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Erschienen in:

Free Access 01.02.2025 | Titelthema Zur Zeit gratis

Kundenservice auf ein neues Level gehoben

verfasst von: Alexander Lorber

Erschienen in: IT-Mittelstand | Ausgabe 1-2/2025

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Das Unternehmen Putzmeister mit Sitz in Aichtal in Baden-Württemberg entwickelt, fertigt und vertreibt Betonpumpen, Mörtelmaschinen, Industriepumpen, mobile Förderbänder, Betonspritzmaschinen und Betonmischanlagen. Ein innovatives Kundenportal hält auch den Customer Service in Schwung.
Die großen Maschinen von Putzmeister sind in unzähligen Anwendungsbereichen im Einsatz, einschließlich Tiefbau, Untertagebau, Tunnelbau, bei großen Industrieprojekten und in Kraftwerken. Sie können an jede Kundenanforderung individuell angepasst und ferngewartet werden. Im Titelinterview spricht IT-Mittelstand mit Na- dine Lechler, Head of Global Service Ope- rations, und Martin Dietz, „MyPutzmeister“-Programm-Manager, über die aktuellen Herausforderungen in der Branche, den besonderen Stellenwert der Digitalisierung im Kundenservice und über den Aufbau der Portalplattform „MyPutzmeister“.
Frau Lechler, Herr Dietz, wie ist der Kundenservice bei Putzmeister aufgebaut und warum ist Digitalisierung für diesen so wichtig?
Nadine Lechler: Wir bieten einen umfangreichen und von unseren Kunden sehr geschätzten klassischen Service an. In unseren Serviceniederlassungen werden Wartungs- und Inspektionsarbeiten sowie Reparaturen erbracht. Wir sind für unsere Kunden jederzeit erreichbar und helfen aus, wenn wir benötigt werden. Ein Aspekt der Digitalisierung im Kundenservice setzt genau hier an: die Abläufe und Kundeninteraktionen zu digitalisieren und somit effizienter zu gestalten. Damit bleibt bei gleicher Teamstärke mehr Zeit für die Ausführung der Ser- vicearbeiten und somit für die Schaffung von Mehrwert.
Wie unterstützt die Digitalisierung Ihre Kunden dabei, sich selbst helfen zu können?
Lechler: Wir haben festgestellt, dass unser Servicenetzwerk in vielen Fällen kontaktiert wird, bei denen sich der Kunde eigentlich auch selbst helfen könnte - meistens sind fehlende Informationen der Grund. Um diesem Aspekt entgegenzutreten, stellen wir unseren Kunden Self-Service-Angebote zur Verfügung. Damit können Informationslücken durch den Kunden selbst geschlossen werden - und das in der Regel auch schneller, da die direkte Kommunika- tion entfällt. Damit werden sowohl wir in der Organisation als auch der Kunde effizienter - und beide Seiten können sich auf die Arbeiten konzentrieren, die Umsatz und Mehrwert generieren. Ein ebenfalls sehr wichtiger Aspekt betrifft die Unterstützung unseres globalen Händlerservicenetzwerks. Putzmeister setzt neben den eigenen Servicestützpunkten weltweit in vielen Ländern auf ein Händlernetzwerk, um Vertriebsleistungen und Servicearbeiten vor Ort zu erbringen. Auch hier hilft Digitalisierung, Prozesse effizienter zu gestalten und alle benötigten Informationen jederzeit im Zugriff zu haben - und das wiederum erleichtert es auch unseren Händlern, sich von ihren Wettbewerbern zu differenzieren und einen besseren Service am Kunden zu bieten. Aus der globalen Service-Operations-Sicht bietet uns Digitalisierung im Kundenservice die Möglichkeit, Prozesse zu beschleunigen, Prozesskosten zu reduzieren und das Serviceerlebnis insgesamt für unsere Kunden - direkt oder auch indirekt - über die Servicepartner zu verbessern.
Wie sind Sie die Digitalisierung im Service konkret angegangen?
Martin Dietz: Wir haben die Chancen der Digitalisierung schon früh erkannt und mit kleinen, gezielten Projekten gestartet. Bereits Mitte der 1990er-Jahre unterstützten wir unsere Kunden bei der Abrechnung ihrer Leistungen - ein früher Schritt in Richtung „Digitalisierung“. 