Arbeitgeber können Kurzarbeitergeld noch bis Ende Dezember für den Monat September abrechnen. Durch das Gesetz zur Beschäftigungssicherung gelten zudem die Corona-Sonderregeln bis Ende 2021. Die wichtigsten Fragen und Zahlen.
Die Zahl der Kurzarbeiter hatte im April 2020 mit rund sechs Millionen ein Rekordhoch erreicht. Seitdem ist die Entwicklung rückläufig. Nach den aktuellsten Angaben der Bundesagentur für Arbeit wurde im September 2020 etwa 2,22 Millionen Beschäftigten Kurzarbeitergeld gezahlt.
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Im März hatte das Bundeskabinett das "Arbeit-von-Morgen"-Gesetz auf den Weg gebracht. Es ermöglicht mehr Betrieben, Kurzarbeitergeld zu bekommen und zwar leichter als bisher. So sollen die negativen Auswirkungen der Corona-Krise auf die Wirtschaft abgefedert und Entlassungen vermieden werden. Seit April können Betriebe mit geringeren Hürden auf diese Unterstützung vom Staat zurückgreifen.
Anspruch auf Kurzarbeitergeld besteht demnach, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten einen Arbeitsausfall von mehr als zehn Prozent haben, heißt es bei der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesmisniterium für Arbeit und Soziales. Früher galt das ab einem Drittel der Arbeitnehmer. Der Bezug von Kurzarbeitergeld soll nach den Beschlüssen der Bundesregierung bis zu zwei Jahre möglich sein, längstens aber bis zum 31.12.2021. Ein entsprechender Gesetzesentwurf, das so genannte Gesetz zur Beschäftigungssicherung, wurde am 20. November vom Bundestag beschlossen.
Fristen bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld
Unternehmen haben gesetzlich rückwirkend bis zu drei Monate Zeit, angezeigte und dann realisierte Kurzarbeit abzurechnen, teilte die Bundesagentur für Arbeit mit. So läuft im Dezember die Frist für September aus. Diese Regelung setze sich monatsweise fort. Dementsprechend müssen Ende Dezember Ansprüche für September eingegangen sein. Entscheidend sei das Eingangsdatum der Unterlagen. Dann können Unternehmen mit der Agentur für Arbeit abrechnen, nachdem sie das Geld an ihre Beschäftigten ausgezahlt haben.
Der Hinweis auf die Fristen und das Prozedere bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld tut offenbar Not. Denn nach Angaben der Arbeitsagentur haben die meisten Unternehmen und Lohnbüros 2020 erstmalig mit dem Verfahren zu tun und daher wenig Erfahrung.
Wann wird Kurzarbeitergeld aufgestockt?
Auch die Änderungen bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen sorgen in Unternehmen für Verunsicherung. So hatte die Bundesregierung wegen der andauernden Corona-Krise mit dem Sozialschutzpaket II eine Erhöhung des Kurzarbeitergeldes beschlossen. Allerdings hatten sich die Spitzen von Union und SPD auf eine Staffelung geeinigt.
Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Kurzarbeit bekommen normalerweise 60 Prozent des ausfallenden Nettolohns (Eltern: 67 Prozent). Nun erhalten Beschäftigte, deren Arbeitszeit um mehr als die Hälfte reduziert wurde, ab dem vierten Kurzarbeitsmonat (gerechnet ab März 2020) 70 Prozent (Eltern: 77 Prozent) des ausfallenden Lohns. Ab dem siebten Monat sind es 80 Prozent beziehungsweise 87 Prozent. Diese Corona-Aufstockung gilt bis Ende 2021 für alle Beschäftigten, die bis März 2021 in Kurzarbeit gehen.
Negativ-Rekord bei Kurzarbeit
Wegen der Corona-Epidemie hatte die Bundesregierung mit maximal 2,35 Millionen Kurzarbeitern, mehr als jemals zuvor, gerechnet. Doch bereits im April erreichte die Zahl der Kurzarbeiter nach Schätzungen des Münchener Ifo-Instituts rund 7,3 Millionen. Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BfA) belief sich die Zahl der Kurzarbeitergeldbezieher im April auf rund sechs Millionen. Seitdem gibt es einen kontinuierlichen Rückgang. Vom 1. bis 25. November zeigten Betriebe nach Angaben der BfA für 537.000 Menschen Kurzarbeit an, ein gutes Drittel davon aus dem Gastgewerbe.
