Im Interview erklärt die IT-Expertin Priscilla Nagashima, wie die zunehmende Automatisierung die Rolle von Finanz-Teams verändern wird und wie Künstliche Intelligenz die Branche vor neue Herausforderungen stellt.
Priscilla Nagashima ist Vice President für Daten, Analytics und Künstliche Intelligenz bei Pleo.
Pleo
springerprofessional.de: Frau Nagashima, welche Trends erwarten Sie dieses Jahr in Bezug auf das Thema "Digitalisierung" in den Finanzabteilungen?
Priscilla Nagashima: In diesem Jahr werden durch Künstliche Intelligenz (KI) gestützte Tools unverzichtbar, um Ausgaben in Echtzeit zu überwachen und Maßnahmen für mehr Effizienz, niedrigere Kosten, die Vermeidung von Doppelarbeit und eine optimale Budgetnutzung zu entwickeln. KI wird es Unternehmen zudem ermöglichen, vom reaktiven Budgetieren zu einer proaktiven Finanzplanung überzugehen, einschließlich automatisierter Auslöser für Budgetüberprüfungen oder Neuverhandlungen, die sich an Markt-Benchmarks orientieren. Angesichts der zunehmenden Verbreitung von KI müssen Unternehmen intelligentere Datenstrategien entwickeln, denn besonders die Speicherung und Verarbeitung übermäßiger Daten verursacht sowohl finanzielle als auch ökologische Kosten, die es für Unternehmen zu umgehen gilt. Infolgedessen werden wir beobachten, wie Unternehmen sich auf die relevantesten Daten konzentrieren, um spezifische Probleme zu lösen, Datenüberfluss zu reduzieren und Server-Emissionen zu senken.
Inwieweit setzt Künstliche Intelligenz hier ganz neue Maßstäbe?
KI revolutioniert die bisherigen Ansätze, indem sie Finanz-Teams ermöglicht, Daten auf eine Weise zu analysieren, die vorher nicht möglich war. Beispielsweise können KI-Tools große Datenmengen schneller und um einiges genauer verarbeiten, wodurch tiefere Einblicke und effizientere Entscheidungen möglich werden. KI bietet innovative Ansätze wie Echtzeit-Szenarioplanung und Automatisierung von Routineaufgaben, was den Fokus wiederum auf strategische Tätigkeiten lenkt. Zudem wird KI in den kommenden Jahren immer zugänglicher, was bedeutet, dass Finanz-Teams sie ohne tiefgehende technische Kenntnisse effektiv nutzen können, ähnlich wie Excel früher ein komplexes Tool war und heute ein Standardwerkzeug ist. Die Finanz-Teams, die den Vorteil von KI als Erste verstehen und nutzen, werden einen deutlichen Wettbewerbsvorsprung haben.
Wie wird KI bislang im Finanzwesen konkret eingesetzt?
KI wird bereits verwendet, um Prozesse zu automatisieren und die Effizienz zu steigern. Ein Beispiel für den konkreten Einsatz im Finanzwesen ist die Nutzung durch JP Morgan Chase, die KI einsetzen, um kommerzielle Kreditverträge zu analysieren. Dadurch werden 360.000 Arbeitsstunden von Anwälten auf wenige Sekunden reduziert. Ein weiteres Beispiel ist die Verwendung von KI-gestützten Ausgabenanalysen. Entsprechende Tools vergleichen beispielsweise individuelle Ausgabemuster von Kunden und geben personalisierte Empfehlungen für smartere Ausgaben. Sie können auch Unternehmen darauf hinweisen, wenn doppelte Tools verwendet werden oder wenn Ausgaben plötzlich stark ansteigen oder sinken. Darüber hinaus wird KI häufig für die Erstellung von Content genutzt, sei es für Berichte oder andere Dokumente, wodurch Finanz-Teams Zeit für andere Aufgaben gewinnen.
Was versprechen sich Finanz-Teams von der Automatisierung von täglichen Arbeitsabläufen?
Durch die Automatisierung erwarten Finanz-Teams eine Zeitersparnis bei Routineaufgaben, sodass sie sich stärker auf strategische Tätigkeiten konzentrieren können. Dies umfasst das Erstellen von Berichten, die Analyse von Daten und die Vorbereitung auf Meetings. Durch die Automatisierung von Routineaufgaben, wie zum Beispiel das Verfassen von Berichten oder die Analyse von Daten, können Teams effektiver arbeiten und gleichzeitig bessere Ergebnisse erzielen. KI soll dabei helfen, die operative Effizienz zu steigern und die Qualität der Entscheidungen zu verbessern. Darüber hinaus ermöglicht die Automatisierung eine zielgerichtete Szenarioplanung sowie eine schnellere Bearbeitung von Budgetannahmen, ohne dass ganze Wochenenden für diese Aufgaben geopfert werden müssen.
Welche Probleme gilt es in einigen Unternehmen bei der KI-Integration noch zu bewältigen?
Es gibt einige Herausforderungen, die Unternehmen bei der Integration von Künstlicher Intelligenz noch meistern müssen. Eine davon ist das wachsende Kompetenzdefizit. Laut des Pleo CFO Playbooks 2024 glauben mehr als 38 Prozent der Entscheidungsträger nicht, dass Chief Financial Officers (CFO) oder Finanz-Teams ein umfassendes Verständnis von KI haben müssen. Diese veraltete Sichtweise hindert jedoch viele Unternehmen daran, die Technologie sinnvoll einzusetzen. Dazu kommt die falsche Erwartungshaltung, dass KI perfekt sein muss, bevor sie eingesetzt werden kann. Das führt dazu, dass Unternehmen zu lange warten, statt jetzt schon von den Vorteilen zu profitieren. Und ein weiteres Hindernis sind die Sicherheitsbedenken. Viele Unternehmen haben Angst, dass KI unsicher sein könnte oder dass Daten nicht ausreichend geschützt sind. Letztlich fehlt es oft an klaren Richtlinien, wie KI sicher und produktiv genutzt werden kann. Diese Herausforderungen erfordern eine Kombination aus Schulung, Vertrauen in die Technologie und der Bereitschaft, mit der Integration zu beginnen, auch wenn die KI noch nicht perfekt ist.