2009 folgten erste Webshop- und Portallösungen, doch mit der Zeit wurde klar, dass wir eine umfassendere Strategie benötigen. Ein wichtiger Meilenstein war die Harmonisierung unserer IT-Landschaft, die zuvor gewachsen und dadurch stark fragmentiert war. Dabei haben wir nicht nur Prozesse vereinheitlicht, sondern auch Redundanzen abgebaut und eine zentrale Datenbasis geschaffen. Mit der Initiierung des „MyPutzmeister“-Programms wurde dann die Digitalisierung im Kundenservice konkret angegangen. Unser Ziel war es, einen globalen und zentralen Touchpoint zu schaffen, der für verschiedene Zielgruppen optimiert ist. Früher waren Informationen und Services auf verschiedene Systeme verteilt, was die Nutzung erschwerte. Mit „MyPutzmeister“ haben wir eine Portalplattform geschaffen, die alle relevanten Prozesse und Inhalte an einem Ort bündelt - von der Ersatzteilbestellung über Serviceanfragen bis hin zur Maschinendokumentation. Unsere Nutzer - und das sind nicht nur unsere Kunden - profitieren dadurch von einer verbesserten Usability und schnelleren Prozessen. Um diese Flexibilität und Skalierbarkeit zu gewährleisten, haben wir uns für die Digital Experience Plattform (DXP) von Liferay entschieden. Während des gesamten Prozesses haben wir iterativ gearbeitet: Wir haben klein angefangen, schnell Feedback eingeholt und darauf aufgebaut.
Welche Zielgruppen adressiert „MyPutzmeister“ und wie werden deren Bedürf- nisse berücksichtigt?
Lechler: Die Portalplattform basiert auf einem technologischen Framework und richtet sich an drei zentrale Zielgruppen: unsere Mitarbeiter, Händler und Kunden. Für jede dieser Zielgruppen werden Inhalte und Funktionen zielgruppenspezifisch über das Framework ausgespielt. Für die Mitarbeiter stellen wir ein globales Intranet bereit, das die interne Kommunikation und den Informationsaustausch optimiert. Händler und Kunden profitieren von einem Extranet, das nutzerspezifische Produkt- und Serviceinformationen beinhaltet. Hier achten wir besonders auf die Personalisierung, um relevante Tools und Daten gezielt zur Verfügung zu stellen. Alle drei Zielgruppen haben Zugriff auf spezifische Self-Service-Funktionen. Diese sind in Teilen zielgruppenübergreifend verfügbar, in Teilen aber auch speziell für einzelne Zielgruppen entwickelt worden und bieten zum Beispiel Informationen über relevante Produkte und Ersatzteile. Diese differenzierte Ansprache stellt sicher, dass jede Zielgruppe effizient unterstützt wird und die Customer Journey reibungslos verläuft. Gleichzeitig sind wir auch in der Lage, durch global gestaltete End-to-End-Prozesse und -Systeme eine effiziente Bereitstellung aller Inhalte zu gewährleisten.
Wie geht man ein solches Projekt an, wenn im Unternehmen nicht die notwendigen Ressourcen oder das Know-how vorhanden sind?
Dietz: Hier ist es wichtig, eine klare Programmorganisation aufzubauen und langfristig zu planen. Die Umsetzung kann dann in kleinen Schritten erfolgen, aber die gewählte, zentrale Plattform muss alle relevanten Komponenten - von Internet of Things (IoT) über SAP bis hin zu Apps - integrieren können, um eine durchgängige Customer Journey zu ermöglichen. Ohne eigenes Know-how im Unternehmen kann die Zusammenarbeit mit einem erfahrenen Partner helfen. Allerdings kann auch der beste Partner fehlende Prozess- und Datenkenntnisse in der eigenen Organisation nicht ersetzen. Am Ende entscheiden primär die Inhalte darüber, wie die Lösungen angenommen werden - die fehlerfreie, technische Funktionalität natürlich vorausgesetzt. Dank der technischen Expertise und Branchenkenntnis von USU Digital Consulting und einem sehr gut ausgewählten internen Projektteam konnten wir die Plattform gezielt auf unsere Anforderungen zuschneiden und eine strukturierte Umsetzung sicherstellen.
Wie wichtig war Feedback für die Entwicklung der Plattform und welche Zielgruppen haben Sie dabei einbezogen?
Dietz: Feedback war und ist ein zentraler Bestandteil unseres Ansatzes. Von Anfang an haben wir Stakeholder aus allen Zielgruppen einbezogen - Mitarbeiter, Händler und Kunden. Besonders eng war die Zusammenarbeit mit unseren Händlern. Wir haben die Portalplattform sukzessive in verschiedenen Märkten ausgerollt und eng mit ihnen zusammengearbeitet, um sicherzustellen, dass es ihre Anforderungen optimal erfüllt. Für unsere Mitarbeiter haben wir Workshops organisiert, um ihre Erfahrungen mit bestehenden Prozessen zu verstehen. Auch das direkte Feedback von Kunden war wertvoll, insbesondere um Markterwartungen frühzeitig zu erkennen. Die kontinuierliche Rückkopplung mit unseren Händlern hat es uns ermöglicht, Funktionen gezielt anzupassen und die Plattform optimal auf ihre Arbeitsabläufe auszurichten. Für uns ist es ebenfalls wichtig, weiterhin kontinuierlich und strukturiert Feedback zu erhalten. Daher haben wir bereits 2022 eine jährliche globale Nutzerumfrage ins Leben gerufen. Damit erhalten wir strukturiertes Feedback zu unserer Portalplattform und auch zu einzelnen Service-Apps sowie zu deren Nutzung. Zusätzlich ist „MyPutzmeister“ ein etablierter Bestandteil in unserem Schulungsangebot für unsere Kunden und das gesamte Servicenetzwerk. Auch hier haben wir die Möglichkeit, Neuerungen vorzustellen und direktes Feedback sowie Erweiterungsnotwendigkeiten abzufragen.
