Im Gegensatz zu menschlichen Beratern sind Chatbots rund um die Uhr verfügbar.
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Schon längst treffen Mensch und Maschine in sozialen Netzwerken wie dem Facebook-Messenger interaktiv aufeinander. Angefangen mit einfachen Kommunikationsabläufen werden die Chatbots von morgen differenziert auf ihre User eingehen können. Neben Content, Advertising und Big Data nehmen Robotik und künstliche Intelligenz (KI) deshalb eine Schlüsselrolle im aktuellen Social Media-Kompass des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. ein. Zum neunten Mal haben 22 Digitalexperten die aktuelle Lage untersucht, Best-Practices gesammelt und Prognosen für das Social Media-Marketing der Zukunft aufgestellt.
Viele Unternehmen experimentieren bereits, inwieweit sich Chatbots für Marketing und Vertrieb - wie etwa zum Customer Relationship Management (CRM) - eignen. Künftig, so glauben die Experten des BVDW, werden vor allem Social Media-basierte Messenger untrennbar mit Chatbots verknüpft sein. Während User mit Freunden und Familie chatten, beauftragen sie parallel ihren Roboter-Assistenten per Nachricht, einen Flug zu buchen oder einen Arzttermin zu vereinbaren. Auch klassischer E-Commerce dürfte in Zukunft über den Messenger erfolgen, sobald Facebook die dafür nötige Schnittstelle hierzulande freigegeben hat. "Vorteile durch den Messenger Bot ergeben sich für jeden, der Menschen auf Mobile Devices erreichen will. Die Theorie ist einfach. Einen Messaging Thread benützen, der bereits besteht, in einer App, die sich bereits etabliert hat. Dadurch entfallen für Unternehmen die Entwicklung, Promotion und Etablierung einer App am Markt. Dies ist bei der vorherrschenden Penetration des Marktes schließlich kein leichtes Unterfangen", beschreibt Springer-Autorin Sonja Kollerus im Buchkapitel "Rise Of The Bots" die Lage (Seite 16).
Big Data schafft Voraussetzungen
Häufig fällt im Zusammenhang mit Chatbots der Begriff "Big Data", der in gewissem Sinne als Voraussetzung für die Robotik-Prozesse auf Facebook & Co. angesehen werden kann. Denn damit der digitale Berater lückenlos über die Interessen und Vorlieben seines Users Bescheid weiß, reichen die Informationen, die der Nutzer während des Gesprächs liefert, nicht aus. Riesen Datenmengen müssen also gesammelt, ausgewertet und mit dem Chatbot verknüpft werden - eine der großen digitalen Mammut-Aufgaben, die Unternehmen bewältigen müssen, um nicht den Anschluss zu verlieren. Denn die künftige Reaktionsschnelligkeit, die das Zusammenspiel aus Big-Data-Lösungen und künstlicher Intelligenz ergibt, ist mit Manpower allein nicht zu stemmen. Da sich Kunden schnell an zunehmend personalisierte, passgenaue, schnelle und tagesunabhängige Angebote gewöhnen, kommt es somit zu einer hohen Erwartungshaltung an das Kundenerlebnis ("Customer Experience").
Gute und böse Chatbots
Neben den Möglichkeiten, die Chatbots bieten, sollten sich Marketer auch der kriminell genutzten Gegenseite bewusst sein: "Bad Bots penetrieren das Ökosystem und ahmen menschliches Verhalten nach. Sie verstecken sich hinter der Identität menschlicher Nutzer und nisten sich in ihren PCs ein. Genau genommen sind sie nichts anderes als Trojaner. Ohne dass der PC-Besitzer etwas bemerkt, wird der Bot vom Botnet Center aktiviert und besucht auf dessen Anweisung verschiedenste Websites, scrollt sich durch Seiten und klickt Links. Sie boosten damit den Traffic bestimmter Web Hosts, wodurch diese höhere Umsätze generieren können. Dabei stehlen sie jedoch die Umsätze der Werbetreibenden“, erklärt Kollerus (Seite 18). Weltweit bemüht man sich deshalb, diese "Ad Frauds" einzudämmen und die echte Sichtbarkeit von Werbeanzeigen ("Viewability") zu verbessern. Sichtbarer, aber trotzdem häufig unbemerkt, agieren sogenannte Social Bots. Diese treten mit künstlichen Nutzerprofilen auf sozialen Plattformen in Erscheinung. So trugen 2016 Millionen Bots zur immensen Facebook-Fangemeinde des damaligen US-Präsidentschaftskandidaten Donald Trump bei.
Damit faires Social Media Marketing möglich ist, müssen sich also auch eine Reihe von rechtlichen Rahmenbedingungen durchsetzen. Deshalb dem Geschäft fernzubleiben, ist allerdings auch keine Lösung, wie Springer-Autorin Kollers auf Seite 18 resümiert: "Bots bewegen sich überall im Netz, ob wir sie bemerken oder nicht. Manche von ihnen sind hilfreich und bieten spannende Funktionen, manche sind teilweise schon etwas gruselig und andere einfach nur eine Plage. Doch gehen nicht immer Chancen und Risiken Hand in Hand? Wie immer darf man auf die Zukunft gespannt sein".