Kundenbindung ist seit der Corona-Krise zum existenziellen Gut für Unternehmen geworden. Passend dazu sind Loyalty-Programme, vor allem gepaart mit sozialem Engagement, bei Konsumenten gefragter denn je. Jüngere Nutzer schätzen außerdem auch die Bezahlfunktion der Kundenkarten.
Insbesondere stationäre Einzelhändler und Dienstleistungsunternehmen, die vor der Corona-Krise nicht oder nur am Rande E-Commerce betrieben haben, müssen sich den Zugang zu ihren größtenteils anonymen Kunden über digitale Wege hart erkämpfen. Darüber hinaus ist es spätestens jetzt existenziell geworden, Kunden nachhaltig zu binden, um gegen Handelsriesen wie Amazon online bestehen zu können. Denn nicht alleine das Sortiment wirkt hier als Verkaufsschlager, sondern vor allem die konsequente Kundenzentrierung (Customer Centricity).
Diese "führt in Verbindung mit der ausgeprägten Technologieorientierung zu einer großen Zahl an Lösungen, die zu einer weit überdurchschnittlichen Kundenbindung geführt hat", stellt ein Springer-Autorenteam im Buchkapitel "Customer Centricity – Kunden im Zentrum" fest (Seite 37). Das Kundenbindungsprogramm "Amazon Prime", über das Kunden Vorteile wie etwa den kostenfreien Versand genießen, trägt zum Erfolg des US-Konzerns maßgeblich bei. Auch Versandhändler Otto, der laut dem Marktforscher EHI Retail Institute auf Platz zwei der umsatzstärksten Online-Shops in Deutschland rangiert, generiert Stammkunden mit seiner "Otto Up-Lieferflat".
Loyalty-Programme stärker gefragt
Kleinere oder mittelständische Händler haben es schwer, umfangreiche Kundenbindungsprogramme wie diese aus dem Boden zu stampfen. Doch das ändert nichts an der Tatsache, dass sich der kundenzentrierte Service von Amazon & Co. als Messlatte in den Köpfen der Konsumenten festgesetzt hat. Die Corona-Krise beschert Kundenbindungsprogrammen einen zusätzlichen Bedeutungsanstieg, wie aus einer Studie von Ingenico Marketing Solutions hervorgeht.
Demnach machen rund 22 Prozent der Befragten seit Februar 2020 intensiveren Gebrauch von Loyalty-Programmen als bereits zuvor. Besonders die Altersgruppen zwischen 18 und 39 Jahren sind auf den Geschmack gekommen. Zu den größten motivierenden Faktoren zählen
- Sofortrabatte auf das Sortiment (83,7 Prozent)
- Sammelmechanismus für Vorteile (83,4 Prozent)
- Rabattcoupons zur Auswahl bestimmter Artikel (80,7 Prozent)
- Einfache Anmeldung/ Registrierung (78,8 Prozent)
- Zusatzservices (68,8 Prozent)
Bezahlfunktion ist bei jungen Kunden beliebt
Rund 61 Prozent der Konsumenten geben an, mindestens ein Programm zu kennen, das sie begeistert. Das ist eine deutliche Steigerung um knapp zehn Prozent im Vergleich zur Zeit vor der Krise. Eine besondere Incentivierung gilt dabei als Grundvoraussetzung für Kunden, persönliche Daten preiszugeben oder Coupons zu aktivieren. Vergleichsweise gestiegen ist zudem das Bedürfnis nach Kundenbindungsprogrammen, die mobil per App genutzt werden können. Mehr als die Hälfte der Befragten hält außerdem kontaktlose Bezahlmöglichkeiten für eine interessante Funktionserweiterung. Dies ist besonders in der Zielgruppe jüngerer Konsumenten zwischen 18 bis 29 und 30 bis 39 Jahren der Fall.
Wichtig ist, Kundenbindung bei der Ausgestaltung sämtlicher Marketinginstrumente zu berücksichtigen, betont Springer-Autor Ralf T. Kreutzer im Kapitel "Dialogische Konzepte zur Kundenbindung" seines Buchs "Kundendialog online und offline". Neben klassischen Feldern wie der Preis- oder Kommunikationspolitik rücken dann auch Personalthemen in den Blickpunkt. "Sie sollten – idealerweise im Team mit den für die Customer-Touchpoints verantwortlichen Mitarbeitern – regelmäßig prüfen, wo Sie bereits konkrete Maßnahmen zur Kundenbindung erfolgreich umsetzen und wo noch Handlungsbedarf besteht", rät Kreutzer Unternehmen (Seite 275).
Soziales Engagement kommt gut an
Kundenbindung beinhaltet folglich weitaus mehr, als attraktive Kaufanreize für die Zielgruppen zu schaffen. Das bestätigt auch die Studie von Ingenico Marketing Solutions: Rund 72 Prozent der Konsumenten begrüßen es, wenn Loyalty Programme Trends wie Klimaneutralität und Sharing Economy fördern. "Sozialkompetenz" und die Schaffung von Kundenvorteilen gehen also idealerweise Hand in Hand, so das Meinungsbild. Letztendlich also dreht es sich für Unternehmen seit bald einem Jahr Krisenstimmung darum, Haltung unter Beweis zu stellen. Entsprechend können Kundenbindungsprogramme als Marketingkanal wichtige Impulse setzen.
"Wir argumentieren, dass der Umgang mit der Krise das 'echte' Verantwortungsbewusstsein einer Organisation gegenüber ihren Stakeholdern zeigt, klare Signale an Belegschaft, Kunden, Lieferanten und die Gesellschaft sendet und so nicht nur zur Handlungsmaxime sondern zum Wettbewerbsvorteil wird", meint ein Springer-Autorenteam im Artikel "Ethik als Wettbewerbsvorteil in der Krise", erschienen in der Zeitschrift Digitale Welt, Ausgabe 4/2020 (Seite 25).
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