Die Digitalisierung ruft Effizienzgedanken an vielen Stellen im Vertrieb auf den Plan. Digitale Kundenportale sollen Vertriebsmitarbeiter entlasten. Richtig genutzt, können sie den Vertrieb pushen und den Service Value erhöhen.
Mit digitalen Kundenportalen können Vertriebsmitarbeiter entlastet und Servicestrategien effizienter gestaltet werden.
Thapana_Studio / Stock.adobe.com
Der Trend zur Servitization im Vertrieb und der Druck, damit einhergehend auch durch digitale Tools im nachgelagerten Vertriebsservice effizienter zu werden, lässt intelligente Kundenportale stärker in den Vordergrund rücken. Große Unternehmen setzen daher verstärkt darauf, eigene digitale Kundenportale zu entwickeln. Sie dienen als zentrale Anlaufstelle, an der Kunden nicht nur Informationen finden, sondern auch passende nachgelagerte Dienstleistungen des Vertriebs direkt nutzen können. Zudem können sie dazu beitragen, den Umsatz im Vertrieb zu steigern, etwa im Aftersales. Darüber hinaus können Unternehmen ihre Serviceprozesse mit den Kunden über digitale Portale optimieren. Das wird besonders im B2B-Bereich immer wichtiger. Doch
"die Zeiten, in denen Kundenportale lediglich begrenzte Daten und Funktionen bereitstellten, gehören der Vergangenheit an",
schreibt Marian Gertheim, Consulting bei InteractiveTools, in seinen Insights "Digitale Trends 2024" zu digitalen Kundenportalen. Nutzer hätten über die Plattformen beispielweise die Möglichkeit, wiederkehrende Prozesse wie
- Nachbestellungen zu automatisieren,
- Reparaturaufträge zu erteilen oder
- Zusatzprodukte zu bestellen.
"Das Kundenportal stellt somit den direkten Kontakt zum Unternehmen her und wird zu einem essenziellen Bestandteil der Kundenbeziehung", so Gertheim. Es wird von der Informationsplattform zur Prozessplattform. Wie der "Ultimate Guide to B2B Customer Onboarding" zeigt, beenden 40 bis 60 Prozent der B2B-Kunden Onboarding-Prozesse nach dem Kauf über digitale Kanäle frühzeitig.
Mehrstufige Verfahren können den Kundenerfolg auf Kundenportalen unterstützen. So etwa
- für einfache Produkte digitale, auf Self-Service ausgerichtete Services,
- für komplexere Dienstleistungen ein digitaler Self-Service mit Online- oder telefonischem Support durch einen Customer Success Manager
Weitere Möglichkeiten sind automatische Erinnerungen sowie personalisierte Tools, Dienste und Inhalte. Diese sollten idealerweise auf die zuvor getätigten Einkäufe des Kunden abgestimmt sein. Interessant: Im Jahr 2021 wollten 87 Prozent der Käufer die gesamte Customer Journey oder zumindest einen Teil davon eigenständig erledigen, während sich seit 2022 nahezu 100 Prozent selbst informieren und das Einkaufserlebnis selbst verwalten möchten (Quelle: TrustRadius). Dies zeigt, wie entscheidend digitale Kundenportale dazu beitragen können, die Kundenerfahrung möglichst positiv zu begleiten und abzuschließen.
Kompakt erklärt: Wie können Sie Ihren Kundenservice effizienter machen? |
Mehr Tipps für effiziente Kundenportale finden sich in diesem Whitepaper |
Quelle: Liferay |
Besonderheiten im B2B-Bereich
Insbesondere im B2B-Bereich sind Kunden sehr anspruchsvoll. Dadurch müssen Unternehmen neue Angebote schaffen, um ihre digitalen Vertriebsservices weiterzuentwickeln und Kunden somit einen Mehrwert zum bestehenden Produktportfolio im Servicebereich zu bieten, das sogenannte Service Design.
Neben klassischen After-Sales-Service-Angeboten und neuen digitalen Services eröffnet sich für Unternehmen auch die Chance, wertvolle Kunden-Informationen aus der Analyse der Portalinteraktionen zu gewinnen und die Nutzererfahrung zu vereinheitlichen. Die Experten des Infoportals B2BTalks nennen eine Reihe wichtiger Funktionalitäten, die auf Kundenportalen angeboten werden sollten. Dazu gehören zum Beispiel
- E-Commerce-Funktionalitäten
- Dokumenten- und Angebotsverwaltung
- Kommunikations- und Supportfunktionen sowie
- Integrationsschnittstellen zu ERP- und CRM-Systemen.