Welche Rolle spielt „MyPutzmeister“ konkret im digitalen Kundenservice, vor allem im Hinblick auf zentrale Funktionen wie End-to-End-Digitalisierung und Daten-management?
Lechler: Es ist weit mehr als nur ein digitales Tool - es ist der zentrale Anlaufpunkt für unsere Nutzer weltweit. Mit dieser Plattform verfolgen wir das Ziel, eine Ende-zu-Ende-Unterstützung sowohl bei Prozessen als auch bei Inhalten zu gewährleisten. „MyPutzmeister“ dient als Single Point of Truth, indem alle relevanten Informationen zu Produkten, Services und Transaktionen gebündelt und konsistent bereitgestellt werden. Das reduziert nicht nur Redundanzen, sondern sorgt auch dafür, dass unsere Kunden alle benötigten Informationen und Funktionen jederzeit und an einem Ort finden. Gleichzeitig erhöht es unsere interne Effizienz in Prozessen und ist auch unabdingbar, um die Qualität von Felddaten und Maschinenbeständen zu erhöhen.
Gibt es dazu ein konkretes Beispiel?
Lechler: Insbesondere mit MyFleet stellen wir eine übergreifende Service-App bereit, die unseren Nutzern hilft, alle relevanten Informationen dann abzurufen, wenn sie gebraucht werden. Das beginnt beim Aktualisieren des eigenen Fuhrparks und geht über die Pflege der digitalen Servicehistorie durch das Servicenetzwerk oder den kundeneigenen Service bis hin zur Verfügbarkeit aller technischen Dokumente zur Maschine. Direkt integriert sind auch unser Order-to-Cash- und der Gewährleistungsprozess. Alle relevanten Informationen sind transparent im Zugriff und die entsprechenden Transaktionen aufeinander abgestimmt. Somit wird der jeweiligen Zielgruppe mit den jeweiligen Funktionen ein durchgängiger und einfacher End-to-End-Prozess geboten.
Was waren die größten Herausforderungen bei der Umsetzung?
Dietz: Einer der wichtigsten Punkte war die fragmentierte IT-Landschaft. Wir hatten veraltete Systeme, die wir harmonisieren mussten, und global unterschiedliche Anforderungen. Unsere Lösung war ein Framework, das für alle digitalen Kommunikationsformen nutzbar ist. Das Resultat ist ein zentraler Touchpoint, der rund um die Uhr verfügbar ist und alle Informationen an einem Ort bündelt. Dadurch konnten wir die Effizienz steigern und die Pflege der Systeme vereinfachen. In der alten Welt mussten Informationen an bis zu 45 Stellen gepflegt werden. Da wir diese genannten Datenredundanzen und Pflegeaufwände reduzieren wollten und mussten, stellte sich zu Beginn des Programms die Frage, welche Systeme für welche Datentypen als führende Systeme in das Framework aufgenommen werden sollten. In diesem Zusammenhang war vor allem das Thema „Datenqualität“ von großer Bedeutung. So war es beispielsweise wichtig zu klären, welche Daten redundant sind, in welchen Systemen die Daten in welcher Qualität vorliegen und welche Unternehmensprozesse wiederum in welchen Systemen diese relevanten Daten triggern. Dazu kam dann auch eine neue Dimension des User-Managements, das wir in dieser Form und Komplexität vorher nicht hatten. Einzelne Lösungen müssen nicht global gültige Definitionen und Prozesse abbilden. Ein globales Framework muss aber allen Aspekten und Anforderungen gerecht werden. Das war sicherlich eine der größten Herausforderungen im Laufe der Evolution unserer Angebote, da stetig neue Gesellschaften und Produkte ihren Platz in „MyPutzmeister“ fanden.
Nachdem die Plattform dann im Einsatz war - welche Rückmeldung haben Sie von Stakeholdern erhalten? Gab es bereits Optimierungen auf Basis dieser Rückmel-dungen?
