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2013 | Buch

Kulturwandel bei den Banken

Wege zu Ethik und Verantwortung im Kreditgewerbe

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Über dieses Buch

Ziel dieses Buches ist es nicht, die Verfehlungen mit entsprechendem Entsetzen aufzulisten, weil das schon hinreichend geschehen und die Änderungsnotwendigkeit in der Gesellschaft und in der Branche erkannt wurde. Vielmehr wird versucht, anhand von Beispielen die Kräfte und Mechanismen bei den Handelnden zu analysieren und zu verstehen, die zu diesen Entwicklungen geführt haben, um darauf aufbauend Ansätze für eine Lösung vorzuschlagen. Da die Wirtschaft als dienendes Mittel von Menschen für die Menschen entwickelt wurde, können bei der Lösung derartiger Grundsatzfragen die Wirtschaftswissenschaften nicht ohne wesentliche Anleihen bei den Sozialwissenschaften, wie der Philosophie oder der Psychologie auskommen. Der Fokus bei der Entwicklung der Lösungsansätze liegt nicht darauf, durch die Weiterentwicklung eines immer umfassenderen Regelwerks das zu verbieten, was ex post als illegitim identifiziert und beklagt wurde, sondern die unglaubliche Kreativität einer sozialen Marktwirtschaft und des freien Unternehmertums in ihrem eigenen Interesse darauf zu lenken, die Komponenten eines nachhaltigen, den beteiligten Menschen dienenden Erfolges im Kerngeschäft (und weniger bei der Stiftung von Parkbanken und der Förderung von sozialen Projekten) für sich zu entdecken und ihre Kultur, Ziele und Steuerung darauf hin auszurichten. Die Funktion der staatlichen Ordnungsmacht wird dabei vor allem im Setzen der zwingend erforderlichen Rahmenbedingungen gesehen. Dieses Buch ist auf der Basis von Erfahrungen sowie diverser wissenschaftlicher Literatur von einem Praktiker für die Praxis geschrieben worden. Es zielt darauf ab, einen wirklichen, tiefgreifenden Kulturwandel aus der Praxis heraus anzuregen und umzusetzen, auch durch kreative Prozesse und Initiativen von unten.