Sie betonen, dass Kundenportale etwa für mittelständische B2B-Unternehmen eine strategische Komponente darstellen. Sie seien mehr als nur eine digitale Ergänzung ihres Serviceangebots, sondern vielmehr ein "zentrales Element der Kundeninteraktion und -bindung im digitalen Zeitalter."
Kundenportallösungen unterstützen den Servicevertrieb
Die Experten von Interactivetools nennen sieben Vorteile digitaler Kundenportale:
Kundenbindung
Effizienz und Automatisierung
Daten- und Informations-Hub
Einheitliche User Experience
Alles unter einem technischen Dach
Umsatzsteigerung
Wettbewerbsfähigkeit
Das sagen Experten
"Kundenportale bieten Kunden einen zentralen Zugang zu Informationen, Produkten und Dienstleistungen vor dem Hintergrund, dass diese immer häufiger ein gewisses Maß an Self-Service verlangen", beschreibt Herbert Pesch, Managing Director bei Valtech B2B, die Entwicklung im Interview mit der Springer-Fachzeitschrift IT-Director (Ausgabe 4-5/2024) Digitale Services in Kundenportalen können aus seiner Sicht zum Beispiel die Bearbeitung von Kundenanfragen automatisieren und so zu "Effizienzsteigerungen und Kosteneinsparungen" führen.
Gerade bei digitalen Aftersales-Services des Vertriebs spielen digital gesteuerte Kundenportale eine entscheidende Rolle. So ist laut Springer-Professional-Autorin Johanna Leitherer zum Beispiel der Kundendienst gefragt, um etwa Wartungs- und Reparaturdienste, das Ersatzteilgeschäft oder entsprechende Managementleistungen einzuleiten. "Besonders im Investitionsgüterbereich, wo es um komplexe Produkte wie Maschinen und Fahrzeuge geht, sind Dienstleistungen wie diese unverzichtbar" und bieten Potenzial für eine automatisierte Steuerung der angrenzenden Services über Kundenportale.
Digitale Interaction Hubs
Sogenannte "Digitale Interaction Hubs" (DIH) im B2B-Bereich gehen einen Schritt weiter. Sie setzen an der Buyer Journey an. Die Springer-Autorin Anna Selent definiert den DIH so:
Ein Digital Interaction Hub (DIH) ist ein mehrdimensionaler Interaktionsknoten, ein begrenzter virtueller Raum, in dem kaufbezogene Interaktionen direkt oder indirekt zwischen dem Anbieter und dem Käufer unter Verwendung des Mediums Internet stattfinden und der durch eine hohe Nutzungsintensität und Kaufentscheidungsrelevanz gekennzeichnet ist."
Dabei sind verschiedene Stufen von Interaktionen möglich, die in der nachstehenden Tabelle anhand von drei Beispielen (auszugsweise) aufgezeigt werden. Die Beispiele zeigen, dass digitale Kundenportale oder Interaktions-Hubs Vertrieb und Service in Unternehmen viele Möglichkeiten bieten, um Kundenprozesse effizienter zu gestalten und gleichzeitig Umsatzchancen mit unterschiedlichem Interaktionsgrad je nach den Kundenbedürfnissen zu nutzen.
Interaktionstyp | Beteiligte | Kurzbeschreibung | Beispiel |
Webgestützte Interaktion | Human-Digital | Interaktionen mit niedriger Interaktivität, eher einseitige Kommunikation. Die Informationen werden über das Web bereitgestellt, der Käufer interagiert mit den Inhalten in einem Self-Service-Format | Lesen von Berichten, Anschauen von Referenzvideos oder Webinaren on Demand |
Automatisierte Interaktion | Human-Digital | Die über das Web bereitgestellten Inhalte sind ebenso in einem Self-Service-Format abrufbar und ermöglichen eine Interaktion mit hoher Interaktivität durch Interaktionselemente wie simulierte oder virtuelle Umgebung oder den Einsatz von durch den Käufer kontrollierten Instrumenten | Interaktives Tool zur ROI-Berechnung, Produktkonfigurations-tools, Testversion oder Online-Produktdemonstration |
Asynchrone Interaktion | Human (web)-human | Eine zeitversetzte (asynchrone) Interaktion mit mittlerer Interaktivität | Kontakt- bzw. Dialogmöglichkeit über E-Mail oder Anfrageformular |
Quelle: Abb. Digitale Interaktionstypen. Eigene Darstellung, in: | Anna Selent: Digital Interaction Hubs für B2B-Kundeninteraktionen, | Wiesbaden 2023, S. 97 |