Lechler: Die Resonanz war und ist durchweg positiv. Händler und Mitarbeiter haben besonders die zentrale Bündelung von Informationen und die hohe Usability der Plattform hervorgehoben. Unsere Händler schätzen es sehr, dass sie nun alle benötigten Informationen an einem Ort finden, ohne zwischen verschiedenen Systemen und Anmeldungen wechseln zu müssen. Ein Beispiel für Optimierungen, die auf Feedback basieren, war die Implementierung der Service-App MyFleet. Diese stellt Informationen und Transaktionen rund um unsere Maschinen bereit. Basierend auf Händlerwünschen haben wir zusätzliche Filter und Berichtsoptionen integriert, um die Verwaltung großer Maschinenflotten zu erleichtern. Diese kontinuierlichen Rückmeldungen helfen uns, die Plattform und das gesamte Angebot weiterzuentwickeln.
Teil des Gesamtvorhabens war auch ein weiteres Digitalisierungsprojekt - die NO1SE-App. Warum war die zusätzliche Lösung notwendig und welchen Vorteil bringt sie für Vertriebspartner und Händler?
Dietz: Die Plattform ist unser zentraler digitaler Hub, aber wir haben festgestellt, dass unser Vertrieb und auch Handelspartner in bestimmten Situationen eine noch mobilere und sofort verfügbare Lösung benötigen. Gerade in Beratungsgesprächen oder auf Messen ist es essenziell, schnell auf aktuelle Produktinformationen, Bilder und technische Details zugreifen zu können - unabhängig von einer Internetverbindung. Genau hier kommt die Number-One-Sales-Experience-App (NO1SE) ins Spiel: Sie stellt alle relevanten Inhalte digital und offline zur Verfügung, sodass unsere Partner jederzeit optimal beraten können. Das Layout und die Navigation sind dabei speziell auf die Bedürfnisse in Beratungsgesprächen abgestimmt.
Was macht die App so besonders im Vergleich zu anderen Tools, die Vertriebs-partner verwenden könnten?
Dietz: Was die NO1SE-App besonders macht, ist ihre Kombination aus Offline-Verfügbarkeit, mehrsprachiger Unterstützung und insbesondere der direkten Anbindung an unsere zentrale Datenbank. Für die App müssen keinerlei Daten zusätzlich gepflegt werden. So können wir die Produktdaten zielorientiert für Produktpräsentationen auf der Website oder aber eben beratungsorientiert in der App ausspielen. Während andere Tools oft eine Internetverbindung erfordern oder manuelle Updates nötig sind, bietet die NO1SE-App jederzeit aktuelle und konsistente Informationen - egal wo man sich befindet. Gerade in Situationen, in denen schnelle und zuverlässige Informationen gefragt sind, ist das ein entscheidender Vorteil. Zudem ist die App intuitiv bedienbar und darauf ausgelegt, Produkt-informationen schnell bereitzustellen - ohne lange Ladezeiten oder komplizierte Menüs.
Gibt es bereits messbare Erfolge?
Lechler: Erfolge gibt es definitiv, allerdings können diese leider nicht immer vollumfänglich in allen Aspekten messbar gemacht werden. Gerade bei den Self-Service-Funktionen wurde in der Vergangenheit nicht dokumentiert, wie oft welche Kundenanfragen durch die Mitarbeiter bearbeitet wurden. Wir bekommen aber durchaus das Feedback, dass unternehmensübergreifend deutlich seltener etwa nach maschinenspezifischen Dokumentationen per E-Mail und Telefon gefragt wird. Eine wichtige, messbare Kennzahl ist der jährliche Nutzeranstieg von circa 30 Prozent, und auch die Portalbesuche legten im Jahr 2024 im Vergleich zum Vorjahr um über 15 Prozent zu. Dies spiegelt sich auch, wie bereits erwähnt, bei unserer Kundenumfrage wider: Rund 85 Prozent der Teilnehmer nutzen die Plattform mit ihren Angeboten mehrmals pro Woche. Im Ersatzteilgeschäft mit unseren Händlern haben wir eine Online-Order-Quote von circa 80 Prozent. Zusätzlich konnten wir aufgrund der Datenpflege unserer Kunden und Händler über unsere Service-Apps eine erhöhte Datenqualität unserer Maschinenpopulation nachweisen. Mittlerweile wurden über 6.000 Maschinen neu zugeordnet. Wie bereits erwähnt wurde, haben wir in der alten Welt zum Teil Daten an bis zu 45 Stellen redundant pflegen müssen. Heute wird nur noch einmal an einer Stelle gepflegt. Zusätzlich sehen wir, dass trotz des in den vergangenen Jahren gestiegenen Produktportfolios der verantwortliche Bereich weitere Aufgaben übernehmen konnte, ohne zusätzliche Ressourcen zu benötigen.
Welche Rolle wird Künstliche Intelligenz (KI) zukünftig bei Putzmeister spielen?
