KI gilt als Heilmittel für alles. Dr. Andreas Fink, Mitglied des Vorstands der Bertrandt AG, präzisiert dies im Interview hinsichtlich IT-Sicherheit, Grounding und Tisax-Standard. Aber er beantwortet auch, welche KI sein liebstes Kind ist.
Michael Reichenbach, Stellvertretender Chefredakteur der ATZ, im Gespräch mit Dr. Andreas Fink, Mitglied des Vorstands Technik bei Bertrandt.
Michael Reichenbach
SpringerProfessional/ATZ: Herr Dr. Fink, Datenschutz ist bei der KI-Nutzung sehr wichtig, da Sie auch vielfältige Kundendaten verwenden. Sie bezeichnen dies als Schatz, den es zu hüten gilt. Könnten Sie uns bitte das Thema Grounding genauer erklären?
Fink: Die ersten KI-Systeme, die es auf dem Markt gab, waren öffentlich zugänglich. Beispielsweise konnte und kann jeder ChatGPT nutzen. Diese Systeme sind vortrainiert, damit sie auf die gestellten Fragen antworten können. Für dieses Trainieren brauchen sie Datenmaterial, wofür öffentlich zugängliche Daten wie Wikipedia genutzt wurden. Nun ist es so: Wir wollen diese Systeme oder KI-Modelle nicht mit unseren Daten trainieren, denn die Daten gehören entweder uns oder unseren Kunden. Wir als Entwicklungsdienstleister unterliegen dem sogenannten Tisax-Standard, der vom VDA aufgesetzt wurde und nicht nur Datenschutz, sondern auch Objekt- und Prototypenschutz umfasst. Mit dem sogenannten Grounding wurden nun neue technische Möglichkeiten von den Herstellern von KI-Systemen geschaffen, vortrainierte KI-Modelle zu nutzen, die nicht mit den Unternehmensdaten trainiert werden jedoch Unternehmensdaten im Kontext des jeweiligen Anwenders verarbeiten können, ohne diese abzuspeichern. Das läuft quasi wie in einem Sandkasten ab, der speziell für Bertrandt existiert.
Wie seht das in der Praxis in Ihrer Abteilung aus?
Bei einer normalen Internetnutzung oder Recherche werden immer auch Informationen ausgewertet und Systeme von Herstellern optimiert. Ähnlich arbeiten die Webanwendungen für KI-Modelle verschiedener Hersteller. Der eigentliche Mehrwert von KI entsteht dadurch, dass wir die Funktionen auf unsere Unternehmensprozesse applizieren können. Dies macht es notwendig, dass wir auch auf die unternehmensinternen Daten zugreifen können, ohne dass die nach außen gehen. Ich würde sagen, das ist ein Durchbruch in der KI-Applikation.
Welche Entwicklungen sind noch zu erwarten?
Als weiteren Trend sehe ich die multimodalen KI-Systeme. Ihr Vorteil ist, dass sie gleichzeitig Text, Sprache, Bild und Video verarbeiten können. Damit haben sie noch einmal einen deutlichen Mehrwert, um eine praxisnahe Anwendung zu generieren.
Für wie wichtig schätzen Sie Document Intelligence und Data Labeling ein, welche KI ist Ihr liebstes Kind?
Das kann ich gar nicht genau quantifizieren. Aber bestimmte Entwicklungen für Funktionen des autonomen Fahrens werden durch diese Techniken erst möglich. Wir haben unter anderem Effizienzgewinne im Bereich Softwareerstellung und Softwaretest. Darüber hinaus bieten KI-Anwendungen beim Thema Fachkräftemangel eine große Chance, da man mit der KI einen Unterstützer hat. Bei der KI beeindrucken mich am meisten die Vielzahl der Anwendungen und die Kombinationsmöglichkeiten. Eine Einzelanwendung kann ich hier gar nicht hervorheben. Ein liebstes Kind habe ich daher nicht.
Herr Dr. Fink, vielen Dank für das interessante Gespräch.