternehmen auf die Digitalisierung eingegangen sind und wo sich neue Probleme auftun. Bis dahin werden Krisenstäbe geformt und Hackerangriffe gefürchtet.