Lechler: Wir haben bereits an einigen Stellen KI-Technologie im Einsatz. Wir nutzen Künstliche Intelligenz dazu, um unseren Usern Produktvorschläge bei Ersatzteilen anzuzeigen. Der Nutzer erhält einen realen Vorschlag, welche Ersatzteile zusammen benötigt werden, da wir aufgrund der Komplexität und Konfigurierbarkeit unserer Produkte keine für einzelne Maschinen spezifischen Kits anbieten können. Des Weiteren nutzen wir KI-Tools auch, um Übersetzungen erstellen zu lassen. Unsere Plattform ist in 13 Sprachen verfügbar - da gibt es immer Übersetzungsbedarf. Da wir sehr spezifische Fachausdrücke in unserer Branche gebrauchen, sind die gängigen Übersetzungs-Tools in der Vergangenheit selten mehr als eine 80-prozentige Lösung gewesen.
Dietz: Zusätzlich beschäftigen wir uns mit weiteren Möglichkeiten, um Kundenservice und Effizienz mithilfe von KI zu steigern. Ganz aktuell machen wir erste Versuche, um per Handy-App Ersatzteile an unseren Maschinen zu erkennen. Zielsetzung ist, ein solches Tool nahtlos in unsere bestehende Customer Journey zu integrieren. Während die Technologie solche Möglichkeiten mittlerweile bietet, zeigt sich allerdings, dass auch auf der Datenseite entsprechende Prozesse und Anpassungen in der bestehenden Arbeitsweise notwendig sind, damit die Potenziale von KI genutzt werden können. Außerdem laufen Untersuchungen, um KI übergreifend zur Informationsbereitstellung mit Large Language Models (LLMs) einzusetzen. Hier sind explizit Berechtigungsthemen zu klären, da nicht alle Informationen an alle Nutzergruppen ausgegeben werden dürfen. Und auch hier haben wir festgestellt, dass Daten fragmentiert vorhanden sind und Prozesse zur kontinuierlichen strukturierten Erfassung aufgebaut werden müssen.
Wie stellen Unternehmen sicher, dass ihre Digitalisierungsvorhaben langfristig erfolgreich sind?
Dietz: Aus meiner Sicht gibt es drei Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung: erstens die richtigen Mitarbeiter mit entsprechendem Know-how zusammenzubringen und in Projekte zu integrieren. Viel Know-how zu Potenzialen für Digitalisierung ist in den Fachbereichen durch häufigen Kundenkontakt vorhanden. Oftmals fehlen aber die Umsetzungskomponente und das damit verbundene IT-Know-how. Natürlich hilft eine gewisse IT-, Prozess- und Datenaffinität aller Projektbeteiligten, um insbesondere Digitalisierungsprojekte erfolgreich umzusetzen. Als zweiten Faktor sehe ich die Auswahl der „richtigen“ Systemlandschaft, um auch langfristig allen Anforderungen gerecht zu werden. Auch hier spielt die erste Komponente wieder mit hinein, da vorhandene Prozesse und Datenstrukturen sowie deren Optimierungspotenziale wichtige Auswahlkriterien für die richtigen Systeme sind. Nicht zuletzt ist die Wahl der richtigen Implementierungspartner ausschlaggebend, denn allein mit internen Ressourcen lassen sich solche Projekte in der Regel nicht umsetzen. Insbesondere durch einen erfahrenen Partner bietet sich die Möglichkeit, die Zielerwartungshaltung im Unternehmen zu validieren. Wir haben festgestellt, dass die Erwartungshaltung bezüglich der Adaption neuer Lösungen intern viel höher ist, als sie dann in der Realität oftmals eintritt. Wir dürfen eben nicht vergessen, dass für die meisten Probleme, die wir durch digitale Tools lösen, bereits andere Lösungen existieren, die durch einen Change-Prozess erst angenommen beziehungsweise verdrängt werden müssen.
Welche Empfehlung haben Sie für Unternehmen, die die Digitalisierung ihres Kundenservices in ähnlicher Weise vorantreiben wollen?
Dietz: Wichtig ist, groß zu denken, aber klein zu starten. Daten sind die Grundlage für alles Digitale, deshalb sollte man frühzeitig in eine zentrale Datenstrategie investieren. Unternehmen sollten solche Projekte mit erfahrenen Personen besetzen und auf bekannte Lösungen setzen, um die Akzeptanz zu steigern. Sie sollten zudem einen Technologiepartner auswählen, der sowohl die Expertise als auch die Flexibilität hat, das Projekt an die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens anzupassen.
Lechler: Das kann ich nur bestätigen. Transparenz und Lösungsorientierung sind essenziell. Unternehmen sollten sich fragen, welche Prozesse verbessert werden sollen, und darauf aufbauend eine passende Lösung entwickeln. Ein starker Partner wie USU Digital Consulting mit Erfahrung in der Umsetzung solcher Projekte kann hier den Unterschied machen.
Interview: Alexander Lorber Fotos: Magnus Müller