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Einleitung
Zusammenfassung
Banken haben in der Marktwirtschaft eine besondere volkswirtschaftlich systemische Bedeutung, weil das in sie gesetzte Vertrauen als Treuhänder privater und gewerblicher Einlagen sowie sonstiger Anlagevermögen Voraussetzung für die Versorgung der Wirtschaft insbesondere mit Fremdkapital ist. Darüber hinaus ist das Finanzsystem über wechselseitige Verpflichtungen ihrer institutionellen Akteure so miteinander verbunden, dass der Ausfall einzelner Akteure zu massiven, ggf. die Existenz bedrohenden Belastungen bei anderen Akteuren führen kann. Eine massive Häufung unethischen Verhaltens von Banken und ihren menschlichen Vertretern aus unterschiedlichen Beweggründen mit Schäden für Kunden, Mitarbeiter und Gesellschaft hat einen Teufelskreis aus massivem Vertrauensverlust und daraus folgenden faktischen Problemen (Bankpleiten, Kreditklemmen etc.) in Gang gesetzt, den wir heute als Finanzkrise mit realwirtschaftlichen Konsequenzen erleben. Dabei beschränken sich die Meldungen durchaus nicht auf die Subprimekrise mit ihren Begleiterscheinungen, sondern betreffen zum Beispiel über die LIBOR-Manipulation, den Verkauf von spekulativen oder für die Bank ertragsstarken Produkten entgegen dem Kundenbedarf oder die in jüngerer Zeit deutlich zunehmende Verführung zur privaten Überschuldung durch „Point of Sale-Finanzierungen“ eine breite Palette von Kunden und Produkten. Die erfolgten Stützungen des Systems mit Steuermitteln in Höhe von dreistelligen Milliarden Euro-Beträgen können noch immer nicht final abgesehen und durch die gegenwärtige Generation nur schwerlich abgetragen werden. In der Wissenschaft besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Ursachen dieser Krise nicht durch die Wirtschaftswissenschaften allein erklärt, geschweige denn gelöst werden können. Das Charakteristische der realwissenschaftlichen Einzeldisziplinen besteht darin, dass sie von dem, was sie innerhalb ihrer Disziplin nicht erklären können, abstrahieren. Die Prämissen vieler solcher Abstraktionen der klassischen monetaristischen Wirtschaftstheorie, wie zum Beispiel die des „homo oeconomicus“ oder eines möglichen Gleichgewichts der Märkte, wurden jedoch ebenso deutlich wie nachhaltig widerlegt.
Klaus Leusmann
2. Defekte in der Ziel- und Steuerungssystematik von Banken
Zusammenfassung
Der Volksmund sagt, dass Geld Vertrauenssache sei und befürchtet gar: „Bei Geld hört die Freundschaft auf“. Damit weist er indirekt auch auf die besondere Bedeutung des Vertrauens für die Banken hin, deren Kern eben das Geschäft mit dem Geld ihrer Kunden ist.
Klaus Leusmann
3. Integration ethischer Kriterien in die Steuerungssysteme
Zusammenfassung
In seiner Festrede auf der Versammlung eines ehrbaren Kaufmanns zu Hamburg bemerkte der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank Josef Ackermann selbstkritisch: „Wir dürfen kein Geschäft machen – so finanziell lukrativ es kurzfristig auch erscheinen mag – wenn dieses Geschäft mittel- bis langfristig unseren Ruf aufs Spiel setzt.“ Diese Erkenntnis ging einher mit der Rücknahme des Renditeziels für das Eigenkapital von ehemals 25 % vor Steuern. Hieraus können, die Richtigkeit von Aussage und Maßnahme vorausgesetzt, folgende Schlussfolgerungen gezogen werden.
Klaus Leusmann
4. Stärkung der Aufsicht als Ordnungsmacht
Zusammenfassung
Der besonderen Bedeutung der Banken für das System der Marktwirtschaft wird von staatlicher Seite mit einer Bankenaufsicht Rechnung getragen. Sie soll verhindern, dass die Wirtschaft, an welcher die wirtschaftliche Existenz der Mitglieder einer Gesellschaft hängt, aufgrund der Schlüsselposition der Banken keinen Schaden nimmt. Trotz umfangreicher aufsichtsrechtlicher Regulierung ist jedoch genau das in einem Ausmaß passiert, dass die Gesellschaft mit dreistelligen Milliarden-Euro-Beträgen für die daraus entstandenen Schäden haften muss.
Klaus Leusmann
5. Zusammenfassung/Schlussbemerkungen
Zusammenfassung
Die Analyse im ersten Hauptteil des Buches hat verdeutlicht, dass die negative Seite der „Animal Spirits“ psychologische Ursache der Excesse und damit auch des Vertrauensverlustes in der Bankenbranche ist und dass die Ziel- und Steuerungssystematik in den Banken die entscheidenden Rahmenbedingungen für das Ausleben dieser „Animal Spirits“ liefert. Mit der alleinigen Proklamation des Primats der Rendite und ihrer Verankerung in allen Anreiz- und Sanktionsmechanismen wurde der eigentliche volkswirtschaftliche Zweck der Banken, nämlich die Versorgung der Realwirtschaft mit den erforderlichen Bankprodukten aus den Augen verloren. In der übergeordneten, philosophischen Betrachtung konnte hergeleitet werden, dass diese Entwicklung zu einem Tausch von Mittel und Zweck geführt hat. Nicht die Banken dienen dem Menschen (Kunden, Mitarbeiter, …), sondern die Menschen dienen der sich selbst optimierenden Wirtschaft und werden dabei auf einen (mathematisch) kalkulierbaren Faktor reduziert. Eigene ethische Ansprüche der Banken, zum Beispiel in Form von Ethikkodizes, können nicht erfüllt werden, weil sie anders als die Renditeziele eben nicht Element der Steuerungssystematik sind. Während das Problembewusstsein in der Gesellschaft und in der Branche deutlich gestiegen ist, ist der entscheidende Kulturwandel in der Branche jedoch bisher ausgeblieben. Auch haben die Bankenaufsicht oder die Governancegesellschaft in Gestalt von NGOs bisher keine Kehrtwende einleiten können. Im Gegenteil: Die Anzahl der faktischen Bankpleiten allein in Deutschland hält mit dem Wachstum der Regelungsdichte durchaus mit.
Klaus Leusmann
Metadaten
Titel
Kulturwandel bei den Banken
verfasst von
Klaus Leusmann
Copyright-Jahr
2013
Electronic ISBN
978-3-658-02942-5
Print ISBN
978-3-658-02941-8
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-658-02942-5