Monat | Anzahl der Kurzarbeiter in Deutschland im Jahr 2020 |
Januar | 382.423 |
Februar | 439.353 |
März | 2.824.310 |
April | 6.006.765 |
Mai | 5.726.323 |
Juni | 6.700.000 |
Juli | 5.552.000 |
August | 4.552.000 |
September | 3.733.009 |
Oktober | 3.286.457 |
Quelle: Bundesagentur für Arbeit; Ifo-Institut
Diese Branchen stocken beim Kurzarbeitergeld auf
Mehr Geld im Kurzarbeitersäckel: Nur wenige Beschäftigte profitieren von tariflichen Regelungen, bei denen der Arbeitgeber die Zahlungen der Arbeitsagentur aufstockt. Jetzt unterstützt die Bundesregierung mit einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes auf bis zu 87 Prozent des Nettolohnes.
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Laut § 106 Abs. 2 S. 2 SGB III iVm mit § 1 Abs. 1 Nr. 8 SvEV haben Arbeitgeber die Möglichkeit, das Kurzarbeitergeld freiwillig aufzustocken. Insbesondere bei der "Kurzarbeit Null" entstehen bei Arbeitnehmern erhebliche Nettogehaltslücken beziehungsweise finanzielle Engpässen. Doch die Branchen, die in Tarifverträgen Regelungen getroffen haben, die finanziellen Einbußen durch eine Aufstockung des Kurzarbeitergelds zu kompensieren, sind klar in der Minderheit, zeigt eine Analyse durch die Hans-Böckler-Stiftung. Die wenigen Beschäftigten, die bislang von solch einer Regelung profitieren, erhalten zwischen 75 und 97 Prozent des Nettogehalts.
Zu den Branchen, die das Kurzarbeitergeld aufbessern, zählen laut Hans-Böckler-Stiftung unter anderem die holz- und kunststoffverarbeitende Industrie in Sachsen, der Groß- und Außenhandel in Nordrhein-Westfalen, das Kfz-Handwerk in Bayern sowie die chemische Industrie. Und auch die Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg stockt das Kurzarbeitergeld je nach Umfang der Arbeitsreduzierung auf 80,5 bis 97 Prozent auf. Selbst die von Corona stark gebeutelte Systemgastronomie hat eine Vereinbarung getroffen, derzufolge das Kurzarbeitergeld auf 90 Prozent des Nettoentgeldes erhöht wird.
Der Volkswagen-Konzern gewährt abhängig von der Gehaltsstufe Erhöhungen auf 78 bis 95 Prozent, wobei die Beschäftigten mit niedrigeren Gehältern am meisten profitieren. Auch die Deutsche Bahn AG (80 Prozent des Bruttogehalts) und die Deutsche Telekom haben entsprechende Tarifvereinbarungen getroffen.
Kurzarbeiter vor allem in Niedriglohnsektor
Doch das Plus beim Kurzarbeitergeld ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Gerade in den typischen Niedriglohnsektoren fehlen tarifliche Zuschüsse dieser Art bislang, so Thorsten Schulten, Leiters des WSI-Tarifarchivs, das die Daten ermittelt hat. Doch vor allem dort wiegen Nettoeinkommensverluste von 40 Prozent besonders schwer.
Laut einer Online-Befragung, für die im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung im April und Juni mehr als 6.309 Erwerbstätige interviewt worden sind, erhalten im Fall von Kurzarbeit 58 Prozent der Befragten mit Tarifvertrag eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes. Ohne Tarifvertrag gilt das nur für 34 Prozent.
Auch in Betrieben mit Betriebs- oder Personalrat fällt die Bilanz ähnlich positiv aus. Hier lag laut Umfrage der Anteil der Kurzarbeitenden mit Aufstockung bei 60 Prozent. Dagegen profitierten in Unternehmen ohne betriebliche Mitbestimmung lediglich 32 Prozent der Beschäftigten von einer Aufstockung.
Kleinbetriebe und Gastgewerbe nutzten Kurzarbeit am häufigsten
Bei einer Betrachtung der betroffenen Branchen zeigt sich bei der Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung, das Kurzarbeit im Gastgewerbe am stärksten verbreitet ist (45 Prozent). Es folgen das verarbeitende Gewerbe (20 Prozent) sowie der Verkehrs- und Logistikbereich (17 Prozent). Unterdurchschnittlich kommt Kurzarbeit hingegen im Gesundheits- und Sozialwesen (fünf Prozent), im Baugewerbe (knapp vier Prozent) und im öffentlichen Dienst (knapp drei Prozent) zum Tragen.
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