Martin Dietz

Alter: 39 Jahre
Familienstand: verheiratet
Werdegang: seit 2013 bei Putzmeister, fünf Jahre PDM Inhouse Consultant und IT-Projektleiter im Bereich „Digitalisierung“, dann Aufbau des „MyPutzmeister“-Programms
Derzeitige Position: seit August 2018 „MyPutzmeister“-Programm-Manager

Nadine Lechler

Alter: 31 Jahre
Familienstand: verheiratet
Werdegang: seit 2017 bei Putzmeister, Business Analyst im Servicebereich, seit 2018 Projektleiterin im Bereich „MyPutzmeister“ für E-Commerce
Derzeitige Position: seit Juni 2024 Head of Global Service Operations

Putzmeister Holding GmbH

Gründung: 1958
Hauptsitz: Aichtal
Standorte: 18
Mitarbeiter: 4.000
Umsatz: 1 Milliarde Euro
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Metadaten
Titel
Kundenservice auf ein neues Level gehoben
verfasst von
Alexander Lorber
Publikationsdatum
01.02.2025
Verlag
Springer Fachmedien Wiesbaden
Erschienen in
IT-Mittelstand / Ausgabe 1-2/2025
Print ISSN: 3005-138X
Elektronische ISSN: 3005-1398
DOI
https://doi.org/10.1007/s44381-025-0195-8